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Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Titel: Diese Dinge geschehen nicht einfach so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taiye Selasi
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saß. Sie berührte ihn ganz vorsichtig und erschreckte ihn trotzdem furchtbar. Er atmete immer noch schwer, als sie zurück ins Bett gingen. Als er sie an sich zog, nicht grob, von hinten, und er mit einer fließenden Bewegung ihr Nachthemd hob und dann in sie eindrang, mit hämmerndem Herzen, ihr Rücken an seinem Bauch, seine Hand auf ihrem Gesicht, dann auf ihrer Brust, dann auf ihren Schenkeln. Seine Brust drückte sich keuchend gegen sie, eine Stunde, zwei Stunden. Langsame Bewegungen, tief, ein Eintauchen. Immer tiefer hinunter, bis es sie schmerzte. »Genug«, sagte sie leise. Er kam, dann weinte er.
    Dies war ein Mann, hatte sie gespürt, mit dem man leben, ein Leben aufbauen konnte, was immer »ein Leben«, bedeuten mochte: ein Mann, der alles den Lebenden gab, mit tiefen, bebenden Atemzügen, der sein Leben gab, um die Lebenden vor dem Tod zu schützen. Obwohl er wusste, dass es vergeblich war. Die Art, wie er liebte, als wäre das Jetzt für immer, taub gegenüber allem anderen, als wäre der Atem Musik und als wären Hütten Ballsäle und als müssten sie einfach nur tanzen. Das war es, was sie überzeugte, obwohl er fast zwei Jahrzehnte lang so wenig verdiente und trotz allem anderen: dass ihr Ehemann liebte wie ein Mann, der das Leben liebte. Dass er sich zur Wehr setzte, wo sie sich geschlagen gab.
    Jetzt lacht und weint sie in ihrem Liegestuhl. Mr Ghartey beobachtet sie beunruhigt von seinem Sitzplatz. Mustafah lässt den Wagen im Stich und glotzt mit offenem Mund, der Schlauch bleibt einfach liegen. Amina kommt zurück, trägt ein Steinguttablett mit einem Glas und dem Drink in einem Messbecher. Fola lacht lauter, sagt: »
Vielen
Dank, Amina«, und trinkt einen kräftigen Schluck aus dem Becher.
    Amina beobachtet sie konsterniert. »Madame – aber – das Glas.«
    »So ist es genau richtig«, entgegnet Fola. Sie nimmt die Sonnenbrille ab, um ihre Tränen zu trocken. »
Vielen
Dank, Amina.« Das Telefon klingelt. Amina geht hinein, meldet sich, kommt zurück, immer noch entgeistert.
    »Das Telefon, Madame.«
    »Wer ist es, Amina?« Fola trinkt noch einen Schluck aus dem Messbecher.
    »Ein Herr, Madame.«
    »Ach, ja? Hat er einen Namen?«
    »Nein, Madame.«
    »Na gut. Auf zu dem Herrn ohne Namen.« Immer noch lachend steht sie auf und durchquert den Garten. Durch die Tür, in den Vorraum. Sie nimmt den Hörer. »Benson«, sagt sie.
    »Mom, ich bin’s. Olu.«
    Sie richtet sich auf. »Oh, Schätzchen, wie
geht
es dir?«
    »Uns geht es gut. Wir kommen morgen. Alle fünf.«
    »Wunderbar.« Zuerst fällt es ihr gar nicht auf, dass die Zahl nicht stimmt. Alle fünf. Olu und Taiwo und Kehinde und Sadie und Kweku. Sie krümmt sich nach vorn. Wieder schwappt eine Woge über sie hinweg. Sie flüstert: »
Vier
, Schätzchen. Alle vier.«
    »Ling kommt auch mit.«
    »Wie schön.« Sie wischt sich schnell die Augen. »Ich werde die Gästezimmer vorbereiten. Meinem Fahrer habe ich gekündigt, deshalb hole ich euch selbst ab.«
    »Ja, natürlich.« Olu lacht. »Es ist Delta.«
    »Ich weiß.« Wieder lachen sie, beide gemeinsam, und dann legen sie auf.
     
    Sie steht an dem Tisch im Berg-Foyer, die Hand auf dem Telefon, und ringt nach Luft. Olu und Taiwo und Kehinde und Sadie. Alle vier, ihr ganzes Oeuvre, ihr Gesamtwerk. Alle hier, in diesem Haus mit den retro Holzmöbeln. Und Ling, denkt sie und lächelt. Endlich bringt er Ling mit. Ihr großer, zurückhaltender Sohn, der so große Angst davor hat zu lieben – größere Angst als die anderen. Der Liebe nie sicher. Und ihr Baby, Sadie, mit der sie nicht mehr telefoniert hat, kein einziges Mal seit Oktober, seit diesem Tag in der Küche, diesem fürchterlichen Gespräch. Sie hatte gehört, dass Sadie direkt vor der Badezimmertür saß, hatte ihr »Ich gehe jetzt« gehört, es aber nicht geschafft zu antworten. Sie saß nur da und starrte mit leeren Augen auf die Bäume vor dem Fenster. Das Licht auf den Blättern war zu dieser Tageszeit wie Öl, genau wie das Licht an jenem Herbstabend in Brookline, als Kehinde hereinkam und sie wusste, dass er weg war. Und sie, ihre
ibeji
, die sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hat, seit sie in ihren Mänteln zum Gate gingen, in Begleitung der Airline-Dame. Kehinde drehte sich zu ihr um, winkte und lächelte, Taiwo marschierte einfach immer weiter. Die Kinder, die Monate später zum Logan Airport zurückkamen, inzwischen vierzehn Jahre alt und ihre Haut zu Lehm gebräunt, und ihre Augen – die Augen ihrer Mutter, was

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