"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
mein erstes Konzert, das ich jemals besucht hatte. Marius Müller-Westernhagen spielte in Hannover. Zusammen mit meinem damaligen Trainer Mirko Slomka genoss ich den bombastischen Auftritt. Seither liebe ich deutsche Musik und auch gesanglich bin ich immer mit dabei, wenn es was zu feiern gibt.
Jedenfalls war die Feierstunde auf dem Römer ein schöner Ausklang einer anstrengenden Zeit. Anschließend wurde ich mit einem Fahrer von Frankfurt nach Gelsenkirchen gefahren. Wir kamen an einem Plakat vorbei: »Noch 1439 Tage bis zum WM-Titel«! Die Fans dachten schon an 2006. Und wenn ich ehrlich bin: ich auch.
Deutsche Tugenden
Von Mirko Slomka
(Jugendtrainer von Gerald Asamoah bei Hannover 96, später Chefcoach bei Schalke 04 und Hannover 96)
Meine erste Begegnung mit Gerald war eher zufällig. Ich war Jugendtrainer bei Hannover 96 und Gerald spielte noch bei Werder Hannover. Eines Tages kam ich zum Training und ein Jugendspieler von mir, Volkan Aslan, setzte ihn mir sozusagen vor die Nase. Wie ich später erfuhr, sollte er ein Probetraining in der B2-Jugend absolvieren und war zu spät. Ich wusste damals noch nicht, dass dies eines seiner, sagen wir mal, kleineren Probleme war. Volkan war sehr überzeugend, bat mich, mir »den« mal anzuschauen, denn »der« sei witzig und könne Fußball spielen. Und in der Tat: Dieser bullige Typ war tatsächlich witzig und hatte zudem noch ein Riesentalent.
Aber eines hatte Gerald gerade am Anfang nicht. Ihm fehlte die Disziplin. Das klingt zwar ziemlich altbacken, ist aber gerade für Jugendspieler eine wichtige Voraussetzung. Denn Disziplin gehört neben der Pünktlichkeit und der Fähigkeit, Ordnung zu halten, zum Lernprozess eines jungen Spielers. Nur wer diesen Rhythmus, der zu einem großen Verein gehört, verinnerlicht, hat die Chance, später einmal Profi werden zu können. Fußballerisch hatte Gerald Talent, keine Frage, aber in den anderen Belangen gab es eben noch einige Defizite.
Dass er bei Hannover nicht machen kann, was er will, zeigte ihm dann unser Teambetreuer Gotthard Hielscher. Er hat ihm ein paar deutsche Tugenden weitergegeben. Manchmal spielte nämlich Gerald im Training ohne Stutzen, ein anderes Mal hatte er das vereinbarte rote Shirt vergessen und trug stattdessen ein schwarzes. Wir merkten, dass wir da etwas tun mussten. Und Gerald hat auch schnell kapiert, dass die Ernsthaftigkeit im Fußball ein hohes Gut ist. Natürlich muss dann auch irgendwann der sportliche Erfolg kommen. Und der stellte sich auch bald ein. Im Halbfinale in Berlin schoss er ein entscheidendes Tor. Das war für ihn der Durchbruch im Verein. Er hat gemerkt, dass er nicht nur witzig, sondern auch wichtig ist. Denn absolut entscheidend für das Weiterkommen ist die sportliche Akzeptanz.
Mit seiner Leidenschaft und den »neuen« deutschen Tugenden hat er es schließlich geschafft. Vielleicht war es für ihn auch sehr schwierig, sein sehr strukturiertes Zuhause mit dem Fußball zu koordinieren. Denn anfangs war für ihn der Fußball eher Freizeit von der Arbeit, die er zu Hause hatte. Auch ein Mittel, um Fuß zu fassen und Freunde zu finden. Dass Fußball auch Arbeit heißt, war für ihn eine wesentliche Erkenntnis.
Ich merkte, dass die Familie eine prägende Rolle für ihn spielte. Seine Mutter, seine Schwestern waren schon mal beim Training und beim Spiel aufgetaucht. Aber seinen Vater hatte ich noch nie gesehen. Als ich Gerald einmal fragte, ob ich ihn kennenlernen könne, antwortete er: »Trainer, wollen Sie das wirklich?« Das war spannend, da im Normalfall die Väter alles dafür tun, dass die Söhne im Fußball weiterkommen. Aber hier war das anders, geradezu besonders. Die dann folgende Begegnung mit diesem beeindruckenden Familienoberhaupt ließ mich verstehen, dass die Dinge hier anders liefen. Dennoch war klar: Ich muss wissen, in welchem Kontext die Spieler leben, denn wenn der Vater nicht mitspielt, ist die Mühe mit dem Sohn vielleicht umsonst. Irgendwann ist das Hobby vorbei und dann beginnt der professionelle Teil des Fußballs. Und da müssen alle mitspielen und sich viele Dinge unterordnen. Auch die Tradition.
Gott sei Dank war in diesem Fall meine Überzeugungsarbeit erfolgreich und Gerald konnte seinen Weg weitergehen. Ich war sehr stolz, als er dann zu Schalke wechselte. Schließlich ist das auch ein Beweis für die eigene gute Arbeit. Ich kann mich noch gut erinnern, dass er mich sofort eingeladen hat, ein Heimspiel zu besuchen. Ich war sein Gast und fand es
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