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Diesen Sommer bin ich dein

Diesen Sommer bin ich dein

Titel: Diesen Sommer bin ich dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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die
Ehre«, sagte er und presste die Stirn so hart gegen seine Faust, dass er
Schmerz empfand - und ihn willkommen hieß. »Gott helfe mir, ich nutzte
die Chance zu entkommen und teilte meinem Bruder die Rolle des Sündenbocks zu.«
    Von einer Position
hoch auf einem Bergpass hatte er, nachdem er der Umzingelung entkommen war,
zurückgeschaut und gesehen, wie Syd als Gefangener davongeführt wurde. Er hatte
seinen Weg fortgesetzt und den Einsatz erfolgreich ausgeführt. Er wurde danach
hoch gelobt, in Kriegsberichten erwähnt, als furchtloser Held bejubelt. Einer
von Gottes absonderlichen Scherzen.
    »Es war Krieg«,
sagte Lauren.
    »Es war schlimmer
als Krieg.« Seine Albträume griffen nach seinem wachen Selbst. Er stand kurz
davor, sich den gefürchteten Bildern freiwillig zu stellen. Er stand kurz
davor, sie einer Lady gegenüber auszusprechen, die vor den rauen Realitäten des
Lebens und des Krieges beschützt, ihnen nicht bewusst ausgesetzt werden sollte.
Aber sein Bedürfnis, eine Art Katharsis zu erreichen, überwog seinen Sinn für
Schicklichkeit. »Der Krieg ist ein Spiel, weißt du ein verwerfliches Spiel.
Wird ein britischer Offizier in Uniform gefangen genommen, wird er während der
Gefangenschaft ehrenhaft und höflich behandelt. Trägt er keine Uniform, so wird
er mit aller Grausamkeit behandelt, welche die französischen, die spanischen
und die portugiesischen Partisanen ihren Gefangenen gegenüber an den Tag legen.
Ich wusste das, bevor ich meine Entscheidung traf.«
    Er hatte es
gewusst. Er hatte es gewusst. Es war ihm überaus bewusst gewesen, als er
den Bruchteil eines Momentes gezögert hatte, bevor er seine Entscheidung traf.
Er hatte gewusst, was demjenigen von ihnen bevorstünde, der gefangen genommen
würde. Es war nur noch Zeit für eine rasche, feste Umarmung gewesen ...
    »Ich traf am
gleichen Tag auf eine Gruppe Partisanen«, fuhr er fort. »Ich hätte sie
zurückschicken können, um Syd zu retten. Sie hätten es schaffen können -
sie waren den Franzosen zahlenmäßig überlegen. Aber ich brauchte sie -
sie alle. Mein verdammter Einsatz brauchte sie. Zwei Wochen vergingen, bevor
wir den Einsatz beendet hatten und Syd finden und befreien konnten. Ich hatte
nicht erwartet, ihn noch lebend vorzufinden, aber er lebte - gerade
noch.«
    Wenn ihm die
Erinnerung nur nicht immer noch so deutlich vor Augen stünde. Er schloss die
Augen fester. Wenn sie ihm nur einzig und allein vor Augen stünde! Aber da
waren auch Geräusche. Und Gerüche. Wer hätte vermutet, dass man im Traum
verbranntes Fleisch riechen konnte?
    »Sie hatten mit
seiner rechten Seite begonnen«, berichtete er, »und sich mit raffinierten
Folterungen durch Verbrennen, Zerbrechen und Stechen allmählich nach unten
gearbeitet. Sie hatten sein rechtes Knie erreicht, bevor wir ihn fanden. Unsere
Chirurgen konnten sein Bein retten, aber sein Arm musste amputiert werden,
nachdem wir ihn ins Lager zurückgebracht hatten. Diese Reise!« Er atmete
langsam und hörbar ein. »Er hatte unter der Folter nichts preisgegeben -
weder meinen Namen noch mein Ziel, noch den Zweck meines Einsatzes. Nur seinen
eigenen Namen, den Rang und das Regiment. Immer wieder hatte er das wiederholt,
Tag und Nacht, sogar noch, nachdem wir ihn zurückgebracht hatten. Sie hatten
ihn nicht gebrochen, nur seinen Körper. Wäre er gebrochen worden und hätte
ihnen gesagt, was sie wissen wollten, hätten sie ihm einen schnellen und
gnädigen Tod gewährt.«
    Er hörte einen
leisen Atemzug hinter sich, aber Lauren schwieg.
    »Ich habe meinen
Bruder geopfert. Für die Ehre. Und dann erhielt ich den ganzen Ruhm des
Erfolges. Ich war dazu ausgebildet worden, ein Herz aus Stein zu haben, in
Ausübung meiner Pflichten rücksichtslos opportunistisch und eigennützig zu
sein. Ich habe meinen Bruder geopfert, und dann brachte ich ihn nach Hause und
verursachte hier im Leben und den Empfindlichkeiten der übrigen Familie Chaos.
Ich habe mich in jenem Sommer schlecht benommen, Lauren. Schändlich. Es ist
gut, dass du nur eine zeitweilige Verlobung wolltest. Ich wäre kein guter
Erwerb für ein ganzes Leben. Ich habe mich selbst amputiert, verstehst du, um
im Austausch dafür ein glorreicher Held zu werden. Es ist nichts von mir übrig.«
Er lachte leise. »Nichts außer der Ehre.«
    »Er lebt«, sagte
sie. Seine empfindsame, nüchterne Lauren. »Kit, er lebt.«
    »Er atmet.« Er
sprach harsch. »Er lebt nicht, Lauren. Das wird er niemals wieder. Er ist hier
der Verwalter meines

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