DIESES MAL IST ALLES ANDERS
des Bankensystems ein wichtiger Grund für die hartnäckige Fortdauer der Großen Depression, die fast ein Jahrzehnt anhielt, anstatt nach einem oder zwei Jahren zu enden, wie es bei einer normalen Rezession der Fall ist. (Bernanke wurde im Jahr 2006 zum Vorsitzenden der Federal Reserve Bank ernannt und hatte die Chance, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse während der Zweiten Großen Kontraktion, die 2007 begann, in die Praxis umzusetzen.)
In einer späteren Arbeit mit Mark Gertler präsentierte Bernanke ein theoretisches Modell, das ausführlich beschrieb, wie die Unvollkommenheiten des Finanzmarktes, die auf asymmetrische Informationen zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern zurückzuführen sind, zu einer Verstärkung der geldpolitischen Schocks führen können. 7 Im Bernanke-Gertler-Modell hat ein Rückgang des Wohlstands (nehmen wir an, aufgrund eines negativen Produktivitätsschocks) einen überdimensionalen Effekt auf die Produktion, weil Unternehmen gezwungen sind, ihre Investitionspläne zu beschneiden. Das müssen sie, weil sie mit sinkenden nicht ausgeschütteten Gewinnen einen größeren Anteil ihrer Investitionsprojekte über teurere Auslandsgelder finanzieren müssen anstatt über die relative kostengünstige Inlandsfinanzierung. Rezessionen verursachen einen Verlust an Kreditsicherheiten, der sich dann über das gesamte Finanzsystem ausweitet.
Kiyotaki und Moore zeichnen in einem ausführlichen intertemporalen Modell eine ähnliche Dynamik. 8 Sie zeigen, dass ein Einbruch der Grundstückspreise (wie Anfang der 1990er-Jahre in Japan geschehen) die Kreditsicherheiten eines Unternehmens beeinträchtigen kann, was zu einer Kürzung der Investitionen führt, die ihrerseits einen weiteren Rückgang der Grundstückspreise auslöst etc.
In seinem Beitrag aus dem Jahr 1983 betonte Bernanke, der Kollaps des Kreditkanals in Rezessionen sei für kleine und mittlere Unternehmen, die keinen großen Namen und somit weitaus weniger Zugang zu Anleihe- und Aktienmärkten als Alternative zu der stärker beziehungsorientierten Bankfinanzierung haben als Konzerne, besonders gravierend. Viele nachfolgende Aufsätze haben bestätigt, dass kleine und mittlere Kreditnehmer überproportional unter einer Rezession leiden, wobei es deutliche Hinweise darauf gibt, dass die eingeschränkte Kreditvergabe durch Banken dabei eine zentrale Rolle spielt. 9 Wir wollen nicht weiter auf die riesige Menge an theoretischer Literatur über Finanzmärkte und Realwirtschaft eingehen. Allerdings gibt es in der Tat signifikante theoretische und empirische Unterstützung für die These, dass ein Kollaps des Bankensystems eines Landes gewaltige Auswirkungen auf dessen weitere Entwicklung haben kann. 10
Wir wollen nun auf die empirischen Ergebnisse zu sprechen kommen. Angesichts der Anfälligkeit des Bankensystems für Bankruns, in Kombination mit den theoretischen und empirischen Hinweisen darauf, dass Bankenkrisen ein wichtiger Rezessionsverstärker sind, ist es kein Wunder, dass Länder größere Schwierigkeiten haben, sich aus wiederkehrenden Bankenkrisen zu befreien als aus ihrer Historie als säumige souveräne Schuldner. Im Hinblick auf Letztere können wir von einer »Befreiung« beziehungsweise einem »Aufstieg« sprechen, wenn es Ländern gelingt, über mehrere Jahrhunderte ohne Staatsschuldenkrise zu existieren. Bisher ist es jedoch keinem einzigen Land gelungen, sich dauerhaft von Bankenkrisen zu befreien.
Bankenkrisen: Eine Bedrohung mit » Chancengleichheit «
Wie zuvor bereits gezeigt, ist die Häufigkeit eines Zahlungsausfalls bei Auslandsschulden (beziehungsweise einer Restrukturierung der Auslandsschulden) in entwickelten Ökonomien wesentlich geringer als in Schwellen- und Transformationsländern. Tatsächlich beträgt diese Häufigkeit in vielen Ländern mit hohem Einkommen seit 1800 null. 11 Selbst Länder mit einer langen Geschichte zahlreicher wiederholter Auslandsschuldenkrisen vor 1800, zum Beispiel Frankreich und Spanien, liefern den Beweis, dass sie sich von ihrem Ruf als wiederholt säumige souveräne Schuldner befreien konnten.
Die zweite Spalte in den Tabellen 10.1 und 10.2 macht die gewaltigen Unterschiede in der Häufigkeit von Auslandsschuldenkrisen zwischen Schwellen- und Transformationsländern (vor allem in Afrika und Lateinamerika, aber auch in mehreren asiatischen Ländern) und den reichen Ländern Westeuropas, Nordamerikas und Ozeaniens deutlich. Die jeweils dritte Spalte dieser Tabellen enthält
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