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Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Titel: Diese Dinge geschehen nicht einfach so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taiye Selasi
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Sie lacht, weil sie nicht weiß, was sie sonst tun soll, und geht aus dem Zimmer, zurück in die Küche.
    Na, egal. Sadie kann in dem großen Bett in ihrem Schlafzimmer übernachten. Soll Olu seine Sex-Probleme irgendwie überwinden. Sie will Amina rufen, dann fällt ihr ein:
Zu früh
. Sie holt das Mehl für einen Kuchen.
    4
    »Warum ist eure Mutter nach Ghana gegangen?«, fragt ihn Ling. »Ich dachte, sie stammt aus Nigeria.«
    Olu hat gedacht, sie schläft. Er lächelt ihr zu, setzt sich anders hin. »Mal was anderes.«
    Hinter ihnen, Sadie, die zugehört hat,
sotto voce
: »
Meinet
wegen.«
    Taiwo, auf dem Gangplatz, schaut zum Fenster hinaus. »Du warst nie mehr dort«, sagt Kehinde und schaut ebenfalls hinaus.
    »Habe ich das laut gesagt?«, fragt sie schnell und zuckt zurück. Er wollte sie nicht ärgern. Er schüttelt den Kopf, nein. »Ich mache das jetzt manchmal«, murmelt sie, mit finsterer Miene, reibt sich die Stirn.
    »Ich kann hören, was du denkst«, sagt er in seinem Kopf.
    »Nein, du kannst meine Gedanken nicht lesen«, sagt sie, beugt sich vor, um das Rollo herunterzuziehen, schließt die Augen.
    5
    Ein Flugzeug über ihr.

Zwei
    Fola macht beim MaxMart halt, um Kerzen zu kaufen. Die Frau an der Kasse lächelt müde. »Ja, Ma. Da drüben.« Fola schaut die Kerzen an und lacht. »Nein, nicht solche. Die kleinen, für einen Geburtstagskuchen.«
    »Wir haben nur die.«
    Sie fährt zum Flughafen, genervt von der Stille. Sie macht das Radio an. Es funktioniert nicht. Schließlich dringt durch das Geknister der Gospelsong von Joshua, falsch und hoffnungslos, wie ein schriller Hilferuf. Sie stellt einen anderen Sender ein. Evangelikale Mormonen. Wieder weiter. BBC , nur schlechte Nachrichten. Sie macht das Radio aus und konzentriert sich auf den Verkehr. Das übliche Gedränge auf der neuen Spintex Road. Sie rollt das Fenster herunter und späht auf die Kreuzung, wo ein Polizist alles nur noch zu verschlimmern scheint. Er ruft: »
Bra, bra, bra
, stop«, mit widersprüchlichen Gesten. Die kürzlich installierte Ampel funktioniert nicht (kein Strom). Fola rollt das Fenster wieder hoch und summt, ohne nachzudenken, »Great is Thy Faithfulness«, zwei Takte, dann unterbricht sie sich.
Woher kommt das jetzt?,
fragt sie sich, runzelt die Stirn, hupt. Dieser Choral, den er immer gesungen hat, bevor er zur Arbeit ging, lupenrein, aber wenn sie etwas sagte über seine Singstimme, dann schüttelte er immer lachend den Kopf: »Nur Schallwellen«, und hörte auf.
     
    Bei der Ankunft wimmelt es von Weihnachtsrückkehrern, die in Mänteln aus den Flugzeugen steigen, mit tonnenweise Gepäck. Fola drängelt sich in die vorderste Reihe der Wartenden, nicht grob, aber nachdrücklich, in der nigerianischen Tradition. Und da steht sie dann. Sie ist zu früh dran, das weiß sie, eine halbe Stunde, aber sie konnte es nicht mehr aushalten, allein im Haus zu warten, der Kuchen fertig auf der Arbeitsplatte, der auch aussieht wie jemand, der auf etwas wartet. Hier ist es besser: Nähe, das Gewühle, Menschen, Tanten, die klagen, wenn die verlorenen Söhne erscheinen, im Halbschlaf, und die Tanten lösen sich aus der Menge, um sie zu packen, zu umarmen, zu schluchzen, sie willkommen zu heißen, die tränenreich theatralischen Manifestationen der Glücksmomente alter Frauen. Hier ist es besser, schwitzend, umgeben von Gemurmel, vom leisen, gleichmäßigen Pulsieren des Herzschlags der Wartenden, Hunderte, alle warten in kollektiver Vorfreude auf die Heimkehr eines geliebten Jemand. Körper. Vertraut. Sie hat ihm nie gesagt,
wie
vertraut, denkt sie jetzt, ihre Gedanken schweifen ab, so wie Gedanken das tun in der Hitze, während man wartet und still dasteht und noch ganz viel Zeit hat, eine Art Hohlraum, in den die Vergangenheit eindringt, weil sie sieht, da ist Platz. Eine Bewegung, eine kleine Verschiebung, weg von der Gegenwart, und schon hebt man ab und schwebt von diesem Tag zu jenem:
    zu dem Flughafen, demselben Flughafen:
    »Sei vorsichtig, wir sind in Ghana!«
    »Ich komme aus Lagos, mein Lieber.«
    Ich war schon mal hier
.
    Warum hat sie es ihm nicht gesagt? Es war kein Geheimnis. Er wusste, dass sie am Anfang des Krieges geflohen war, dass sie irgendwie aus Lagos weggegangen war und die Schule abgeschlossen hatte und dann in Schlaghosen an der Lincoln University erschienen war, aber er fragte sie nie, wie, wie sie nach Pennsylvania gekommen war, als hätte ihr Leben erst begonnen, als ihr gemeinsames Leben begann, und sie

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