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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Halle.«
    »Aber das wird sich doch einrichten lassen!«
    »Kaum – aber vielleicht kann ich schnell für fünf Minuten kommen.«
    »Es muss doch Ersatz zu schaffen sein! Vielleicht ist es nur eine Geldfrage ...«
    »Es ist nicht nur eine Geldfrage. Seine Arbeit muss man tun – in guten wie in schlechten Tagen.«
    »Das sage ich auch!«
    »Aber die schlimmen Tage sind nun vorbei. Morgen früh werde ich einen Augenblick an seinem Bett sitzen und ihn ansehen. Ich habe ihn drei Tage nicht gesehen. Und ich habe in diesen drei Tagen nur Angst gehabt, ich würde ihn nie wiedersehen – nicht lebend ...«
    »Aber Sie unbegreifliches Mädchen!«, rief Frau Wiebe, angerührt von dieser sanften, ehrlichen Trauer. »Warum sind Sie nicht eher gekommen? Warum haben Sie Ihr Herz so gequält!«
    »Man hat mir gesagt«, antwortete Hanne Lark still, »dass die Mutter an das Bett des kranken Sohnes gehöre, und das war richtig. Aber Sie verstehen, dass ich, wenn ich das bin, was ich ihm sein will, nicht geduldet an seinem Bett sitzen durfte.«
    »Ja, das verstehe ich schon. Sie haben auch Ihren Stolz?«
    »Habe ich ihn denn für mich? Er hat mich zu seiner Gefährtin gemacht – für ihn musste ich stolz sein. Wenn er die Augen aufschlug und sah uns beide, so durfte er sich nicht ängstlich fragen: vertragen sie sich auch? Geschieht keiner ein Unrecht? – Ich glaube, ich habe auch ein Recht, an diesem Bett zu sitzen.«
    »Ich weiß es, ich habe mit Ihrer Freundin gesprochen. Sie haben eine gute Freundin.«
    »Ja, eine sehr getreue ...«
    »Ich will ehrlich sein. Wie Sie. Als ich zu Ihnen ging, tat ich es nur, weil Hannes Sie sehen wollte, der Arzt es verlangte. Ich ging nicht gerne. Ich kenne – leider – einiges von den Erlebnissen junger Männer. Ich hatte Sie mir ein wenig anders gedacht ...«
    »Und nun?«
    »Aber es wäre noch alles anders gekommen, auch wenn ich Sie gesehen hätte, wie Sie sind, wenn Ihre Freundin nicht gesprochen hätte.«
    »Was hat Marie Ihnen erzählt?«
    »Sie sprach von schlechten Menschen – bei uns und bei Ihnen. Ich habe meinen Stolz gehabt, ich habe vieles gesehen, aber ich habe es geringgeachtet, ich habe dazu geschwiegen. Dann hat mir Ihre Freundin einiges von dem erzählt, was in meinem Hause vorgegangen ist – zwischen Brüdern ...«
    »Die Marie hat das erzählt ...?«
    »Ja, ich war sehr hochfahrend zu ihr gewesen, ich hatte sie bis aufs Blut gereizt. Und plötzlich begriff ich, dass mein Stolz dumm und leer war, dass ich nicht mehr war als ihr alle – ein Mensch schlechthin, vielleicht weniger als ihr ...«
    »Nicht weniger.«
    »Vielleicht doch. Ich habe Marie Jäckels Worte nochnicht vergessen: Sie haben sich seiner erbarmt, als er elend und verzweifelt war. Sie haben ihn zu einem Mann gemacht. Sie haben Spott und Hohn für ihn erduldet.«
    Hanne Lark sieht sie unverwandt an. Nun sagt sie verwirrt: »Aber wovon reden Sie? Ich habe ihn geliebt, das ist alles! Ich liebe ihn mehr als mein Leben. Alles andere ist nichts, zählt nicht, wiegt nichts ...«
    »Ja, Sie lieben ihn wahrhaft. Ich aber, seine Mutter ...«
    »Er war ein verwöhntes Kind. Auch ich werde Mutter sein, und ich werde in die Fehler aller Mütter verfallen. Tadeln Sie sich nicht: eine Frau liebt anders als eine Mutter.«
    »Trotzdem ... Nein, Hanne, ich muss jetzt gehen. Ich habe noch einen schweren Weg vor mir. Wenn wir morgen an seinem Bett sitzen, werde ich nur noch einen Sohn haben ...«
    Hanne Lark schwieg einen Augenblick. Dann sagte sie mit starker Stimme: »Aber Sie werden den einen Sohn haben, der Sie wahrhaft liebt! Und eine Tochter!«
Der Sohn, der ging ...
    Aus dem alten, weißhaarigen Prokuristen Blohm war längst der junge, blonde Herr Henning geworden: man konnte sich nicht halten in diesem Betrieb, wenn der Chef keinen Gefallen an einem fand.
    Der junge Herr Henning, so jung er war, spürte das auch. »Sie müssen doch den Betriebsrat empfangen, Herr Wiebe«, sagte er halb bittend, halb drohend.
    »Muss ich, Henning? In meinem eigenen Betrieb muss ich?«
    »Ja«, sagte der junge Mann fast verlegen. »Was das Gesetzvorschreibt, das müssen Sie – auch im eigenen Betrieb, Herr Wiebe!«
    »Und das Gesetz schreibt also vor, dass ich meinen Betriebsrat in derselben Sache und im gleichen Monat zum fünften Male empfange?«
    »Sie wissen sehr gut, Herr Wiebe ...«
    »Was weiß ich Ihrer Ansicht nach so sehr gut, Herr Henning?«
    »Sie haben nicht einen von den Betriebsratswünschen bisher erfüllt. Sie sagen

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