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Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Titel: Diese Dinge geschehen nicht einfach so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taiye Selasi
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sie immer so beunruhigend gefunden hatte – es waren nicht dieselben Kinder. Überhaupt keine Kinder mehr. Sie kommen alle. Miteinander. Morgen. Sie möchte es jemandem erzählen, möchte ihre Freude hinausschreien. Aber sie schaut auf ihre Hand auf dem alten Slimline-Telefon und denkt, als sie es loslässt:
Es gibt keinen mehr, der angerufen werden muss
. »Amina!«, ruft sie. »Kommen Sie. Wir bereiten die Zimmer vor.«
    Amina kommt angelaufen. »Jawohl, Madame.«

III Aufbruch
    Eins
    Mr Lamptey schläft ausbalanciert am Rand des Ozeans, keinen halben Meter vom Wasserrand entfernt, Beine überkreuzt und Augen geschlossen, die Händflächen auf den Kniescheiben, Rücken gerade. Der Streuner wartet geduldig, den Blick aufs Wasser gerichtet, das Kinn auf den Pfoten. Der Ozean bewegt sich träge vor und zurück, schwappt fast bis zu den Pfoten, aber nicht ganz, ein paar Handbreit netto Raumgewinn, nicht mehr. Unentschlossen entwirft er seine Grenzen neu und nimmt sie dann wieder zurück. Will das Wasser nicht weiter vordringen, als Landnahme, um einen größeren Strandbereich einzunehmen, um zusätzlichen feuchten Sand zu unterwerfen? Offenbar nicht. Vor, zurück, Veränderung minimal, und die Wolken, die dieser Prozess langweilt, fangen beim Zusehen an zu gähnen.
    Herein sickert Licht, schwach, matt, ohne Farbe, sein einziges Merkmal: dass es nicht die Dunkelheit ist. Ein langsam blinkender Stern wirkt als Kontrast fast lebhaft und macht den Hund auf sich aufmerksam, der wartet und denkt, es ist die Dämmerung. Er springt auf, die Beine ausgestreckt in
adho mukha svanasana
, dann leckt er mit dem Befehl »Aufwachen« die Fußsohlen des schlafenden Mannes.
     
    Der Garten ist leer, bis auf die Schatten. Er hört es, kann es aber nicht sehen, weil die Augen immer schlechter werden. Das Problem ist der grüne Star, das weiß er, ohne sich weiter Gedanken zu machen. Der Chirurg macht sich große Gedanken und bietet seine Hilfe an. (Ein Freund, eine Operation, keine Kosten für Mr Lamptey. Der Chirurg ist dumm, aber entschlossen und freundlich. Eine ungewöhnliche Kombination, Entschlossenheit und Freundlichkeit. Ein ungewöhnlicher Zeitgenosse, der Chirurg.)
    Die Vögel.
    Sie drängen sich im Brunnen und verdecken fast die Statue. Sie gurren leise und schlagen mit den Flügeln. Zehn Vögel, zwanzig. Oder dreißig. Eine Versammlung. Er betritt den Garten, hört zuerst, bevor er sieht.
    »Guten Morgen«, sagt er zu den Vögeln, verbeugt sich höflich. Sie gurren dezent und schlagen mit den Flügeln. »Tatsächlich?«, sagt er, ein wenig erschrocken und sehr betroffen.
    Der Hund jault traurig und lässt sich zu seinen Füßen nieder.
    In dem Haus-mit-Loch geht flackernd ein Licht an. Eine Gestalt am Fenster, langsame Bewegungen, rund. Die Frau, jung, eher mollig, ihr Gesicht wie ein Kissen mit Knöpfen als Gesichtszüge, genauso angenehm und weich. Sie gefällt ihm, diese Frau. Sie hat nichts, was einem nicht gefällt. Meistens mag er es, wenn es etwas gibt, was er nicht mag, er findet alles Gefällige langweilig, aber er ist nicht im richtigen Alter dafür, zu alt, um sich zu bemühen, zu jung für den Überdruss. Mit neunzig wird sie ihm nicht mehr gefallen. Er wird sich über ihr schlechtes Englisch lustig machen und über ihr halbautonomes Hinterteil, bei dem sich jede Hälfte einzeln bewegt; er wird sagen, dass das Land nie vorankommen kann, solange der normale Mensch sich so bewegt. Ohne Konzept. Unehrgeizige Schenkel und Schultern, die abrollen, lauter abgerundete Linien, wie eine Amöbe, eine frühe Lebensform. Wie der Ozean. Er beobachtet, wie sie sich durch den Schatten bewegt, und empfindet etwas für sie, das so weich ist wie ihre Gestalt.
    Sie geht in die Küche und macht noch ein Licht an. Einen Moment lang bleibt sie stehen, eine verschwommene Gestalt hinter dem Glas. Sie kommt zur Tür der Glasveranda und zögert kurz, dann öffnet sie die Tür und tritt heraus, in der Hand ein Getränk, Milch und Milo. Sie weint, das kann er im Mondlicht sehen, ihre Brüste beben leicht unter dem rosaroten Satin, aber sie scheint die vielen Vögel im Brunnen nicht zu bemerken, auch nicht den Mann beim Mango, mit bloßen Füßen, in safrangelbem Gewand. Sie geht wieder hinein, macht die Lichter aus, in der Küche, im Badezimmer, ein Schatten des Lichts.
    Er rollt seine Matte am Fuß des Mango aus und setzt sich dort hin.
Padma asana
.
    Fünf nach vier.
    2
    Sie fliegen nach Ghana, Taiwos Kopf auf Kehindes Schulter,

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