Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)
Begriff »Herz«. Wahrscheinlich würden Sie diesem Arzt nicht weit über den Weg trauen – mit Recht! Denn er sollte über genügend Fachkenntnisse verfügen, um Schmerzen – wo auch immer sie lokalisiert seien – zunächst durch die richtigen Fragen genauer zu charakterisieren und damit bestimmte mögliche Ursachen eingrenzen beziehungsweise ausschließen zu können. Google liefert Ihnen zwar in einer Zehntelsekunde mehr als eine halbe Million Einträge zum Thema »Brustschmerzen«, aber genau dies ist letztlich das Problem: Nur wer sich schon auskennt, kann damit etwas anfangen. Wenn der Arzt erst einmal die möglichen Ursachen eingegrenzt, zusätzliche einfache Untersuchungen gemacht und weitere apparative oder labortechnische Untersuchungen durchgeführt hat und bei seinen Bemühungen, die richtige Diagnose zu stellen, nicht weiterkommt, dann kann eine Internetrecherche sehr hilfreich sein. Sehr viele Medikamente haben Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten; sie verstärken oder schwächen deren Wirkungen oder führen zu ganz anderen unerwarteten Effekten. Weil es Tausende von Medikamenten gibt und jedes mit jedem potenziell solche Wechselwirkungen hat, kann das kaum noch jemand überschauen. Hinzu kommt, dass gerade ältere Menschen oft wegen des Vorliegens mehrerer Krankheiten zehn oder mehr Medikamente einnehmen, was das Bild dann wirklich sehr komplex macht. Hier ist eine spezialisierte Internetrecherche natürlich ein Segen!
Lassen Sie sich durch Medienmarktschreier nicht den Verstand rauben
Wir haben gesehen, dass im Zusammenhang mit den Medien viele Unwahrheiten verbreitet werden und vor allem auch viel Vernebelungstaktik angewandt wird. Was kann man dagegen tun? Nun, man darf sich nicht verwirren lassen! Seien Sie kritisch, fragen Sie nach, verlangen Sie Daten und erkundigen Sie sich nach guten (d.h. in seriösen wissenschaftlichen Zeitschriften) publizierten Studien.
Nicht selten hört man in Diskussionen über Medien das Argument, dass es für jedes Ergebnis einer Studie eine zweite Studie gäbe, die das Gegenteil beweisen würde. Dem ist jedoch ganz einfach zu entgegnen: Es gibt gute und schlechte Studien! Betrachten wir ein Beispiel zur Veranschaulichung: Stellen Sie sich vor, Sie wollten wissen, ob Männer und Frauen gleich oder unterschiedlich groß sind. Sie teilen einen Fragebogen aus, auf dem jeder seine Größe angeben kann. Es gibt dabei vier Antwortmöglichkeiten: (A) kleiner als 150 cm; (B) zwischen 150 und 155 cm; (C) 155 bis 160 cm; (D) größer als 160 cm. Das Ergebnis Ihrer Befragung wird dann für Deutschland etwa wie folgt lauten: Gut 90 Prozent aller Bürger sind größer als 160 cm, wobei es keinen nennenswerten Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Nun weiß aber jeder, dass Männer im Durchschnitt größer sind als Frauen. Wieso hatte diese Studie nicht dieses Ergebnis? Die Antwort ist ganz einfach: Die Messungen erfolgten so, dass man eine große Anzahl von Messwerten (nämlich über 90 Prozent) zu einer Antwortmöglichkeit (D: 160 cm und größer) zusammenfasste. Nach unten hin hat man zwar differenziert gemessen, zur Mitte hin und nach oben hingegen überhaupt nicht. Das Messinstrument lag außerhalb des sogenannten dynamischen Bereichs der zu messenden Größe. Man erhält in solchen Fällen das, was man in der Statistik einen Deckeneffekt nennt. Jeder Student der empirischen Sozialwissenschaften, der in den ersten Semestern sein Handwerkszeug gelernt hat, kennt diese Dinge und wäre deswegen vorsichtig bei der Interpretation dieser Daten. Wenn Sie nun glauben, dieses Beispiel sei extrem und komme in der Wissenschaft nicht vor, dann lesen Sie bitte weiter.
Eine große, von der DAK-Gesundheit in Auftrag gegebene und von Wissenschaftlern der Universität Lüneburg durchgeführte Studie [374] zum Medienkonsum und dessen Zusammenhängen mit Schulleistungen und Freizeitverhalten mit insgesamt 5840 Schülern verschiedener Schulformen als Probanden (Durchschnittsalter: 14,4 Jahre) ergab u.a. Folgendes: Es gab keinen Zusammenhang zwischen dem Medienkonsum eines Jugendlichen und der Anzahl seiner/ihrer Freunde und Freundinnen. Zudem schienen die intensiven Mediennutzer mehr soziale Kontakte zu pflegen als die Probanden mit unterdurchschnittlicher Mediennutzung. Diese Studie widerspricht damit einer ganzen Reihe von Studien, die zeigen, dass der Konsum digitaler Medien zu weniger sozialen Kontakten und zur Vereinsamung führt (siehe Kapitel 5). Dabei
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