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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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nichts mehr sagen konnte. Lars legte sich neben mich und kraulte meinen Kopf. Wir grinsten nur und schwiegen um die Wette, und es war ein kleines bisschen so, als ob die Zeit für uns stehenblieb.

Mein Korsett muss ich immer tragen. Sieht hier gar nicht so schlimm aus.   

4
    Der Termin im UKE, das ist das Universitätsklinikum in Hamburg, stand schon seit drei Wochen fest. Ich konnte nicht mehr richtig Nummer zwei machen, und deshalb bekam ich immer mehr Schmerzen im Bauch. Wenn doch ein kleiner Haufen in der Schüssel lag, war er braun vom Aa und rot vom Blut. Mama machte sich Sorgen deswegen und verbot mir, meine geliebten Chips zu essen, aber ich aß sie trotzdem. Das lasse ich mir von Niemanden nehmen. Auch von Mama nicht. Was bliebe mir denn sonst noch? Und weil Mama mich lieb hat, ist sie meistens doch nicht so streng und drückt ein Auge zu. Sie weiß ja, dass ich die Chips sonst heimlich essen würde.
    Als wir durch die Gänge des Krankenhauses liefen, spürte ich ein ungutes Grummeln im Magen. Nicht wegen den Chips oder meinen Verstopfungen, sondern wegen der anstehenden Untersuchung. Vor ein paar Tagen hatte Mama ganz beiläufig eine Darmspiegelung erwähnt, um vorzufühlen, wie ich darauf reagierte. Ich habe ihr den Stinkefinger gezeigt und gesagt, dass sie sich ihre komische Spiegelung in den Allerwertesten schieben könne. Da fing sie an zu lachen und scherzte: »Nein danke, Schokoladenkekse gibt’s bei Aldi.« Den Spruch bringt sie fast jeden Tag und normalerweise lachen wir dann zusammen, aber nicht an jenem Abend. Nicht wenn es um die Wurst geht.
    »Du kennst dich aber gut aus«, sagte Lars, der neben mir herlief und meine Sauerstoffflasche trug. »Ich würde mich hier sofort verlaufen.«
    Ich gab ihm keine Antwort, weil ich schon zu große Angst vor dem Arzt hatte. Ich kenne die Krankenhäuser von Hamburg in- und auswendig, rede die Krankenschwestern mit ihren Vornamen an, weiß von den jungen Hübschen, ob sie einen Freund haben oder wie lange sie schon Single sind. In Krankenhäusern hat man sehr viel Zeit, um Fragen zu stellen. Ich meine Fragen, die einen wirklich interessieren. Lars und Mama setzten sich ins Wartezimmer der Kinderherzstation, und ich meldete mich bei Julia an der Rezeption.
    »Na, Daniel, auch mal wieder da?«, lächelte sie.
    »Ja, leider.«
    »Und, wann bist du dran?«
    »Um 10 Uhr, aber wenn der Doktor keine Zeit hat, kann ich gerne wieder gehen. Das ist gar kein Problem. Mir geht’s auch wieder gut und alles.«
    »Ui, dann wäre der Doktor aber ziemlich traurig«, lächelte sie immer noch. »Er freut sich schon so auf dich. Hat er mir vorhin erst gesagt. Du kannst ihm ja einfach kurz hallo sagen, hmm? Ich ruf dich dann. Dauert auch nicht mehr lange.«
    »Okay.«
    Verdammt. Mein Plan war fehlgeschlagen, aber damit hatte ich schon gerechnet. Ich schaute mich um, überlegte, wohin ich gehen könnte, aber da ich alles schon etliche Male gesehen hatte, schlurfte ich mit hängenden Schultern zu Mama und Lars zurück.
    »Schau mal da«, sagte Mama und zeigte auf eine Frau mit Kinderwagen. »Die hat ein ganz kleines Schokobaby. Voll süß.«
    »Hmm«, grummelte ich, schaute zu Lars und verdrehte meine Augen.
    »Komm, wir gehen mal hin«, sagte sie, aber ich blieb auf meinem Stuhl sitzen und dachte nur: Kann sein, dass das Baby voll süß ist, aber du bist auf jeden Fall voll peinlich.
    Wir warteten sehr lange, bestimmt eine Stunde oder so. Dann rief Julia meinen Namen, und Mama, Lars und ich quetschten uns in das kleine Arztzimmer. Ich musste mich sofort auf die Liege setzen. Mama und der Arzt unterhielten sich. Weil es nur einen Stuhl gab, auf dem Mama saß, blieb Lars an der Tür stehen. Das war gut, denn so konnte Mama ihn nicht sehen. Er gab mir ein Zeichen, dass er jetzt etwas Lustiges machen würde. Ich fing schon an zu kichern und hielt mir vorsichtshalber beide Hände vor den Mund. Lars zog seine Jacke aus, warf sie auf den Boden und griff mit seiner linken Hand unter seine rechte Achsel. Dann streckte er mir die Zunge entgegen, bewegte seinen rechten Arm zweimal nacheinander, was sich so anhörte, als hätte er gerade zwei Pupse abgedrückt. Ich konnte es nicht zurückhalten und lachte, was das Zeug hielt. Mama und der Arzt drehten sich überrascht zu Lars um, aber der lehnte entspannt an der Tür und verzog keine Miene.
    »Was denn?«, sagte er cool und blinzelte mir heimlich zu.
    Selbst Mama musste ein bisschen schmunzeln. Der Arzt stand auf, um mich zu

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