Diese Dinge geschehen nicht einfach so
Zahlung gar nicht verlangt. Ama ist keine
Denkerin
. Sie
denkt
nicht unaufhörlich – was könnte besser sein, was ist als Nächstes dran, was hat sie falsch gemacht, wer hat ihr eventuell Unrecht getan, was denkt oder fühlt
er
, sagt es aber nicht –, und deshalb stoßen ihre Gedanken nicht unaufhörlich mit seinen zusammen, was alle möglichen Reibereien und Feuerstürme und Explosionen verursachen würde, aus Versehen, Kollisionen da und dort im Haus. Ihre Gedanken sind keine gefährlichen Substanzen. Die Gedanken der Träumerinnen waren Landminen, freie Radikale. Ihre Gespräche beim Frühstück können in einen Krieg übergehen. Ama ist keine Kämpferin. Sie kommt ohne Waffen zum Frühstück und geht abends unbekleidet und unbewaffnet ins Bett. Sie hat kein persönliches Interesse daran, ihn zu ändern. Ihr natürlicher Zustand ist Zufriedenheit, nicht Neugier. Und deshalb ist sie,
zweitens
, nicht unglücklich.
Das war eine absolute Offenbarung.
Mit einer Frau zusammenzuwohnen, die glücklich ist, die durchgehend glücklich ist? In ihrer Grundverfassung – glücklich? Und die mit
ihm
glücklich ist, nicht als ein großes Ereignis und auch nicht als Reaktion, als Antwort auf etwas, was
er
getan hat und nun immer wieder tun muss, damit sie glücklich bleibt, die Kurbel drehen muss, ständig die Spieluhr aufziehen,
tanz, Äffchen, tanz.
Eine Frau, die er glücklich macht, die er glücklich gemacht hat und die wunderbarerweise glücklich
geblieben
ist? Die die
Gabe
hat, glücklich zu bleiben, mit ihm, über einen längeren Zeitraum hinweg?
Niemals.
Er hat gar nicht gewusst, dass das menschenmöglich oder frauenmöglich war, bis er mit dreiundfünfzig sein Zelt zusammenpackte und in den Haupttrakt flüchtete. Und weil es ihm dort zu ruhig war, dachte er eines Tages an seine Krankenschwester, an die Wölbung ihres Hinterns und das Glockenspiel ihres Lachens und dass sie komisch kicherte und verlegen wurde, wenn er in die Nähe kam. Und da fragte er sie, ob sie vielleicht Lust hätte, mit ihm essen zu gehen?
Das ist (glaubt er) der Grund, warum er Ama liebt.
Weil sie sagte: »Danke, ja, gern, bitte«, und das Gleiche antwortete sie, als er sie bat, ihn zu heiraten (sie sagt immer ja). Weil sie loyal ist und einfach und anschmiegsam und jung. Weil ihre Gedanken nicht beim Frühstück explodieren. Er glaubt, er liebt Ama wegen der Symmetrie zwischen ihnen, zwischen seiner Fähigkeit zu versorgen und ihrer Begabung für Freude. Weil er jede Symmetrie elegant findet und
diese
Symmetrie hier wunderbar ruhig, eine elegante Art von Ruhe, hier und da, überall im Haus. Er glaubt, er liebt Ama – auch wenn er früher glaubte, er liebe sie nicht, sie sei ihm wichtig und er sei dankbar dafür, »liebe sie aber nicht richtig«. Und am Anfang, ehe er ihre Genialität erkannte, liebte er sie tatsächlich nicht – doch jetzt weiß er etwas über Frauen. Er versteht inzwischen sein Grundverhältnis zu Frauen, den entscheidenden Punkt dabei: Es ist der Wunsch, endlich zu genügen. Zu wissen, dass er ausreicht, ein für alle Mal, jetzt und für immer.
Das ist (glaubt er) der Grund, warum er Ama liebt.
Er irrt sich.
Der eigentliche Grund ist: Wenn sie nachts schläft, mit einem feinen Schweißfilm über der vollen pflaumenbraunen Oberlippe, ihr Atem süß und unüberhörbar neben ihm, hat sie eine frappierende Ähnlichkeit mit Taiwo. Mit Taiwo, als sie noch keine fünf Jahre alt war, als er noch in der Facharztausbildung war und nach dem Bereitschaftsdienst heimwärts taumelte, zu müde, um zu schlafen, zu schläfrig, um aufrecht zu stehen, zu aufgedreht, um still zu sitzen – und so unruhige Beine.
Er wanderte dann in der kleinen Wohnung auf und ab (mehr konnte er sich von seinem Assistenzarztgehalt nicht leisten, als diese dunkle, kleinere Hälfte eines Doppelhauses für zwei Familien in der Huntington Avenue, wo das Ghetto begann: unter der Überführung, die Boston von Brookline trennte, den Reichtum von der Not), in seinem OP -Kittel, im Dunkeln. Den Flur entlang durch die Küche zum ersten Zimmer, dem Zimmer der Jungen, mit dem wackeligen kleinen Etagenbett, Kehindes Zeichnungen an der Wand. Zu der winzigen Schrankkammer mit dem Fenster, von dem aus man alle möglichen kleineren Drogengeschäfte beobachten konnte. Zum Badezimmer, wo er sich das Gesicht wusch.
Ein Handtuch darauf drückte.
Es festhielt.
Aber schließlich ins Wohnzimmer und zu Taiwo, die auf der Schlafcouch lag, weil sie kein
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