Dinner for one, Murder for two
anzufassen«, grollte er drohend.
»Wohl selbst scharf auf sie?«, zischte Hendrik. Er riss sich los und zog seine in Unordnung geratene Kleidung wieder glatt.
Du liebe Güte, dachte Pippa, und ich dachte, Schauspieler sind eine eingeschworene Gemeinschaft mit hehren Zielen.
»Johannes, du kennst doch die Statuten. Unter welchen Umständen kann man gefeuert und nach Hause geschickt werden?«, fragte sie Berkel, der gerade Alain dabei beobachtete, wie er vor einem weiteren Spiegel posierte.
Schau dir das nur genau an, dachte Pippa, allein vom Spiegelbild seines Selbstbewusstseins könntest du auch noch leben.
Sie wiederholte ihre Frage, und Johannes referierte: »Wiederholtes unentschuldigtes Fehlen bei den Proben, ansteckende Krankheit, sexuelle Belästigung …«
»Dann wollen wir mal hoffen, dass du keine ansteckende Krankheit bist, Hendrik«, unterbrach Debbie die Aufzählung Berkels und stellte sich dicht vor Rossevelt, »sonst müsste ich meinem Vater Bescheid sagen.«
Hendrik presste wütend die Lippen zusammen, hielt sich aber von jetzt an von der Gruppe fern.
Seinetwegen konnte Pippa die erstaunlichen Wandmalereien am letzten Besichtigungspunkt, dem südlichen Treppenhaus, nicht genießen wie sonst. Geistesabwesend folgte sie den spannenden Ausführungen von Gordon Best, während sie den Niederländer im Auge behielt. Der Schauspieler gab vor, interessiert die Wandmalereien zu mustern, aber in seinen Augen funkelte Wut.
Zurück in der Halle, verabschiedete und bedankte sich Pippa bei Gordon Best, der die Querelen in der Gruppe souverän und professionell ignoriert hatte. Er freute sich ehrlich über das Trinkgeld, das Pippa gesammelt hatte. Jeder hatte gern etwas gegeben, nur Rossevelt nicht.
»Ich hoffe, das Haus hat allen gefallen?«, fragte Pippa, als sie wieder draußen vor Ragley Hall standen. Alain Bettencourt ließ sein »Pfff …« ertönen, und Hendrik Rossevelt tat, als hätte er sie nicht gehört, während die anderen begeistert nickten.
»Dieses Treppenhaus zuletzt«, schwärmte Barbara-Ellen, »so etwas Zauberhaftes habe ich noch nie gesehen. Jedes Familienmitglied, jedes Haustier, Verwandte, Personal – alles lebensecht und dreidimensional … Man glaubt sofort, dass der Künstler vierzehn Jahre daran gearbeitet hat.«
» Er hat sogar die Hauskatze porträtiert! Und Tarquin, den süßen Hundewelpen, der beim Malen nicht stillsitzen wollte. Ich bin völlig hingerissen«, sagte Anita und sah Duncan tief in die Augen.
Pippa fragte sich amüsiert, ob die letzte Bemerkung der jungen Schauspielerin dem Hündchen oder eher dem groß - gewachsenen Schotten galt.
Duncan erwiderte Anitas Blick mit gleicher Intensität. »Mir geht es genauso. Ich habe noch nie derart lebensechte Porträts gesehen. Schade, dass wir keine Fotos machen durften.«
Pippa konnte ihm nur zustimmen – auch sie hätte am liebsten jeden Quadratzentimeter fotografiert, was allerdings bei der Größe des Treppenhauses und der Vielzahl der Motive fast einer Lebensaufgabe gleichkäme .
»Kommt jetzt, wir bleiben noch ein wenig an der frischen Luft und laufen ein paar Schritte durch den Park«, sagte Pippa und ging los, »es gibt da etwas, was ich euch unbedingt zeigen will.«
Der Schnee knirschte unter ihren Schritten, und Pippa bedauerte einmal mehr, dass die kunstvoll geschnittenen Büsche und Bäume von einer dicken weißen Schicht umhüllt waren.
Sie sah schon von weitem, dass jemand die wuchtige Holzbank mit dem lesenden Mädchen vom Schnee befreit hatte, und zeigte wortlos darauf.
»Dieses Anwesen steckt wirklich voller origineller Ideen!«, rief Barbara-Ellen, als sie die Skulptur sah.
Wenn du wüsstest, Freddy, dachte Pippa, ich verbringe jeden Tag mit deiner Göttin – und sie ist wirklich nett !
Dann sagte sie: »Meines Wissens hat eine der Töchter des Hauses dafür Modell gesessen.«
Das Mädchen auf der Bank trug Latzhose, T-Shirt und Turnschuhe, ihre Haare waren zu Zöpfen geflochten. Auf ihren hochgezogenen Knien lag ein aufgeschlagenes Buch, in dem sie konzentriert las.
Debbie zückte ihre Digitalkamera. »Wer möchte ein Foto mit der jungen Dame?«
Die beiden Frauen der Gruppe setzten sich sofort neben der kleinen Leserin in Positur. Johannes Berkel und Duncan stellten sich hinter die Bank, während Hendrik und Alain erwartungsgemäß abwinkten.
Dann nahmen Debbie und Pippa sich gegenseitig auf, und Johannes Berkel bot an, ein gemeinsames Bild von ihnen zu machen. In der Zwischenzeit
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