Dinner for One Killer for Five
Gesichtszüge verrieten jedenfalls, dass etwas heftig in ihm arbeitete. DeCravens Augen stierten auf den Tisch. Geistesabwesend zog er die Dose mit Pfefferminzpastillen aus der Tasche, pflückte eine heraus und schob sie sich langsam in den Mund. Oggerty hätte sein neues Fahrrad gegen einen kurzen Blick in die Hirnwindungen des Chefinspektors getauscht.
Schweigend verließen sie das Clubgebäude. Plötzlich blieb der Chefinspektor stehen und sah seinen Constabler unvermittelt an.
»Ein verwirrender Fall, nicht wahr, Oggerty?«
»O ja, Sir, äußerst verwirrend.«
»Im Nichts endende Spuren und Menschen voller rätselhafter Geheimnisse.«
»Sir?«
Aus dem Stall drangen die Stimmen von Hampton und Saldon. Hamptons Stimme überschlug sich.
»Wenn Lord Strathle davon Wind bekommt, dann...«
»Soll er doch! Was kann ich denn dafür, wenn hier die Pferde...«
»Saldon, Sie sind der Stallmeister! Sie sind verantwortlich dafür, dass die Pferde nach der Arbeit trockengerieben und richtig versorgt werden. Auch wenn die Biester zäh sind, so ein Pferd holt sich eins, zwei, drei eine Lungenentzündung.«
»Ich kann schließlich nicht neben den Pferden schlafen.»
»Saldon, Sie haben keine Ahnung. Wenn Lord Strathle dem Club den Rücken kehrt, dann...«
Wütend stapfte Hampton aus dem Stall. Der Chefinspektor und Oggerty traten ihm in den Weg.
»Etwas nicht in Ordnung?«
»Schlampereien«, sagte Hampton.
»Saldon behauptet, das Pferd von Lord Strathle sei ohne Einwilligung und so mir nichts, dir nichts aus dem Stall entfernt und geritten worden. Anschließend habe jemand das schweißnasse Pferd einfach in die Box gestellt, ohne sich weiter darum zu kümmern.«
DeCraven pfiff durch die Zähne.
»Und?«
Hampton tat so, als nehme er gerade einen kräftigen Schluck aus der Flasche zu sich, und deutete zum Stall.
»Er trinkt?«, fragte der Chefinspektor. Hampton wandte sich zum Gehen.
»Ach, Mr. Hampton, noch etwas.«
»Ja, Sir?«
»Können Sie sich wirklich an keinerlei Details bei diesem Mann auf dem Panzer erinnern?«
Hampton zuckte die Schultern.
»Nein, Sir.«
»Alt oder jung oder...«
Hampton schüttelte den Kopf und sagte, dass er sich um den Heizkessel kümmern müsse. Er stapfte auf das Clubgebäude zu.
»Er lügt«, raunte DeCraven Oggerty zu. »Die beiden Streithähne sind eifersüchtig.«
»Auf wen, Sir?«
»Kommen Sie, Oggerty«, befahl er knapp.
»Ja, Sir. Wohin?«
»Gütiger Himmel, Oggerty. Dreimal... nein, zweimal dürfen Sie raten. Verwandtenbesuch!«
»Sir?«
* * *
Während Oggerty sich auf die Straße und die Tücken des Dienstwagens konzentrierte, betrachtete der Chefinspektor nachdenklich ein Foto des Admirals.
Es war auf der Überfahrt von der britischen Spionageabwehr gemacht worden. Von Schneider trug einen Staubmantel, und DeCraven glaubte an seiner Körpersprache abzulesen, dass er sich darin nicht wohl fühlte. Hohe Offiziere wie er tauschten nur äußerst ungern ihre Uniform gegen zivile Kleidung. Das war ihm schon oft aufgefallen. Das kantige Gesicht des Admirals mit den hervorspringenden Wangenknochen war mit einer ledernen Haut überzogen. Die Haare waren zu kurzen Stoppeln geschnitten, und auf der Wange prangten einige Schmisse. Argwöhnisch hatte Admiral von Schneider seine Hakennase witternd in die Seeluft gehalten. Wie ein Raubvogel, dachte DeCraven.
»Und Sie glauben, Miss Sophie...?«
Der Chefinspektor ließt Oggerty nicht aussprechen.
»Es müssten sich doch alle dämonischen Fußtruppen des Teufels zusammengetan haben, wenn das ein Zufall wäre. Kaum logiert dieser Admiral bei Miss Sophie, schon wird er umgebracht.«
Derart aufgeregt kannte Oggerty seinen Chef noch gar nicht. Ein Kaninchen hoppelte über die Straße, und Oggerty musste scharf auf die Bremse treten. Der Chefinspektor warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
Kurze Zeit später waren sie am Ziel. Rosen-Manor strahlte etwas Düsteres und Abweisendes aus. Entschlossen drückte der Chefinspektor den Messingknopf. »Ding-dong« vibrierte es durch das Haus. Dann die schlurfenden Schritte des Butlers. Die Tür wurde geöffnet. Nein, er konnte bei James keinerlei Anzeichen von Überraschung entdecken. Entweder war er wirklich ganz und gar vertrottelt oder aber ein äußerst gerissener und durchtriebener Bursche.
»Würden Sie bitte...?«
Weiter kam der Chefinspektor nicht, denn mit einem gebrummten »Adieu« schloss James die Tür.
»Adieu? Oggerty, haben Sie schon mal von einem britischen
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