Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada

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Schupo. »Kommen Sie!«
    »Hanne, du bleibst hier!«, ruft die Tante.
    Aber Hanne Lark denkt nicht daran, hierzubleiben. Tante Gustchen ist eine strenge und von ihr bisher mit Respekt angesehene Tante, aber Strenge hin und Respekt her, erst muss sie diesen – sie kann doch nicht nach dreistündiger Bekanntschaft »Freund« sagen – diesen Herrn also in Sicherheit wissen. Denn so sanft sie scheint, so stark ist sie, schwache Menschen können sich Sanftheit nicht leisten!
    Nachdem Herr Oppermann sein Frühstück beendet hatte, war er leise seufzend an seine morgendlichen Abrechnungen gegangen. Mit Neid hatte er dabei an die glücklicheren Berufsgenossen gedacht, die einen Helfer hatten. Die konnten noch weiter in Ruhe in der Kantine sitzen, ohne sich mit Schreibereien plagen zu müssen. So dachte Herr Oppermann ziemlich lebhaft an den jungen Mann, der ihm heute früh so gut gefallen hatte, und war ein wenig überrascht, als er ihn, bleich und verfallen aussehend, mit einem Schupo daherkommen sah.
    »Nanu?«, sagt er. »Was ist denn nu kaputt?«
    »Wir suchen eine Brieftasche«, sagte der Schupo, »die hier bei Ihnen verlorengegangen sein soll. Haben Sie sie vielleicht gesehen?«
    »Eine Brieftasche!«, rief Herr Oppermann und wurde ob seiner schändlichen Vergesslichkeit glühend rot. »Die habe ich ja! – Ich hatte sie an mich genommen, weil so viel Geld darin war. Es war ein sträflicher Leichtsinn, mein junger Freund! Und dann habe ich sie ganz vergessen ...«
    »Also zeigen Sie mal die Tasche her!«, sagte der Schupo entschieden. Er hatte allmählich das Gefühl, dass er Zeit und Verstand wichtigeren Geschäften widmen müsste. »Sie gestatten doch, Herr?«
    »Oh, bitte«, sagte Johannes Wiebe.
    Er war jetzt ganz glücklich und sehr schwach. Das Mädchen stand dicht bei ihm, ihr Arm berührte ihn. Sie sah ihn nicht an, sondern gespannt auf den Polizisten, der die Brieftasche aufschlug und Stück für Stück ansah. Ihr Mund war halb geöffnet, eine Haarsträhne war unter dem Kopftuch hervorgekommen und lag über ihrer Stirn. Es war, als habe sie ihn ganz vergessen, aber sie dachte doch nur an ihn!
    »Das genügt«, sagte der Schupo und gab die Brieftasche an Johannes Wiebe weiter. »Sie entschuldigen, aber Sie verstehen doch ...«
    »Ich entschuldige alles«, sagte Johannes Wiebe und fühlte sich sehr glücklich.
    »Sie kommen gerade von drüben?«, fragt der Schupo. »Sie haben hier noch keine feste Adresse?«
    »Nein.«
    »Also schreiben Sie uns Ihre Adresse, sobald Sie eine haben. Für den Fall, dass wir Sie noch als Zeugen brauchen.«
    »Gerne«, sagte Johannes Wiebe.
    »Also dann!«, sagte der Schupo, wollte gehen, und da fielihm noch etwas ein. »Was ich nicht verstehe, ist, dass ein Mann mit so viel Geld Säcke karrt ...«
    Er hatte sich umgedreht und sah die beiden nebeneinanderstehen. Auch ein Berliner Schupo kann rot werden – besonders wenn er es an Scharfsinn hat fehlen lassen.
    Also wurde er rot, lächelte dann und sagte: »Doch – na ja, wenn man es so nimmt ...« und verschwand ein wenig überstürzt.
Die beiden
    »Hören Sie!«, sagte Herr Oppermann eifrig. »Sie scheinen zwar ein wohlfundierter junger Mann, aber wenn Sie trotzdem eine Stellung suchen sollten ...«
    »Jetzt nicht, Herr Oppermann«, sagte Hanne Lark energisch. »Sehr gut gemeint, aber Sie sehen doch, dem Herrn ist nicht gut. Kommen Sie, Herr Wiebe.«
    Sie nahm den Wankenden resolut beim Arm und führte ihn in den dunklen Gang, dessen Tür sie hinter sich zuschlug.
    »Da, setzen Sie sich auf die leere Kiste! Warten Sie, ich mache Ihnen den Kragen auf. Ihnen ist sehr schlecht, ja?«
    »Es ist nichts«, sagte er mühsam. »Kümmern Sie sich nicht um mich. In fünf Minuten werde ich wieder auf den Beinen sein.«
    »Was haben Sie denn?«, fragte sie leise und sah ihn aufmerksam an. »Ist es der Schreck von eben?«
    »Ach«, sagt er und versuchte zu lächeln, so jämmerlich es ihm auch ging. »Der Schreck hatte doch sein Gutes, nicht wahr? Es war das Schönste, was ich je erlebt habe. Ein Mensch, der für mich eintrat ...«
    »Aber das war doch selbstverständlich! Sie waren doch unschuldig, nicht wahr?«
    »Sie kannten mich doch gar nicht!«
    Eine kurze Pause. Dann sagt sie leise: »Nein, ich kannte Sie gar nicht.«
    Und lachte, als sei sie über etwas Geheimes sehr glücklich.
    »Fräulein Lark ... Hanne ...«
    Er versucht aufzustehen, aber die Schwäche war zu groß, und er fiel auf seine Kiste zurück.
    »Oh, verdammt!«, rief er