"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
»Bist du bereit? Dann bist du dabei!«
Ich: »Ich bin bereit!«
Er: »Aber du sollst wissen, Fabian und Kevin sind nicht dabei.«
Vielleicht finden Sie diese Kommunikation relativ unspektakulär. Aber in diesen wenigen Worten steckt viel vom System Klinsmann. Bereit zu sein bedeutete mehr, als den Koffer gepackt zu haben. Das bedeutete für ihn, dass man ab diesem Zeitpunkt alles dafür tat, um das Ziel WM-Titel zu erreichen. Eine Mission sollte es werden und die Antwort »Ich bin bereit« war quasi die Unterschrift unter diesen Vertrag. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Ich war natürlich zwischen Freude und Enttäuschung hin- und hergerissen: einerseits war ich dabei, andererseits hatten meine Teamkameraden Fabian Ernst und Kevin Kuranyi das Nachsehen. Dafür wurden Mike Hanke nominiert und auch David Odonkor vom BVB, den allerdings niemand auf der Liste hatte.
Ich rief Fabian an, der komplett durch den Wind war. Er war total niedergeschlagen und verstand die Fußballwelt nicht mehr. Ich konnte ihn kaum trösten und fand auch keine rechte Erklärung für diese Entscheidung. Im Nachhinein aber war klar, was Klinsmann damit bezweckt hatte. Er hatte sich ein Team zusammengestellt, das bedingungslos mit ihm an seiner Idee arbeitete. Und da setzte er im Falle Odonkor auf dessen Euphorie und Unbekümmertheit, in den anderen Fällen natürlich auf den Faktor Loyalität – oder einfacher gesagt: Wer nominiert wird, meckert nicht, sondern ordnet sich unter. Bei einem langen Turnier kann das enorm wichtig werden. Das hat schon die ein oder andere deutsche Nationalmannschaft im Laufe der letzten Jahre erkennen müssen. Spieler, die im Laufe eines Turniers nicht zufrieden sind und ihren Einsatz einfordern, können die Stimmung komplett kippen. Und von der Stimmung, der positiven Energie sollte dieses Team leben. Ohne diesen Faktor war das Ziel, Weltmeister zu werden, nicht erreichbar. Allen war klar: Diese Mannschaft lebt nicht von der spielerischen Klasse und der taktischen Finesse, sondern aus der Kraft, die sie aus sich selbst generiert.
Ein DJ für Deutschland
Über diese WM 2006 ist so viel geschrieben und sind so viele Filme gezeigt worden, dass ich nicht mehr jedes Detail und vor allem jedes Spiel auflisten werde. Jeder hat seine persönliche Erinnerung an diesen Sommer in Deutschland, der tatsächlich eine neue Zeitrechnung einläutete. Die Sicht auf dieses Land drehte sich, fröhlich wurde Schwarz-Rot-Gold wieder salonfähig und wir waren dafür das Transportmittel. Das wurde uns im Laufe dieser WM immer deutlicher bewusst und wir waren wiederum von dieser Entwicklung positiv beeinflusst. So haben sich die Stimmung im Team und die Begeisterung der Öffentlichkeit gegenseitig unterstützt.
Wichtig dafür waren natürlich die Erfolge des Teams und auch dessen Auftreten. Und auch dabei war Klinsmann von vorneherein ein toller Schachzug gelungen. Denn auch die »Ergänzungsspieler« gehörten zum Team und hatten ihre Aufgabe und somit ihren Anteil am Erfolg. Das galt für die Ansprachen, die nicht nur der Kapitän hielt, aber auch für die kleinen Jobs nebenbei. Ich beispielsweise hatte meinen sportlichen Einsatz zu Beginn des Turniers gegen Ecuador. Danach war ich hauptsächlich für die Beschallung zuständig – auch so eine Neuerung im System Klinsmann. Er selbst gab den Anstoß dafür, schon vor der WM beim Training und während des Essens Musik zu hören. Ich kannte so etwas bisher nur aus Ghana, wo es üblich war, vor den Spielen des Nationalteams im Bus Musik zu hören und zu singen. Aber bei uns in Deutschland gab es das bisher nicht. Das Motto lautete eher: jeder für sich, unter Kopfhörern begraben, im Idealfall konzentriert auf das Spiel.
Bis zur WM war Kevin Kuranyi der Stimmungsmacher der Elf, im Trainingslager in der Schweiz entschied sich der Trainerstab jedoch für mich. »Asa, du machst das!«, hieß es, vermutlich weil ich immer so viel gute Musik auf dem iPod hatte. Der Trainerstab besorgte die Boxen und ich sorgte für den Soundtrack bei Training und Spiel. Das hieß nicht, dass kein anderer etwas aussuchen durfte. Thorsten Frings und Jens Nowotny waren mehr die Heavy Metals und hatten AC/DC dabei, worüber Olli Kahn schon mal gemeckert hat. Er war mehr auf der sanfteren Ebene unterwegs. Meine eigenen Favoriten stammten eher aus dem Hause R&B und nach den Spielen ließ ich gerne mal etwas zum Mitsingen und Feiern laufen. Das konnte also durchaus mal Wolfgang Petry sein. Manchmal setzte ich
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