Diplomat Im Abseits
umgehängter Fototasche auf das Abraumtransportschiff und machte gleich darauf einen mächtigen Satz auf die Arbeitsplattform des Baggers.
Mit einer ausschwingenden Heckwelle zog das Sportboot im weiten Kreis unter der Kennedybrücke hindurch nach Süden davon.
»Du verfluchter Kerl!« Lupus sprang vor und ergriff den Neuankömmling mit beiden Händen an den Schultern. »Ich schmeiße dich im hohen Bogen von Deck. Du bist wirklich der letzte Arsch, der hier fehlt.«
»Mein Übersetzboot mußte leider umgehend zurückfahren«, grinste Presse-Mauser, der Mann, der selten zu spät kam, wenn es galt, Sensationen aufzuspüren. Er hatte gewiß wieder den Polizeifunk abgehört.
Oberkommissar Köhler von Wiking 5 legte Lupus beruhigend die Hand auf den Arm. »Nur keine Aufregung! Da unser Mauser schon mal an Bord ist, werden wir auch eine nützliche Tätigkeit für ihn finden. Er untersteht jetzt der Befehlsgewalt des Kapitäns. Meuterei wird streng bestraft.«
Lupus triumphierte. »Schneller Freund Mauser, ohne unsere Hilfe kommst du von diesem Kahn nicht herunter. Da bleiben dir deine News im sonstwo stecken.«
»Wußt’ ich’s doch, daß ich überall gern gesehen bin«, lächelte Mauser und hatte schon die Kamera in der Hand. Presse-Mauser, für manche auch der »Mauserich«, mittelgroß, mit hellwachen Augen, die überall zu sein schienen, sportlich und schneller Porschefahrer, arbeitete stets unter Hochdruck. Mit seinem Bauchladen hatte er Dutzende von Presseorganen zu bedienen. Auch die Nachrichtenagenturen waren scharf auf seine Meldungen. Und wenn er an Land schwimmen müßte – diese Story würde für die Medien nicht zu spät kommen.
Wenn er und Lupus sich trafen, gehörte ein gerütteltes Maß an Sticheleien und Geplänkel dazu. Dabei waren sie alte Freunde, die schon manche Sache miteinander gedeichselt hatten.
Kommissar Freiberg war zum Stahleimer des Baggers vorgeklettert, um sich die tote Frau genauer anzusehen. »Wer hilft mir mal, ein paar Brocken beiseite zu schaffen?« rief er zur Arbeitsplattform hinüber.
Als die Kollegen keine Anstalten machten, seinem Wunsch nachzukommen, traten zögernd zwei Arbeiter des Abraumschiffes näher und sahen ihn fragend an.
»Bitte, helft mir, die Töte freizulegen.«
Kies und Geröll wurden beiseite geschafft, und nach einer Weile wurden die Beine der Frau sichtbar.
»Langsam!« rief Freiberg plötzlich. »Lupus, komm her und sieh dir das an!«
Der Angesprochene schüttelte den Kopf und drehte sich ostentativ um. Köhler von Wiking 5 kam hinzu – und wie selbstverständlich auch Presse-Mauser.
»Mann, das ist ja ‘n Ding«, ereiferte er sich. »Ein tolles Ding!« In der gleichen Sekunde hatte er die Kamera am Auge und zog eine Aufnahme nach der anderen mit dem High-Speed-Winder durch.
»Wenn das nicht ein ganz brutaler Mord ist!« sagte der Kommissar und wies auf die Leiche. »Irgendwer hat der Frau einen Klotz an die Füße gekettet und sie im Rhein versenkt.«
Vorsichtig räumten die Arbeiter immer mehr Baggergut beiseite. Kein Zweifel; die Füße der Toten umschlang eine dickere Kette, die mit Karabinerhaken an einem rechteckigen Betonklotz befestigt war. Der Klotz wies zwei kreisrunde Köcher auf.
»Was kann das sein?« fragte Freiberg die Umstehenden.
Obermeister Köhler zuckte mit den Achseln. Einer der Arbeiter beugte sich vor: »Könnte von einer Baustelle stammen, sieht aus wie eine Halterung für Zaunteile, die miteinander verbunden werden, um die Baustellen zu sichern.«
»Sehr gut, Mann, das ist es. – Mauser!« rief Freiberg. »Sie sind jetzt so etwas ähnliches wie Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft, kapiert?«
»Oui, mon General!«
»Machen Sie auch Nahaufnahmen von dem Klotz am Bein. Wer weiß, ob wir die Tote hier herausbekommen, ohne sie noch mehr zu beschädigen. Ich möchte für die Ermittlungsakten von allen Aufnahmen einen Abzug haben, gegen Bezahlung natürlich.«
»Kein Problem«, sagte Mauser. »Aber dafür bringt ihr mich schnellstens wieder an Land.«
»Kein Problem!« sagte auch Freiberg. »Kollege Köhler wird’s schon richten.«
Der Angesprochene nickte. »Wiking 5 muß sowieso rüber zum Erzbergerufer. Dort wartet der Bestatter mit der Zinkwanne.«
»Gut«, bestätigte Freiberg, »und dann ab mit der Leiche in die Rechtsmedizin.« Der Kommissar sah keinen Grund, die Tote noch länger zu betrachten. Ihm war übel, und bei etwas mehr Wellengang hätte er sich in den Rhein übergeben. »Lupus! Held! Setz mit
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