Diplomat Im Abseits
Glas abgestellt und ließ seine Hände über ihren Rücken gleiten.
»Oh, please, not now«, stöhnte Amara. »Ich muß unter die Dusche.« Sie entwand sich Bothos Armen und ging ins Bad.
Die Tür blieb offen. Botho füllte Whisky nach und lehnte sich mit dem Glas in der Hand an den Rahmen. Er sah zu, wie sie ein Kleidungsstück nach dem anderen ablegte – und wußte dabei sehr wohl, daß diese Show nur für ihn inszeniert war. Lächelnd genoß er es, sein Mund wurde trocken vor Verlangen.
»Irgendein Gott hat dich mit einem schönen Körper gesegnet – aber auch mit Gefühl und Verstand. Warum liebst du gerade mich?« fragte er laut.
»Darum!« erwiderte sie lächelnd. Sie hatte schon viel von der deutschen Sprache gelernt.
Das heiße Wasser prasselte herab, so daß Botho auf Distanz blieb. Wenn nicht das Briefing gewesen wäre, hätte er wohl kaum Rücksicht auf seine Kleidung genommen. Aber er ließ sich nicht nehmen, sie abzutrocknen und ihre Brüste und den krausen Hügel zu streicheln. Als seine Hände drängender wurden, schob Amara ihn zurück. Mit anmutigen Bewegungen zog sie sich an. Ihr fließend fallendes Kleid aus Habotai-Seide ließ sie weniger europäisch erscheinen als die SAL-Dienstkleidung. Jetzt sah Botho wieder in ihr die Tagalin, deren stammes- und rassengeschichtliche Entwicklung es zu entdecken galt. Seine Suche nach dem Wesen und der Bestimmung des Menschen hatte wieder einmal in der Liebe die Ergänzung gefunden.
Das Telefon summte melodisch. Amara nahm ab. Sie antwortete in Tagalog und legte sofort wieder auf. »Gleich kommt ein Geschäftsfreund, um etwas abzuliefern.«
»Möchtest du allein mit ihm verhandeln?«
»Aber nein – keine Geheimnisse.«
Botho hatte sich in einen Sessel am Fenster zurückgezogen und sah auf das Hafenpanorama der Millionenstadt. Auf dem offenen Meer zogen Kriegsschiffe der Amerikaner vorbei.
Kurz darauf ein Klopfen an der Tür. Amara ließ die Entriegelung aufschnappen.
Ein kleiner Mann mit ausgeprägten asiatischen Zügen trat ein, verbeugte sich tief und reichte Amara einen flachen Diplomatenkoffer. Sie öffnete den Deckel und winkte Botho mit einer leichten Handbewegung heran. Eine gegenseitige Vorstellung gab es nicht.
Im Koffer lag auf blauem Samt eine mehrarmige Figur, umgeben von einem wohl dreißig Zentimeter messenden Flammenkranz. Gott Shiva Natraj, der König des Tanzes, zermalmte mit einem Fuß den Dämon Majulaka, Symbol für die Nichterkenntnis und Weltlichkeit des Seins. Der andere im Aufschwung verharrende Fuß verkörperte die Macht der sieghaften Naturkräfte. Der Tanz war Ausdruck der Schöpfung, Erhaltung, Zerstörung und Befreiung.
Dr. Botho von Campen kannte das Motiv von seinen Studien her. Wenn das Stück aus Gold war, mußte es ein Vermögen wert sein.
Amara öffnete einen Wandsafe, der durch ein Zahlenschloß gesichert war. Sie hatte sich so gestellt, daß der Besucher nicht erkennen konnte, welche Ziffernkombination sie eingab. Dann hatte sie ein Bündel Dollarnoten in der Hand. »Twothousandsixhundred, and threehundred for you«, sagte sie in stärk akzentuiertem Englisch. Der Mann nickte und steckte das Geld ein. Er zählte nicht nach, und es wurde auch kein Papier unterschrieben. Eine Verbeugung – und der Besucher war gegangen. Das Geschäft, wenn es eins war, hatte nur Minuten gedauert.
»Welch ein Kunstwerk«, sagte Botho bewundernd. »Shiva Natraj, der Gott des Tanzes. Und so etwas wechselt fast lautlos den Besitzer – ganz ohne Papier.«
»Du verstehst viel von der Kunst Asiens, aber, sei mir nicht böse, wohl nur wenig von unseren Geschäften. Der Mann vertraut mir, und ich vertraue ihm. Nur das gilt.« Gedehnt fügte sie hinzu: »Er wäre bald tot, wenn er es wagen würde, mich zu betrügen.«
Botho sah sich die Figur noch einmal genau an. »Der Preis ist zu niedrig.«
»Das Stück ist nicht massiv, nur vergoldet«, erklärte sie. »Aber du hast recht: Der Preis ist sehr niedrig. Schau, der Mann würde hier wohl kaum einen Käufer finden, der so verschwiegen ist, wie ich es bin, und der die Figur so weit fortbringt, wie ich es tue. Darum geht es.«
»Hast du das Stück für deinen Vater gekauft und – ist das Hehlerware?«
»Schon wieder so ein hartes deutsches Wort. Für mich sind das ganz normale Geschäftsbeziehungen. Nein, diesmal habe ich das Kunstwerk für Paolo Muskitus besorgt. Du kennst ihn, glaube ich. Er hat Geschäfte in Hamburg, Bonn und Düsseldorf. Wir beliefern ihn.«
Botho sah auf.
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