DIESES MAL IST ALLES ANDERS
Krise – egal welcher Dauer – geraten, wird von der horizontalen Achse angezeigt. An dem Diagramm lässt sich klar erkennen, dass die Rezessionen, die mit der Großen Depression einhergingen, wesentlich länger dauerten als die Krisen nach dem Zweiten Weltkrieg. In diesen Krisen sank die Wirtschaftsleistung typischerweise für durchschnittlich 1,7 Jahre, wobei Argentinien und Finnland mit jeweils vier Jahren die längsten Rezessionen erlebten. Während der Depression erlebten dagegen zahlreiche Länder eine Rezession von vier Jahren oder länger, einschließlich den USA und Kanada, wobei die Wirtschaft in Mexiko und Rumänien sogar sechs Jahre lang schrumpfte. Die durchschnittliche Dauer der Rezession betrug während der Depression 4,1 Jahre. 8
Es ist wichtig, zu erkennen, dass Standardkennzahlen über die Tiefe und Dauer von Rezessionen für die Erfassung der lang anhaltenden Rezession, die häufig eine Begleiterscheinung von tiefen Finanzkrisen ist, oft nicht besonders gut geeignet sind. Ein Faktor ist das Ausmaß des Rückgangs der Wirtschaftsleistung. Und ein weiterer ist, dass das Wachstum im Anschluss an eine Finanzkrise oft sehr bescheiden ausfällt, da sich das Finanzsystem wieder neu justieren muss. Eine alternative Perspektive bietet Abbildung 14.8, welche die Zahl der Jahre wiedergibt, die es nach vergangenen Krisen dauerte, bis die Wirtschaftsleistung eines Landes wieder den Vorkrisenstand erreicht hatte. Nach einem drastischen Einbruch der Wirtschaft kann allein die Wiederherstellung des Status vor der Krise schon lange dauern. Beide Hälften der Abbildung sind beeindruckend. Bei den Krisen nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es im Schnitt 4,4 Jahre, bis die Wirtschaftsleistung wieder den Vorkrisenstand erreicht hatte. Japan und Korea erholten sich mit jeweils zwei Jahren relativ schnell, während Kolumbien und Argentinien acht Jahre brauchten. Während der Depression war die Situation jedoch wesentlich schlimmer; im Schnitt dauerte es zehn Jahre, bis die Wirtschaft der betroffenen Länder wieder den Vorkrisenstand erreicht hatte, was zum Teil daran lag, dass es angesichts der weltweiten Nachfrageimplosion keinem Land gelang, sich über eine Steigerung der Exporte zu erholen.
Abbildung 14.8 Die Dauer der großen Finanzkrisen: 14 Krisen während der Großen Depression versus 14 Krisen nach dem Zweiten Weltkrieg (Zahl der Jahre, bis die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung wieder ihren Vorkrisenstand erreichte)
Quellen: Anhang A.3 sowie Berechnungen der Autoren.
Anmerkungen: Bei den 14 Krisen nach dem Zweiten Weltkrieg handelte es sich um Spanien, 1977; Norwegen, 1987; Finnland, 1991; Schweden, 1991; Japan, 1992; Mexiko, 1994; Hongkong, Indonesien, Korea, Malaysia, Philippinen und Thailand – alle 1997; Kolumbien, 1998, und Argentinien, 2001. Bei den 14 Krisen während der Großen Depression handelte es sich um 11 Bankenkrisen und drei weniger systemische, aber gleichermaßen verheerende Rezessionen in Kanada, Chile und Indonesien während der 1930er-Jahre. Bei den Bankenkrisen handelte es sich um die in Japan, 1927; Brasilien, Mexiko und USA – alle 1929; Frankreich und Italien, 1930, sowie Österreich, Deutschland, Polen und Rumänien, 1931. Als Vorkrisenstand für die Große Depression galt das Jahr 1929.
Die Abbildung zeigt zum Beispiel, dass die USA, Frankreich und Österreich zehn Jahre brauchten, bis ihre Wirtschaft wieder den Stand vor der Depression erreicht hatte; in Kanada, Mexiko, Chile und Argentinien waren es sogar zwölf Jahre. Die Ära der Großen Depression setzt daher weitaus anspruchsvollere Benchmarks für den potenziellen Verlauf der Finanzkrise der letzten Jahre als die Vergleiche, die wir zu schweren Krisen nach dem Zweiten Weltkrieg gezogen haben.
Abbildung 14.9 Der kumulative Anstieg der realen öffentlichen Schulden drei und sechs Jahre nach Beginn der Großen Depression im Jahr 1929: ausgewählte Länder
Quellen: Reinhart und Rogoff (2008b) sowie hierin zitierte Quellen.
Anmerkungen: Die Anfangsjahre der Bankenkrisen reichen von 1929 bis 1931. Australien und Kanada hatten keine systemischen Bankenkrisen, werden aber für Vergleichszwecke aufgenommen, weil beide schwere und anhaltende Rezessionen erlebten. Das Jahr 1929 markiert den Höhepunkt der Weltwirtschaftsleistung und wird daher als Marker für den Beginn der Depression verwendet.
Wie wir in Kapitel 16 darlegen werden, fiel auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit während der Großen Depression wesentlich höher aus
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