Diese Dinge geschehen nicht einfach so
dramatisch – »mit dem Job verheiratet«. Wie bitte? Die Stunden, die er arbeitete, waren
Ausdruck
seiner Zuneigung, direkt proportional zu seiner Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass es ihnen gutging, dass sie eine gute Ausbildung bekamen, dass sie gute Reisen machen konnten, dass sie bei anderen Erwachsenen gut angesehen waren. Gut ernährt. Was er, als Kind, sich gewünscht hatte und was er nicht gewesen war.
Wenn Ama hörbar herumlungert – und auch sie testet ihn, das weiß Kweku –, markiert er den Satz und lässt das Buch sinken. Er macht eine Geste, dass sie hereinkommen soll, und fragt sie, ob alles in Ordnung ist. Sie sagt immer ja. Es geht ihr immer gut. Und wenn sie mit dem Land Cruiser unterwegs sind und Ama auch nur ein klein wenig fröstelt, sagt er zu Kofi, der jetzt fährt, er soll die Klimaanlage abstellen (obwohl er selbst die feuchte, schwüle Luft nicht ausstehen kann, noch nie ausstehen konnte, auch nicht im Dorf; da haben sie sich immer über ihn lustig gemacht, haben ihn
obroni
genannt, allerdings auch aus anderen Gründen). Und wenn er CNN sieht und sie ins Wohnzimmer kommt, in plüschigen, pinkfarbenen Pantoffeln, die pinkfarbenen Schaumgummi-Lockenwickler in den Haaren, stellt er sofort um auf das betäubende Gewaber der Nollywood-Filme, die er hasst und die sie liebt.
Und so weiter: Geht in die Kirche (obwohl er das Getue nicht leiden kann), kauft parfümierte Fa-Seife (obwohl er den Geruch nicht leiden kann), sagt Kofi, er soll den Eintopf genau nach ihren Anweisungen zubereiten (obwohl er die scharfen Gewürze nicht leiden kann und ihm beim Essen die Tränen kommen). Er möchte, dass sie zufrieden ist. Er möchte das, weil sie zufrieden sein kann. Sie ist eine Frau, die man zufriedenstellen kann.
Sie ist anders als alle Frauen, die er sonst kennt.
Oder anders als alle Frauen, die er geliebt hat.
Er weiß gar nicht, ob er die Frauen je richtig kannte oder ob er sie überhaupt kennen konnte. Ob ein Mann eine Frau im Endeffekt wirklich kennen kann. Zum Beispiel die Frauen, die er geliebt hat. Die keine Ahnung hatten, was Zufriedenheit bedeutet. Die, wenn sie bekommen hatten, was sie wollten, fast augenblicklich
mehr
wollten. Nicht aus Gier. Niemals gierig. Er würde seine Mutter nie als gierig bezeichnen. Genauso wenig wie Fola und seine Töchter (jedenfalls nicht Taiwo, jedenfalls nicht damals. Falls Sadie sich als verwöhnt herausstellte, lag es daran, dass ihre Eltern erschöpft waren, zu müde, um nein zu sagen, als Sadie sprechen lernte). Sie waren Macherinnen und Denkerinnen, Liebende und Suchende und Gebende, aber vor allem Träumerinnen, was besonders gefährlich war.
Sie waren Träumerinnen.
Sehr gefährliche Frauen.
Frauen, die mit großen Träumerinnen-Augen die Welt betrachteten und die Welt nicht so sahen, wie sie war, nämlich »grausam, sinnlos« usw., sondern schlimmer, sie sahen die Welt so, wie sie sein könnte oder noch werden könnte.
So unersättliche Frauen.
Unbefriedigbare Frauen.
Die vor allem das wollten, was man nicht haben konnte. Nicht, was
sie
nicht haben konnten – so etwas gab es nicht für solche Frauen –, sondern etwas, was überhaupt nicht zu haben war. Und das Furchtbarste: Frauen, die ihn anschauten und ihn als das sahen, was er werden könnte. Schöner, als er selbst glaubt, je sein zu können.
Ama hat dieses Problem nicht.
Oder er hat dieses Problem nicht mit Ama.
Erstens
ist sie nicht so klug wie die anderen. Was nicht heißen soll, dass sie dumm ist. Ganz im Gegenteil. Er weiß, dass die Leute reden, dass die Leute das Mädchen als »einfach« bezeichnen, und er weiß, es ist ein Klischee, Chirurg lebt mit Krankenschwester in wilder Ehe. Aber er weiß jetzt auch, dass seine Frau ein Genie ist, aber ein völlig anderes Genie, als es ihre Vorgängerinnen waren. Sie hat ihre eigene Genialität, eine Art animalische Genialität, die unbeirrbare Entschlossenheit eines Tieres, genau das zu bekommen, was es will. Zu bekommen, was es
braucht
, ohne die Umgebung zu stören. Ohne den Dschungel einzureißen. Ohne sich selbst Schaden zuzufügen. Er hätte das nie für eine Form von Genialität gehalten, wenn er nicht die Gabe dieser klügeren Frauen, sich selbst zu geißeln, ständig an sich zu zweifeln, kennengelernt hätte.
Ama tut sich selbst nicht weh. Sie kommt gar nicht auf die Idee. Sich selbst in Frage zu stellen. Von ihrer Seele eine kleine Leidens-Zahlung für alle weltlichen Lüste einzufordern, obwohl die Welt diese
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