Dinner for One Killer for Five
Chance, allen zu beweisen, was in ihm steckte.
Die Durchsuchung in Rosen-Manor hatte einige Absonderlichkeiten zu Tage gefördert, die ein ganz neues Licht auf den Tod des Admirals warfen. Bewundernd dachte Oggerty an den Chefinspektor, der in seiner Gründlichkeit den Boden und die Holzverkleidung abgeklopft hatte. Ihre Chancen waren nicht gerade rosig, denn irgendjemand hatte bereits vor ihnen das Zimmer durchsucht.
Sie hatten nichts Wichtiges entdecken können. Dann schob sich eine Regenwolke vor die Sonne, und das erwies sich als ganz besonderer Glücksfall. Als der Chefinspektor das Licht einschaltete, war ihnen der Schatten sofort aufgefallen. Dieser spionierende Admiral hatte die geheimen Dokumente tatsächlich in der Schale der Deckenbeleuchtung versteckt. Äußerst gerissen. Nur mit den launischen Kapriolen des Wetters hier auf der Insel hatte er nicht gerechnet.
Die Papiere waren aufschlussreich und doch rätselhaft. Neben allerlei militärischen Aufzeichnungen über Panzer, Kanonen und Munition gab es Skizzen von einem Gerät, das Oggerty an einen Sextanten erinnerte, wie er ihn einmal bei einem Familienausflug in der Seefahrtsabteilung eines Museums entdeckt hatte.
Ihn fröstelte, wenn er nur daran dachte. Nein, zu einer Seereise hätte ihn niemand überreden können. Nicht einmal der Chefinspektor. Wasser hatte keine Balken. Ja, in einem Punkt war er sich ganz sicher: Wenn irgendetwas sein Leben vor der Zeit beenden würde, dann gewiss nicht die Dummheit, sich auf einen Bootsausflug oder gar eine Schiffsreise über den Kanal einzulassen. Sicher, Oggerty hätte sich gerne einmal auf dem Festland umgeschaut. Aber da lag doch eine Menge Wasser zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Kontinent — zu viel Wasser. Und das war auch ganz gut so. Rätselhaft war dieser Fall. Der Chefinspektor hatte sich für die geheimen Unterlagen gar nicht interessiert. Vielmehr hatte er die verknitterte Entlassungsurkunde eines Mannes studiert, die ihn als ehemaligen Insassen einer »Anstalt für geistig Verwirrte« auswies. Von manischen Depressionen war darin die Rede und von haltloser Trunksucht. Ja, sogar ein familiärer Inzestverdacht wurde darin ausgesprochen. Oggerty schüttelte angeekelt den Kopf. Bevor er seine Laufbahn bei der Polizei antrat, hatte er nicht einmal in seinen schlimmsten Alpträumen geahnt, was ihm an abgrundtiefer menschlicher Bösartigkeit bei Scotland Yard begegnen würde.
Auch der Familienname von Miss Sophie war in dem Papier gefallen. Wie hing das mit dem Fall zusammen? Und dann der Briefwechsel, den der Admiral mit dem Sekretär des ehemaligen deutschen Kaisers geführt hatte.
Bahnte sich hier womöglich eine hochbrisante Entdeckung an? Eine Verwicklung internationalen Ausmaßes? Würde bald auch sein Name in großen Lettern in der Times zu finden sein?
Wenn es zum Krieg kam, würde Tante Mary auf dem Land seine Familie sicher aufnehmen. Er würde selbstverständlich in London bleiben und seinen Mann stehen. Oggerty fühlte sich schwindelig. Nur nichts falsch machen. Der Chefinspektor und das Vaterland verlangten allergrößte Konzentration. Vielleicht fand er in diesen vergilbten Zeitungen den alles entscheidenden Hinweis. Aber warum sollte dieser ausgerechnet auf den Sportseiten versteckt sein? Ein Spionage-Code?
Der Chefinspektor hatte ihm aufgetragen, nur diesen Teil der Times in verschiedenen Jahrgängen zu durchforsten. Der Weg zur Rettung des Vaterlandes hatte mit Staub zu tun. Andere waren in den Schützengräben gestorben, und er, Oggerty, kämpfte hier an einer einsamen Front, mitten im aufwirbelnden Staub alter Zeitungen.
* * *
An dieses grüne Zeug würde er sich nie gewöhnen. James hob das Glas Absinth und prostete seinem Spiegelbild zu. Ja, dieser Bart gab ihm eine ganz eigene, unverwechselbare Ausstrahlung. Er passte zu seinem Gefühl, und das sagte ihm ganz unmissverständlich: James, dort im Spiegel, das ist ein neuer, ein aufrecht gehender Mensch! Ein Mensch, der zu neuen Ufern und Horizonten aufbricht.
Er nahm einen kräftigen Schluck und musste husten. Sicherlich ließ sich in Paris ein akzeptabler Whisky auftreiben. Was sollten die Revolutionäre auch gegen einen ordentlichen Schluck einzuwenden haben?
Besonders bei seinen Verdiensten. Wenn alles problemlos gelaufen wäre, wer weiß? Vielleicht wären er und Britannien bereits am Ziel?
Eigentlich hatte er vorgehabt, zusammen mit diesem Admiral persönlich die Tore des Buckingham-Palastes aufzusperren.
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