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Dinner für eine Leiche

Dinner für eine Leiche

Titel: Dinner für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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Aufmerksamkeit.
    »He, ist da ’ne wichtige Persönlichkeit in der Sänfte?«
    Wichtig? O ja! Das könnte wirklich Spaß machen. Sie würde so tun, als wäre sie wichtig.
    |89| Sie setzte sich stocksteif auf, nahm königliche Haltung an – trug den Kopf hoch erhoben, winkte der Menge mit einer Hand zu, die hin und her pendelte wie ein sehr langsames Metronom.
    Natürlich bin ich wichtig, sagte sie sich und merkte, wie sie blendende Laune bekam. So gut hatte sie sich seit Wochen nicht gefühlt.
    Sie hatten nun das geschäftige Stadtzentrum hinter sich gelassen und bogen in die Great Pulteney Street ein. In wenigen Minuten würde sie zu Hause sein. Im Taxi wären es nur Sekunden gewesen.
    Die Gäste, die aus dem Green River Hotel kamen, blieben wie angewurzelt stehen und starrten die livrierten Träger und die schwankende Sänfte an. Manche rannten zurück ins Hotel und kamen mit noch mehr glotzenden Touristen zurück.
    Mit gezückten Kameras und surrenden Camcordern lauerte die Menschenmenge.
    Die Träger setzten die Sänfte ab. Der plötzliche Halt brachte Honey mit einem Ruck wieder auf den Boden der Tatsachen.
    »Mir ist übel«, sagte sie, als sie sich aus der schmalen Tür zwängte.
    »Das macht das Schaukeln der Sänfte«, erklärte einer der Männer. »Viele ältere Leute haben Probleme damit.«
    Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Tausend Dank!«
    Plötzlich drängelte sich Lindsey durch die Menge, die sich um die Sänfte angesammelt hatte.
    »Mutter!«
    »Es geht mir gut, Liebes. Ich brauche ein bisschen frische Luft.« Sie wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht. Ihr war heiß. Es schien ihr, als wäre die ganze Welt ein Karussell, das sich langsam und unaufhaltsam drehte.
    Lindseys Gesichtsausdruck blieb unverändert – irgendwo zwischen Verzweiflung und Verärgerung.
    »Dir mag es ja gut gehen«, murmelte sie, »Smudger aber nicht.«
    |90| Plumps! Damit hatte die Wirklichkeit sie wieder. »Was ist denn los?«
    »Ich fürchte, er bringt den Fleischer um.«
    »Wirklich?«
    Unglaublich.
    Von Anfang an hatten sie ihr Fleisch bei den Gebrüdern Davis bezogen. Sie waren Fleischer und Gentlemen der alten Schule, und obwohl Smudger ab und zu ihren Fahrer drangsalierte, hatte er doch nie ernsthaft mit den Fleischern selbst gestritten. Natürlich, manchmal ließ er die Steaks zurückgehen, wenn er nicht mit der Marmorierung des Fleisches zufrieden war, aber insgesamt war die Beziehung recht freundlich. Und warum auch nicht?
    »Der arme Mr. Davis«, sagte Honey auf dem Weg in die Küche.
    Lindsey berichtigte sie. »Nicht Mr. Davis, Mr. Mead.«
    Die Küchentür schwang auf. Smudger stand da und sah aus, als würde er jeden Augenblick explodieren.
    Honey stählte sich.
    Smudger war hochrot im Gesicht und funkelte sie wütend an, als sie eintrat. »Sag den Hohlköpfen am Empfang, das nächste Mal, wenn sie mir einen Lieferanten ohne Voranmeldung in die Küche schicken, mache ich Hackfleisch aus ihnen!«
    Lindsey murmelte eine Entschuldigung.
    Honey spürte die Verlegenheit ihrer Tochter mehr, als sie sie sah.
    »Lindsey konnte nicht wissen, dass er nicht bei dir angemeldet war.«
    Mit Glubschaugen knurrte Smudger: »Tu’s einfach nie wieder!«, und stürmte, wild vor sich hin brabbelnd, an die Arbeit zurück.
    Honey verdrehte die Augen zum Himmel. Warum lass ich mir das gefallen? Ja, warum wohl? Erstens war Smudger ein guter Koch. Zweitens musste sie sich, wenn sie ihn rauswarf und |91| einen neuen anstellte, wieder an jemand anderen gewöhnen. Es war wichtig, dass man miteinander auskam. Und Smudger und sie kamen miteinander aus – meistens jedenfalls.
    Lindsey und sie schlichen wie geprügelte Hunde zum Empfang zurück.
    Seufzend nahm Lindsey einen Kugelschreiber in die Hand, spielte damit herum und kratzte sich dann damit am Kopf. Sie vermied es, ihrer Mutter in die Augen zu blicken, biss sich auf die Unterlippe. Sie machte einen sehr zerknirschten Eindruck. »Das Telefon hat geklingelt, ehe ich Smudger sagen konnte, dass Mr. Mead ihn aufsuchen wollte. Während ich das Gespräch annahm, war er bereits in der Küche.«
    Honey verdrehte die Augen. Das Besänftigen schwieriger Kunden war verglichen mit dem Besänftigen wütender Köche ein Kinderspiel. Wie die Löwen verteidigten die ihr Territorium. Niemand durfte ohne Erlaubnis in ihren Bereich eindringen.
    »Na gut, dann bitte ich ihn eben auf Knien um Verzeihung.«
    Normalerweise hätte Lindsey auf eine solche Bemerkung reagiert, hätte etwas gesagt

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