Dieses unendliche Verlangen
dem Regen der vergangenen Nacht erholt. Sie war nicht sicher, ob sie das je tun würden. Sie war erst seit vierundzwanzig Stunden in Colorado, und schon jetzt hatte sie Kleidung im Wert von dreihundert Dollar ruiniert. Wenn sie so weitermachte, würde sie bald pleite und nackt sein … was nicht gerade ihr Lebensziel war.
Sie hätte sich gern irgendwie frisiert, aber ihr lief die Zeit davon, also ließ sie ihr Haar einfach herunterhängen. Etwas Sonnenschutzcreme und Lippenstift, und sie war bereit zu gehen.
Erst als sie wieder unten war, fiel ihr ein, dass nicht beide Kinder in ihren Zweisitzer passen würden. Daran hatte sie noch nicht gedacht, als sie ihnen angeboten hatte, sie mitzunehmen. Doch Buck sagte ihr nun, sie könnte den Pick-up nehmen, der vor dem Haus stand.
Tracy war noch nie zuvor mit so einem Wagen gefahren, aber zumindest hatte er eine Automatik, keine mechanische Gangschaltung. Das Ding war riesig. Sie hatte das Gefühl, einen Panzer zu fahren.
Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die auf der Rückbank sitzenden Zwillinge angeschnallt waren, steuerte sie auf den Highway zu. Im Rückspiegel sah sie jetzt das Ranchhaus zum ersten Mal richtig. Es war weiß gestrichen und hatte eine Veranda, die rundherum reichte und etwas baufällig zu sein schien. Aber vielleicht lag das auch am Spiegel. Das zweistöckige Gebäude erinnerte sie an die Farmhäuser, die sie ab und zu gesehen hatte, als sie durch Iowa und Nebraska gefahren war – große Gebäude aus einer Zeit, als sich noch niemand Sorgen wegen der Heizkosten gemacht hatte.
Was sie wiederum daran erinnerte, dass hoffentlich der Boiler repariert sein würde, wenn sie aus Bliss zurückkam. Inzwischen hätte sie jemanden umbringen können für eine heiße Dusche.
Am Ende des Zufahrtswegs, kurz bevor dieser auf den Highway traf, bremste Tracy ab, da etwas in den Boden eingelassen war … eine Art Schienen.
“Das sollte mal jemand in Ordnung bringen”, murmelte sie.
“Es ist dazu bestimmt, die Rinder davon abzuhalten, auf die Straße zu laufen”, unterrichtete Lucky sie von oben herab. “Das weiß doch jeder.”
“In Chicago haben wir keine Rinder, abgesehen von den Bulls, und die spielen Basketball”, erwiderte Tracy.
“Grandpa hat gesagt, falls Sie früher schon mal was gekocht haben, dann höchstens Futter für Rindviecher.” Diese charmante Bemerkung kam von Rusty.
“Euer Großvater ist ein Original.” Tracy wünschte sich allerdings, er wäre mehr wie Ben Cartwright und weniger wie ein Komiker.
Es dauerte eine halbe Stunde, nach Bliss zu kommen. Die Bezeichnung “Stadt” war allerdings etwas hochtrabend für diesen Ort mit einhundertneunundfünfzig Einwohnern. Die Zahl stand auf dem hölzernen Schild an der Ortsgrenze.
Bliss hatte eine Hauptstraße, die Main Street. Es gab keine Ampeln an den zwei Kreuzungen, aber je ein Stoppschild an der First Avenue und der Second Avenue. Eine dritte Avenue gab es offensichtlich nicht. Am anderen Ende der Stadt standen bloß noch ein paar Wohnwagen. Tracy stellte erleichtert fest, dass sie nicht einparken musste. Das hatte sie mit ihrem kleinen Wagen endlich gelernt, aber mit dem Pick-up wollte sie es lieber gar nicht erst versuchen. Sie hatte keinerlei Schwierigkeiten, einen freien Platz vor dem
Roxy Filmtheater
zu finden, das noch aus der Zeit zu stammen schien, in der eine Schachtel Popcorn nur zehn Cents gekostet hatte und die Namen Clark Gable und Cary Grant auf den Plakaten gestanden hatten.
Mit den Zwillingen neben sich ging sie an einer Versicherungsagentur vorbei, dem Postamt und zwei Bars. An einer davon hing ein Schild, auf dem stand, dass Messer drinnen nicht erlaubt waren.
Offenbar war es eine Weile her, seit Zane zuletzt hier gewesen war, denn den Laden, in dem man aus einem Katalog hatte bestellen können, gab es inzwischen nicht mehr. Das Schild, auf dem das verkündet wurde, war laut Datum sechs Monate alt. Daneben hing eins, auf dem ‘Zu vermieten’ stand.
Sie holte ihren kleinen Organizer aus der Tasche und gab den Namen des Versandhauses ein, für das sie vor einigen Monaten gearbeitet hatte. Ihre Erinnerung war richtig. Das Hauptbüro war in Colorado Springs. Einen Moment später hatte sie ihr Handy in der Hand und sprach mit ihrem Kontaktmann dort.
Wie das Leben so spielte, gab es ein Lager in Denver. Zwei Geräte zum Discountpreis konnten für weniger als fünfhundert Dollar geliefert werden. Es zahlte sich eben aus, Leute zu kennen.
Nun da sie sich um
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