Diese Sehnsucht in meinem Herzen
in Ruhe nachzudenken. Über ihre Zukunft.
„Nate, es tut mir Leid, aber heute ist einfach nicht mein Tag.“
Nate schwieg einen Moment lang, dann fragte er: „Wo liegt das Problem?“
„Warum muss es immer ein Problem geben?“
„Also gut, streichen wir das aus dem Protokoll.“ Ganz der Herr Staatsanwalt.
„Was ist los?“
„Warum muss unbedingt etwas los…“
„Weil du mir noch nie abgesagt hast, deswegen. Ich hingegen habe schon zweimal versucht, dir abzusagen, aber es hat nicht geklappt, weil du mich immer wieder überredet hast, egal, wie viel ich gerade zu tun hatte.“
„Hm…“
„Und weißt du was? Am Ende war ich immer froh darüber. Also: Keine Ausreden bitte. In etwa zwei Stunden hole ich dich ab. Ich muss hier bloß noch ein paar Dinge erledigen, dann…“
„Nate, ich meine es ernst“, wehrte Josey ab. „Es tut mir Leid, aber ich kann heute wirklich nicht mitkommen.“
„Also gut. Keine Angst, ich bin nicht beleidigt. Erzähl mir einfach nur, warum du absagst. Ich mache mir nämlich langsam Sorgen. Schließlich kenne ich niemanden, der so gern ausgeht wie du.“
„Nate“, sagte Josey mit Nachdruck. „Mir geht es gut. Okay? Ich möchte einfach nur… na ja… allein sein und… ein bisschen nachdenken.“
Normalerweise hatte Nate wenig Sinn für Situationskomik, aber nun musste er doch laut lachen. „Na, du bist witzig. Soll das etwa heißen, dass du sonst nicht denkst?“
„Nate, wir reden morgen, okay? Mach dich jetzt bitte nicht über mich…“
„Tu ich doch gar nicht, wirklich nicht.“ Auf einmal war Nate wieder ganz ernst.
„Entschuldige, ich wollte dich nicht auslachen. Und ich hoffe, dass du diese Sache für dich klären kannst, was auch immer es ist.“ Er schwieg eine Weile und fuhr dann fort: „Hör mal, wie sieht’s denn morgen Abend aus? Ich meine, gut, an einem Samstagabend hast du wahrscheinlich schon eine heiße Verabredung…“
Zufällig hatte Josey noch keine Verabredung für besagten Abend. „Ich ruf dich morgen an, dann können wir ja was ausmachen. Das geht schon klar“, fügte sie geistesabwesend hinzu.
Sie verabschiedeten sich und legten auf. Einen Moment lang ließ Josey die Hand auf dem Hörer und versuchte, ihre Gedanken wieder unter Kontrolle zu bringen.
Doch sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte nur an eines denken: Ich will eine Familie.
Sie sah zu dem gerahmten Poster an ihrer Wand hinüber, auf dem ein bekannter Spieler aus dem Bostoner Footballteam zu sehen war. Nate hatte ihr das Bild letzten Monat zum Geburtstag geschenkt, zur Erinnerung an ihr erstes Zusammentreffen. Josey musste unwillkürlich lächeln, als sie daran dachte, wie Nate damals in ihre Wohnung gestürmt war: groß, gut aussehend und bereit, sie bis aufs Letzte zu verteidigen.
Nate kann mir doch weiterhelfen! durchfuhr es Josey plötzlich.
Wenn irgendjemand nachvollziehen könnte, was sie gerade durchmachte, dann ganz sicher er. Er hatte zwar weder Frau noch Kinder, war nicht mal besonders oft mit Frauen ausgegangen, seit Josey ihn kannte, aber er war immerhin ein zielorientierter, ehrgeiziger Mensch. Und genau so jemanden brauchte sie jetzt, wenn ihr Leben einen neuen Sinn bekommen sollte.
2. KAPITEL
Nate fuhr auf, als es leise an seine Bürotür klopfte.
„Herein“, rief er und richtete sich kerzengerade im Schreibtischstuhl auf. Die Tür wurde geöffnet, und David Jeffers ging über den dunkelgrünen Veloursteppich, der jeden seiner Schritte schluckte, und setzte sich Nate gegenüber an den Schreibtisch.
Für Nate war David Jeffers so etwas wie ein Mentor, ein väterlicher Ratgeber. Als Nate vor zwei Jahren frisch von der Universität zur Bezirksstaatsanwaltschaft gekommen war, war Jeffers der Erste gewesen, mit dem er hier zusammengearbeitet hatte.
„Sir“, begrüßte Nate seinen Kollegen und lächelte.
Jeffers nahm einen gläsernen Briefbeschwerer von Nates Schreibtisch und betrachtete das Stück eine Zeit lang, bevor er es wieder zurücklegte. „Hören Sie, Nathan, ich würde mich gern mit Ihnen über einen neuen Verantwortungsbereich unterhalten, der hier geschaffen wird und an dem Sie vielleicht Interesse hätten.
Ich habe jedenfalls gleich an Sie gedacht, als ich davon erfahren habe.“
„Wirklich?“ Sofort war Nate hellhörig.
„Hier in der Bezirksstaatsanwaltschaft spezialisieren sich gerade einige unserer Mitarbeiter auf einen ganz bestimmten Bereich – häusliche Gewalt. Die Anzahl der Fälle wächst beängstigend schnell,
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