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Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Titel: Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Spitzer
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des Arbeitsgedächtnisses.
    In der folgenden Grafik sind die Ergebnisse der vier Tests für die drei Gruppen jeweils nebeneinander vergleichend dargestellt.

11.2 Ergebnisse von vier Tests zu den Frontalhirnfunktionen Konzentration und Selbstkontrolle bei vierjährigen Kindern in Abhängigkeit davon, was sie zuvor getan haben: einen schnellen Cartoon gesehen (schwarze Säulen) , einen Lehrfilm gesehen (graue Säulen) oder gezeichnet (weiße Säulen) . [290]  
    Man sieht deutlich, dass der schnell geschnittene Cartoon unsere Fähigkeit zur Selbstkontrolle in den Keller befördert, wohingegen die Konzentration beim Zeichnen die Selbstkontrolle deutlich verbessert. Nun verbringen sehr viele Kinder täglich nicht einige Minuten, sondern mehrere Stunden vor solchen Cartoons, die insbesondere von den Kinderprogrammen der Privatsender ausgestrahlt werden. Wie bereits mehrfach erwähnt, kann dies, gerade bei den noch so flexiblen Gehirnen der Kinder, eines nicht haben: keine Auswirkungen. Genau dies zeigt die eingangs genannte Studie von Dimitri Christakis und seinen Mitarbeitern sowie die in Kapitel 6 ausführlich beschriebenen Studien von Robert Hancox und seinen Mitarbeitern zu den negativen Auswirkungen des Fernsehens auf körperliche Gesundheit und geistige Bildung.
    Im Grunde ist es beschämend, dass die Wissenschaft erst im Herbst 2011 bestätigen konnte, was Millionen von Eltern und Großeltern längst wussten: dass Kinder ganz »kirre« werden, wenn sie beispielsweise am Sonntagvormittag stundenlang die Comics im Kinderkanal schauen. »Die Kinder sind danach einfach zu gar nichts mehr zu gebrauchen«, beklagen sich Mütter, wenn sie mit mir nach Vorträgen über die Folgen des Medienkonsums diskutieren.
    Besonders erwähnenswert erscheint mir noch die Tatsache, dass das Frontalhirn besonders »anfällig« ist und nicht nur bei Ermüdung, sondern beispielsweise auch bei einem Abfallen des Blutzuckerspiegels (wie er ganz normal etwa zwei Stunden nach dem Frühstück auftritt) nicht mehr so gut funktioniert. Erst kürzlich konnte ein Experiment mit erfahrenen Richtern zeigen, dass diese buchstäblich ihren Geist aufgeben, wenn sie eine Weile nichts gegessen haben, und nachweislich schlechtere Urteile fällen. [291]   Was für Richter zutrifft, gilt für Kinder mit noch nicht ganz so gut gebildetem Frontalhirn allemal: Wer ohne Frühstück in die Schule geht, wird sich nicht so gut konzentrieren können. Und wer, wie hierzulande täglich Millionen Kinder, das Frühstück durch Fernsehen ersetzt und dann zur Schule geht, der verhält sich etwa so schlau wie derjenige, der sich vor einem Wettlauf ins rechte und ins linke Knie schießt.

Fazit
    Digitale Medien wirken der Fähigkeit zur Selbstkontrolle entgegen und lösen daher Stress aus. Wer sich dafür starkmacht, dass im Kindergarten oder in der Grundschule mehr Mediennutzung stattfinden sollte, muss sich mit dieser Tatsache auseinandersetzen. Man müsste vor allem nachweisen, dass die vermuteten Vorteile die mit Sicherheit vorhandenen Nachteile überwiegen. Einen solchen Nachweis sind diejenigen, die Computernutzung gerade im Kindesalter propagieren, bislang schuldig geblieben.
    Computergestütztes Gehirntraining gibt es insofern, als man sich durch Ballerspiele eine Aufmerksamkeitsstörung antrainieren kann. Die allgemeine geistige Leistungsfähigkeit verbessert sich nicht, obwohl dies gerne und häufig von Anbietern entsprechender Programme behauptet wird. Hinzu kommt, dass wir über die langfristigen Auswirkungen der zunehmend computergestützten und internetbasierten Arbeit und Freizeitgestaltung noch keine abschließenden Aussagen machen können.
    Hinzu kommt noch ein Gedanke, der bislang kaum diskutiert wird und der gerade vor dem Hintergrund von Selbstkontrolle und Stress bedeutsam wird. Es wird allgemein als prekär erachtet, dass einige große Internetfirmen gigantische Mengen an Daten über die Nutzer sammeln. Wenn Sie, lieber Leser, für eine Leistung nichts bezahlen, dann sind Sie nicht der Kunde, sondern vielmehr die Ware, die verkauft wird. Wenn Sie also gratis etwas gesucht haben und bekommen dann unaufhörlich Werbung zu ähnlichen Produkten, darf Sie das nicht wundern.
    Ende 2009 haben die Suchmaschinen Google und Yahoo die Suchergebnisse personalisiert; unsere Interessen werden bei der Recherche registriert. Langfristig werden wir durch die Personalisierung der Suchergebnisse immer mehr von diesen Firmen dominiert und von einer sogenannten

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