Dinner für eine Leiche
auch nur »guten Morgen« zu sagen. »Wenn Sie glauben, dass meine Kleidung übertrieben ist«, meinte er und deutete auf seine Weste und die hautengen Hosen, »dann warten Sie, bis Sie unten bei Casper sind.«
Das Telefon klingelte, und er ging an den Apparat. Er schlug die flache Hand vor den Mund, ehe er sich am Telefon meldete, und deutete auf die Treppe, die zu Caspers Büro führte.
Neugierig geworden, machte sich Honey auf den Weg treppab. Sie klopfte an, bevor sie in die Souterrain-Suite eintrat, die als Hotelbüro fungierte.
Das Erste, was sie beim Eintreten bemerkte, war Caspers besorgte Miene.
»Meine Güte, Sie sehen aus, als hätten Sie einen …«
Da erhob sich Caspers Besucher von seinem Stuhl.
Honey fiel die Kinnlade herunter. Sie legte den Kopf in den Nacken, um die volle Körpergröße des Mannes zu erfassen. Ein Kerl von eins achtzig, als Krieger verkleidet? Außerdem |65| trug er etwas in der Hand, das wie ein Speer aussah. Ein Assegai 2 ? Vor ihren Augen stand ein waschechter Massai-Krieger. In Bath. Ein Tourist?
Sie hörte, wie Casper sich räusperte. Er konnte es wahrscheinlich selbst nicht fassen.
»Der Herr hier hat mir erklärt, dass er wichtige Informationen zum Mord an Oliver Stafford besitzt.«
Honey nickte bedächtig. Es hatte ihr einfach die Sprache verschlagen. Jetzt war sie mit Räuspern an der Reihe.
»Ach wirklich …«
»Mein Name ist Obediah Jones«, sagte der Mann. Er streckte ihr die Hand hin.
»Gut!«
Sie hatte sich gerade noch rechtzeitig wieder gefangen, um »hallo« und »angenehm« zu murmeln, ohne dass es allzu dusselig klang.
»Könnten wir uns vielleicht setzen?«, fragte sie, denn ihr Nacken schmerzte bereits, weil sie den Kopf so weit zurücklehnen musste.
»Gewiss.«
Der Mann sprach Englisch fast ohne Akzent, was sie nicht erwartet hätte.
»Und diese Informationen, Obediah, könnten Sie mir sagen, worum es dabei genau geht?«
Die vielfarbigen Perlen, die um seinen Hals geschlungen waren, klirrten bei jedem Nicken. »Gewiss. Ich hörte, wie meine Frau einen Streit mit Mr. Stafford hatte. Sie warf ihm viele unanständige Namen an den Kopf und drohte, sie würde ihn ruinieren, wenn er nicht weiter ›mitspielte‹.«
Honey starrte ihn an. Sie schaute Hilfe suchend zu Casper. Der sah so schockiert aus, wie sie sich fühlte. In Bath waren Touristen aus aller Herren Länder willkommen, aber Massai-Krieger waren doch eher selten.
|66| »Und Ihre Frau ist …«
»Stella. Die Sache ist die: Sie war auf Safari, und ich war der Reiseführer ihrer Gruppe im Massai Mara. Wir haben in Afrika geheiratet. Aber sie behauptet, das sei nie geschehen. Ich bin ihr hierher gefolgt, um meine Ansprüche geltend zu machen.«
»Das ist ja wunderbar!« Honey war entzückt.
»So wunderbar auch wieder nicht. Man hat mich dafür bezahlt.«
»Typisch.«
»Aber ich habe diesen Streit mit angehört.«
»Er hat es mir in allen Einzelheiten mitgeteilt«, mischte sich Casper ein. Verwirrung hatte seine sonst so ruhige Miene etwas entgleisen lassen. Er gab Honey einige Details.
»Ich kann damit nicht zur Polizei gehen. Wissen Sie, ich sollte eigentlich gar nicht hier sein. Meine Arbeitserlaubnis ist abgelaufen.«
Die Wahrheit lag auf der Hand. Der Kerl war kein wirklicher Massai-Krieger, nur ein sehr großer Mann, der sich verkleidet hatte.
Honey stellte die offensichtliche Frage: »Wer hat Sie bezahlt?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich kann keine Angaben zu meinem Auftraggeber machen. Das ist streng vertraulich.«
Honey holte tief Luft und versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, dass dies eine ernste Angelegenheit war. Es ging um Mord – und um eine hervorragende Bettenbelegung im Green River Hotel, als Belohnung dafür, dass sie sich überhaupt auf diesen Job eingelassen hatte. »Und Sie haben ganz bestimmt gehört, dass sie Mr. Stafford bedrohte?«
»Ich habe mich von hinten ans Hotel angeschlichen. Ich habe gehört, wie sie ihn anschrie, er solle gefälligst tun, was sie ihm sagte. Als ich ankam, war kein Wachmann im Dienst. Ich glaube, der hat geschlafen – zumindest zunächst. Dann nicht mehr.« Er runzelte die Stirn. »Er kam schließlich ganz schnell |67| angelaufen. Aber ich habe mich versteckt.« Er erklärte die Sache mit dem Auto des japanischen Touristen.
Honey merkte sich, dass sie später mit dem Wachmann reden müsste. Nachdem sie sich mit Brilli Broadbent unterhalten hatte.
»Das müssen Sie der Polizei erzählen«, sagte Honey.
Den Mann überkam
Weitere Kostenlose Bücher