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Dinner für eine Leiche

Dinner für eine Leiche

Titel: Dinner für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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einen Sänften-Service eingerichtet, der Leute vom Royal Crescent an vielen anderen Orten vorüber in die Innenstadt brachte. Honey hatte das Glück, dass ein Gast des La Reine Rouge sich dieser Transportmöglichkeit bedient hatte und gerade vor der Tür abgesetzt wurde.
    Die beiden Männer, die die Sänfte schleppten, waren in historische Kostüme gekleidet, trugen Dreispitzhüte, lange Westen, Kniehosen und weiße Strümpfe. Sie schienen kaum außer Atem zu sein. Zu ihrem Glück hatte die Strecke größtenteils bergab geführt. Und die Passagierin war über achtzig Jahre und wog unter hundert Pfund.
    Honey schaute neugierig zur Sänfte hin. Sollte sie es wagen? In der Hoffnung, ein wenig abzunehmen, hatte sie sich geschworen, so viel wie möglich zu Fuß zu gehen. Bath war kompakt gebaut und schmiegte sich, von grünen Hügel umgeben, an den Fluss. Aber jetzt würde bald der Berufsverkehr einsetzen. Die Straßen wurden schon voller, und sie würde alles drum geben, |87| ihre schmerzenden Füße ein bisschen auszuruhen. Außerdem brauchte sie Zeit zum Nachdenken, und eine kleine Sänftentour nach Hause wäre genau das Richtige.
    Honey erlöste ihre Füße aus den Folterinstrumenten und winkte die Sänftenträger herbei.
    »Hallo«, sagte sie. »könnten Sie mich zum Green River Hotel bringen?«
    Die beiden Männer musterten sie von Kopf bis Fuß, als wäre sie die verführerischste Tussi, die ihnen den ganzen Tag unter die Augen gekommen war. Den Bruchteil einer Sekunde fühlte sie sich mächtig geschmeichelt, bis ihr die Wahrheit dämmerte. Die beiden überlegten, ob sie Honey tragen könnten! Sie kam sich vor wie eine Schweinehälfte bei einem »Raten-Sie-das-Gewicht«-Wettbewerb.
    »Die Strecke ist ganz eben«, meinte sie aufmunternd. »Na ja, beinahe.«
    Die beiden wechselten einen kurzen Blick und atmeten ein paar Mal tief durch.
    »Geht in Ordnung, Madam«, sagte einer, ein Typ mit rosigem Teint, dichten Maikäferaugenbrauen und Schultern, die so breit waren wie ein Scheunentor. »Das macht fünfzehn Pfund.«
    Sie zuckte ein wenig zusammen und überlegte, dass ein Taxi wesentlich weniger kosten würde. Ein Taxi wäre auch schneller, würde aber nicht halb so viel Spaß machen. Und ihre Füße waren heiß gelaufen – dampften beinahe schon. Außerdem hätte sie dann Zeit zum Nachdenken. Und sie konnte den Leuten zusehen, wie sie sich amüsierten und planten, was sie als Nächstes tun wollten.
    »In Ordnung. Fünfzehn Pfund. Und steigen Sie aufs Gas.«
    Der Mann erbleichte. »Das meinen Sie nicht ernst, oder?«
    Sie schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein. War nur ein Scherz. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie wollen.«
    Sie zahlte, und die beiden Männer begaben sich an ihre Positionen zwischen den Tragegriffen. Honey kletterte in die Sänfte.
    |88| Die schwankte und rollte im Takt mit den trabenden Trägern. Innen war die Sänfte mit blauem Brokat ausgeschlagen. Wenn die Politessen und übergewichtigen Frauen in zu engen Shorts nicht gewesen wären, hätte Honey beinahe glauben mögen, dass sie eine Zeitreise von zweihundert Jahren gemacht hatte.
    Köpfe wandten sich um, sobald die Sänfte in Sicht kam. Hände wühlten verzweifelt nach Digitalkameras.
    Honey merkte, dass sie vom Schaukeln beinahe seekrank wurde. Du musst die Augen fest auf einen unbeweglichen Punkt richten. Das hatte Carl immer gesagt. Er war ein begeisterter Segler gewesen. Dabei ließ er aber nicht nur die Segel regelmäßig herunter. Auch Dessous standen hoch auf seiner Prioritätenliste.
    Sie versuchte, den guten Rat zu befolgen. Aber es schien keinen unbeweglichen Punkt zu geben. Es hatte damals nicht funktioniert, als sie mit ihrem verstorbenen Mann segeln war, und es funktionierte auch jetzt nicht.
    Also, dann konzentriere dich auf etwas Wichtiges.
    Honey schluckte krampfhaft die aufsteigende Galle herunter, ließ sich in die Polster zurückfallen und dachte an den toten Koch. Was war ihr erster Eindruck von ihm gewesen? Er sah gut aus. Ja, das musste sie zugeben. Sie konnte verstehen, warum die Frauen auf ihn hereinfielen. Sie erinnerte sich an das schurkische Blinzeln und daran, wie seine Augen an ihr auf und ab gewandert waren. Sie war rot geworden. O ja, Oliver Stafford war ein Charmeur gewesen, der mit Blicken und säuselnden Worten einer Frau das Gefühl geben konnte, ganz wunderbar zu sein. Natürlich nicht Frauen ihres Alters. Die fielen nicht so leicht auf Schmeicheleien herein.
    Ein Ruf von der Straße erregte ihre

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