Dinner für eine Leiche
unterhalten.«
»Beeil dich, meine Liebe. Heutzutage dauert es ein winziges bisschen länger, bis ich meine vollkommene Schönheit erreicht habe. Ich möchte ja meinen liebsten Roland nicht warten lassen.«
Honey starrte mit glasigen Augen auf ein golden gerahmtes Stillleben an der gegenüberliegenden Wand: hoch aufgetürmte Pflaumen und violette Trauben, die über den Rand eines silbernen Tabletts hingen. Ihre Mutter war wie eine überreife |173| Pflaume, und Roland Mead, der war schlicht eine madige Pflaume! Das wusste sie! Sie wusste es im tiefsten Inneren, aber wie sollte sie das Thema am besten angehen?
»Ich finde, Roland Mead ist ein Schleimer.«
Das war nicht gerade subtil. So hatte sie das überhaupt nicht sagen wollen. Es war ihr einfach rausgerutscht.
Die Reaktion ihrer Mutter war überraschend zurückhaltend. »Aber, aber, meine Liebe. Du bist ja ganz grün vor Neid.«
Honey war beinahe – aber nur beinahe – sprachlos. »Nei disch ? Ich?«
»Ja sicher, meine Liebe. Ich sehe das grüne Monster förmlich aus deinen Augen blitzen.«
»Mutter, das ist dein Lidschatten. Wahrscheinlich hast du ihn auf die Pupille und nicht aufs Lid geschmiert.«
Ihre Mutter warf ihr einen schrägen Blick zu. »Komm mir bloß nicht in die Quere, Miss Wichtigtuerin.«
Komm mir nicht in die Quere?
Honey klatschte sich auf die Oberschenkel, als sie aufstand. »Gut, also ich gehe jetzt. Aber sag nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte.«
Eiskalt begann Gloria, sich die Nägel scharlachrot anzumalen.
»Es ist gar nicht nötig, dass du mich warnst, liebste Hannah. Ich weiß, wer er ist.«
»Wirklich?«
»Sicher. Ein heißblütiger Mann, und er ist scharf auf mich.«
Honey verzog das Gesicht. »Er ist auch Fleischgroßhändler und wahrscheinlich ebenso scharf auf einen Liefervertrag mit meinem Hotel!«
Das reichte! Honey machte sich aus dem Staub. Sie hatte Vernünftigeres zu tun – wenn die Jagd nach einem aufgebrachten Koch unter diese Bezeichnung fiel. Macht nichts. Immer noch besser, als sich anhören zu müssen, man wäre nur neidisch und es fehlte einem eben an Romantik im Leben.
|174| Sie bog in den Parkplatz des Beau Brummell Hotels ein. Dort führte inzwischen ein Manager die Geschäfte. Er teilte ihr mit, Richard Carmelli sei schon mehrere Tage nicht mehr dort gewesen. Er gab Honey die Privatadresse des Kochs.
»Und wenn Sie ihn sehen, sagen Sie ihm, er ist gefeuert!«
War ja verständlich.
Sie rief Casper an, um ihn zu fragen, ob ihm noch jemand einfiele, den Stella gegen sich aufgebracht hatte.
»Ich mache Ihnen eine Liste. Allerdings wird sie wohl kaum vollständig sein. Unsere viel geliebte, verblichene Stella hatte es sich ja zur Gewohnheit gemacht, die Leute vor den Kopf zu stoßen.«
Dann flitzte Honey auf die andere Seite der Stadt. Sie genoss es, wie sich ihr kleiner schwarzer VW-Käfer durch den Verkehr bewegte. Um diese Tageszeit war auf den Straßen nicht allzu viel los. Zu ihrer großen Überraschung fand sie sogar einen Parkplatz vor der Old Dispensary.
Dieses freistehende und eindrucksvoll elegante Gebäude, eine ehemalige Apotheke, wo man in vergangenen Zeiten zweifelhafte Heilmittel für alle möglichen gewöhnlichen und eher ungewöhnlichen Zipperlein verkauft hatte, war inzwischen in mehrere Ladengeschäfte unterteilt worden und beherbergte jetzt viele verschiedene Nutzer. Busse, Pkws und in Lycra gezwängte Radfahrer sausten an den Miniaturausgaben römischer Tempel vorüber, die beide Enden der Brücke zierten. Zumindest sahen sie aus wie römische Tempel, wenn sie auch kaum mehr als Mauthäuschen mit pseudorömischen Giebeldreiecken und dorischen Säulen waren, die das britische Großmachtgehabe des frühen neunzehnten Jahrhunderts widerspiegelten.
An einem der Häuschen wies ein Schild darauf hin, dass man hier nun Öle für die Aromatherapie kaufen konnte. In den anderen Häuschen wurde diese Woche Kunstgewerbe feilgeboten. Nächste Woche konnte es etwas völlig Anderes sein. So war es eben in Bath: schneller Gewinn und Spaß. Darauf waren alle aus. |175| Wer hatte das gleich gesagt? Wahrscheinlich Beau Brummell höchstpersönlich, dieser Schurke aus Regency-Zeiten, der einen guten Blick für seinen eigenen Vorteil (und die Damenwelt) hatte und das volle Vertrauen des Prinzregenten und späteren Königs Georg genoss.
Was immer Sie wollen, Sir, ich werde mich bemühen, es Ihnen zu verschaffen.
Während Honey die Brücke betrachtete, tauchte zwischen den dorischen Säulen
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