Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Titel: Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Spitzer
Vom Netzwerk:
Temporallappen aus und suchte dann die Gehirnareale, deren Aktivität mit der Aktivität im ausgewählten Bereich zusammenhing. Hierbei zeigte sich eine funktionelle Kopplung mit einem Bereich im Frontalhirn. Die Intensität dieser Kopplung hing mit der Größe des sozialen Netzwerks zusammen.
    Zusammenfassend zeigen diese Ergebnisse, dass das Leben in einer größeren Gruppe die soziale Kompetenz steigert und zu einem Wachstum der Gehirnregionen führt, die diese soziale Funktion leisten. Diese Zunahme der sozialen Kompetenz drückt sich dann entsprechend in einer höheren sozialen Stellung aus.
    Betrachtet man nun die eingangs erwähnten Daten aus der Studie von Roy Pea und seinen Mitarbeitern, so ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die Nutzung von digitalen sozialen Medien wie Facebook, die ja mit weniger realen Kontakten einhergeht, auch zu einer Verminderung der Größe sozialer Gehirnbereiche bei Kindern und damit auch zu geringerer sozialer Kompetenz führen muss.
    Vor diesem Hintergrund ist eine kürzlich von dem Neurowissenschaftler Ryota Kanai publizierte Studie interessant, die bei erwachsenen Probanden zunächst das genaue Gegenteil ermittelte. [123]   Man untersuchte die Größe einzelner Gehirnbereiche von 125 Probanden und bestimmte darüber hinaus die Anzahl ihrer Facebook-Freunde. Hierbei ergab sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Zahl der Freunde in Facebook und der Größe temporaler Gehirnareale. Wie konnte das sein? Warum passt hier scheinbar nichts zusammen? Gibt es also doch, wie viele behaupten, zu jeder Studie, die irgendetwas vermeintlich beweist, eine zweite Studie, die das Gegenteil belegt?
    Um diese Frage zu beantworten, muss man die Studien genauer betrachten: Kanai und seine Mitarbeiter untersuchten bei ihren Probanden auch die Größe von deren realen sozialen Netzwerken. Sie verwendeten hierzu die folgenden neun Fragen:
     
Wie viele Gäste kamen anlässlich Ihres 18./21. Geburtstags zu Ihrer Party?
Wenn Sie jetzt eine Party feiern würden, wie viele Leute würden Sie einladen?
Wie viele Freunde stehen in Ihrem Telefonbuch?
Schreiben Sie die Namen von denjenigen auf, denen Sie wegen eines wichtigen zu feiernden Ereignisses (Geburtstag, Weihnachten, eine neue Arbeitsstelle, eine bestandene Prüfung etc.) eine SMS schreiben würden. Wie viele Leute sind das?
Schreiben Sie die Namen der Leute aus Ihrem Telefonbuch auf, mit denen Sie sich gerne zu einem Gespräch in kleiner Runde (bis zu drei Menschen) treffen würden. Wie viele Leute sind das?
Wie viele Freunde aus der Schul- und Studentenzeit haben Sie noch immer, mit denen Sie sich zu einem netten Gespräch treffen könnten?
Wie viele Freunde haben Sie in Facebook?
Wie viele Freunde haben Sie außerhalb von Schule bzw. Universität?
Schreiben Sie die Namen der Freunde auf, die Sie darum bitten können, Ihnen einen Gefallen zu tun, und von denen Sie wissen, dass diese dies auch tun würden. Wie viele sind das?
    Wichtig zur Beurteilung der gesamten Studie ist, dass die Online-Bekanntschaften und die realen Freunde in sehr enger Beziehung standen: Es zeigte sich, dass die Größe der realen sozialen Netzwerke in engem Zusammenhang mit der Größe der digitalen sozialen Netzwerke stand: Wer viele Freunde online hatte, der hatte auch viele reale Freunde. Die Autoren kommentieren dies wie folgt: »Dies stützt die Idee, dass die meisten Internetanwender soziale Online-Netzwerkdienstleistungen dazu verwenden, bereits bestehende soziale Beziehungen [offline] aufrechtzuerhalten […]« [124]  
    Die Studie betrachtet also erwachsene Menschen, die auch zum Zeitpunkt des Beginns des untersuchten Online-Netzwerks (Facebook ist seit 2008 allgemein verfügbar) bereits erwachsen waren. Daher erfolgt die Nutzung bei Erwachsenen auch ganz einfach im Sinne einer Erweiterung und Vereinfachung dessen, was diese Menschen in sozialer Hinsicht ohnehin taten: Sie hatten Freunde und Bekannte in der realen Welt und nutzten Facebook zur Kommunikation mit ihnen. Nichts anderes sagt der Befund letztlich aus, dass die Größe der realen sozialen Netzwerke der Probanden und deren Facebook-Netzwerke eng miteinander zusammenhängen.
    In der oben beschriebenen Studie von Roy Pea und seinen Mitarbeitern war dies anders. Bei den acht- bis zwölfjährigen Mädchen wurde ein negativer Zusammenhang zwischen digitalen und realen sozialen Netzwerken ermittelt: Wer viele Freundinnen online hatte, der hatte wenige reale Freundinnen. Die Facebook-Freundinnen

Weitere Kostenlose Bücher