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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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Finanzturbulenzen können daher potenziell nützlich für die Formulierung der angemessenen politischen Antwort sein.
    Die Entwicklung eines kombinierten Krisenindexes: der BCDI-Index
    Wir entwickeln unseren Krisenindex auf folgende Weise: In Kapitel 1 haben wir verschiedene Krisenvarianten definiert – Auslands- und Inlandsschuldenkrisen, Bankenkrisen, Währungszusammenbrüche und Inflationskrisen. 2 Unser kombinierter länderspezifischer Index für Finanzturbulenzen wird durch die Summierung der Zahl an Krisentypen gebildet, die ein Land in einem beliebigen Jahr erlebt. Wenn ein Land in irgendeinem Jahr keine der von uns genannten fünf Krisen erlebt, wäre sein Krisenindex für dieses Jahr gleich null, während der Krisenindex im schlimmsten Fall (wie zum Beispiel im Jahr 2002 in Argentinien) fünf betragen kann. Für jedes Land und jedes Jahr bestimmen wir den jeweiligen Wert. Aus diesem Grund bezeichnen wir diesen Index als BCDI-Index; BCDI steht für »Banking« (ausschließlich systemische Bankenkrisen), »Currency « (Währungskrisen), » Debt« (Inlands- und Auslandsschuldenkrisen) sowie Inflationskrisen.
    Zwar werden mit diesem Vorgehen einige komplizierte Dimensionen der Krisenerfahrung erfasst, dennoch bleibt der Index zugegebenermaßen eine unvollkommene Messgröße für die Ernsthaftigkeit einer Krise. 3 Wenn die Inflation auf 25 Prozent jährlich ansteigt (und somit nach unserer Definition die Krisenschwelle überschreitet), wird sie im Index genauso gewichtet, als würde sie auf 250 Prozent ansteigen, was offensichtlich wesentlich ernster ist. 4 Diese vereinfachte Behandlung eines Zahlungsausfalls ähnelt der Behandlung der Rating-Agentur Standard and Poor’s (S&P), welche die Länder in säumige und nichtsäumige Schuldner unterteilt. Der S&P-Index (und unserer) berücksichtigt die Schuldenkrisenvariablen. Zum Beispiel wurde Uruguays relativ schnelle und »marktfreundliche« Schuldenrestrukturierung im Jahr 2003 gleich bewertet wie der langwierige Zahlungsausfall Argentiniens in 2001/2002, in dessen Verlauf der größere Nachbar seine Gläubiger erfolgreich »schor«. Dennoch haben sich Indizes wie der S&P im Verlauf der Zeit als äußerst nützlich erwiesen, gerade weil Zahlungsausfälle oft ganz unterschiedlich sind. Dem vergleichbar befindet sich ein Land, das unsere Krisenmarker für verschiedene Krisenvarianten erfüllt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in ernsthaften wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten.
    Wo machbar, fügen wir unserer Fünf-Krisen-Kombination einen Börsenkrach des »Kindleberger-Typus« hinzu, den wir separat darstellen. 5 In diesem Fall reicht der Index von null bis sechs. 6 Zwar lieferte Kindleberger selbst keine quantitative Definition eines Börsenkrachs, jedoch haben Barro und Ursúa eine angemessene Benchmark für die Definition von Assetpreiseinbrüchen entwickelt, die wir hier übernehmen. Sie definieren einen Börsenkrach als kumulativen Rückgang der Aktienkurse um mindestens 25 Prozent. 7 Wir wenden ihre Methode auf die 66 Länder unserer Stichprobe an. Die Ausgangsdaten zu den Aktienkursen werden von der Datenverfügbarkeit bestimmt, wie in den Datenanhängen für jedes Land individuell aufgeführt. Es erübrigt sich die Erwähnung, dass unsere Auswahl an Börsenkrächen mit einem Knall in den länder­übergreifenden Mega-Börsenkrächen von 2008 endet. Wie im Fall der Wachstumseinbrüche sind zahlreiche (wenn nicht die meisten) Börsenkräche mit den hier beschriebenen Krisenepisoden zusammengetroffen (Kapitel 1 und 11). Die »meisten« heißt ganz eindeutig: nicht alle; der Schwarze Montag im Oktober 1987 (zum Beispiel) wird mit keiner anderen Krisenvariante assoziiert. Dass der Börsenmarkt falschen Alarm schlägt, ist allerdings nichts Unbekanntes. Wie Samuelsons berühmter Ausspruch lautet: »Der Börsenmarkt hat neun der letzten fünf Rezessionen vorhergesagt.« 8 Tatsächlich zogen die Aktienkurse im zweiten Quartal 2009 wieder deutlich an, nachdem die globalen Aktienmärkte im ersten Quartal desselben Jahres weiter gesunken waren (über das Enddatum unseres Kerndatensatzes hinaus). Allerdings haben sie kaum wieder den Vorkrisenstand erreicht.
    Neben den Krisen, die souveräne Staaten betreffen, gibt es zwei weitere wichtige Dimensionen der Zahlungsausfälle, die unser Krisenindex nicht direkt erfasst. Erstens sind da die Privatinsolvenzen; sie haben in Form der berüchtigten toxischen Hypotheken im Zentrum der Subprime-Saga

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