"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
kannten das Gericht schon, waren regelrecht süchtig danach. Nicht so Jörg Böhme und ich, wir aßen nur Nudeln. In allen Variationen. Beim ersten Kontakt mit rohem Fisch auf Reis kam mir das Ganze noch ziemlich eklig vor, aber bei jedem weiteren Mal wurde es deutlich besser. Heute bin ich totaler Sushi-Fan und richtig dankbar, dass wir bei der Weltmeisterschaft in Japan waren.
Jörg Böhme und ich waren als Schalker meist unzertrennlich. Er hatte das Zimmer neben meinem bezogen und wir besuchten uns oft gegenseitig. Da wurde dann viel Blödsinn gequatscht, aber auch das ein oder andere Problem besprochen. Jörg war nicht glücklich darüber, dass er nicht spielen durfte. Schließlich hatte er ja eine tolle Saison mit vielen wichtigen Toren für Schalke hinter sich. Da auch ich ein wenig frustriert war, zogen wir uns beide gegenseitig Stufe um Stufe in den Stimmungskeller hinunter. Mit einem Unterschied: Jörg hatte weniger Geduld als ich. Als der Termin des Rückflugs unserer Frauen näher kam, verletzte er sich plötzlich beim Training. Nach einer Untersuchung beschloss er, ebenfalls abzureisen. Vielleicht hätte er sich anders entscheiden sollen. Die Verletzung auskurieren und auf einen Einsatz hoffen, so hätte ich es gemacht. Aber er hatte wohl seine Gründe.
Für mich bedeutete das: Ich war plötzlich der letzte und einzige Schalker – und merkte sofort, wie ich im Training wieder aufblühte, näher an die Mannschaft rückte. Vielleicht hatte mir der gemeinsame Frust in der Zeit zuvor ein bisschen die Motivation genommen. Damit will ich Jörg keine Schuld geben. Wir sind auch heute noch gute Freunde. Ich will nur klarmachen, wie Kleinigkeiten oder Konstellationen manchmal viel ausmachen können. Für mich jedenfalls war es wichtig, wieder nach vorne zu blicken. So hat Jörg möglicherweise dafür gesorgt, dass ich im Endspiel zum Einsatz kam. Mit seiner Abreise!
Ähnliches passierte einmal beim FC Schalke. Als Felix Magath Trainer wurde, war schnell klar, auf welche Spieler er setzen würde. Ich war mir meines Platzes in der Mannschaft unsicher und orientierte mich beim Training an einem Ausgemusterten. Nicht, dass wir Freunde waren, eher zwei Profis auf dem Abstellgleis. Eines Tages kam Felix Magath und sagte: »Asa, ich mag dich, aber halte Abstand zu diesem Spieler!« In diesem Punkt hatte der Trainer absolut recht. Weil wir keine Chance hatten, machten wir uns unser Leben mit Meckern zwar ein wenig erträglicher, aber das erzeugte negative Stimmung. Für mich war das nicht gut. Also hielt ich mich fortan fern und war so wieder auf dem Weg zum Team.
Was ich aus diesen Begebenheiten mitnehme? Unabhängig davon, ob es letztlich für mich gut ausgeht oder nicht – der positive Weg passt besser zu mir und in mein Leben.
Der Weg ins Endspiel
Tatsächlich ging es mit mir aufwärts. Vielleicht hatte ich mich jetzt auch endlich an die veränderten Bedingungen gewöhnt. Ich trainierte gut und bekam plötzlich meine erhofften Chancen. Es hatte sich inzwischen grundsätzlich etwas getan. Der Sieg gegen Kamerun hatte allen klargemacht, dass für uns etwas drin sein könnte: Wie wir gespielt hatten, auch nach dem Platzverweis für Carsten Ramelow, das war schon große Klasse. Ich möchte behaupten, die Turniermannschaft, die in der Folge ihre Aufgaben so gut erledigte, war vermutlich in diesem Schlüsselspiel geboren worden.
Im Achtelfinale kam ich zum Einsatz, wir gewannen durch ein Tor von Oliver Neuville ohne Glanz 1:0. Das gleiche Ergebnis gab es dann gegen die USA, Michael Ballack schoss den Siegtreffer. Gegen den Gastgeber Südkorea, der zuvor Italien und Spanien in kräftezehrenden 120 Minuten niedergerungen hatte, schickte mich der Trainer wieder aufs Feld. Unvorstellbar, wie es an diesem Tag in Seoul aussah. Die ganze Stadt war rot und putzte sich für den Sieg gegen eine weitere große Fußballnation heraus. Aber wir machten Südkorea einen Strich durch die Rechnung. Ballack schoss abermals sein Tor, wir beendeten das Spiel wieder mit 1:0 – und standen im Endspiel gegen Brasilien. Nur nicht Ballack. Er kassierte seine zweite gelbe Karte und war damit für das Endspiel gesperrt.
Wir aber waren die totale Überraschung. Keiner hatte so etwas für möglich gehalten. Natürlich hatten wir gegen keines der Topteams spielen müssen. Die USA waren laut FIFA-Weltrangliste mit Platz 13 der stärkste Gegner gewesen. Aber der Finaleinzug war kein Zufall. Und wir wollten jetzt natürlich mehr.
Wer zum Teufel
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