Diplomat Im Abseits
dich.«
»Hm, hm«, brummte Botho. »Jetzt keine Überraschungen. Dieser Tag und die nächste Nacht gehören noch uns. Ich lasse mich morgen direkt von hier zur Botschaft bringen. Mein Appartement liegt zu weit ab. Also genießen wir die Zeit. – Welche Strecke fliegst du?«
»Hamburg steht auf dem Plan. Wenn du an deinem Schreibtisch sitzt, bin ich schon airborn.«
»Und wann geht’s zurück?«
»Leider erst eine Woche später. Die Maschine wird in der Werft in Hamburg durchgecheckt. SAL hat einen Servicevertrag mit dem deutschen Unternehmen.«
»Eine so lange Trennung – soll das die Überraschung sein?«
»Aber nein, die liegt nicht in der Ferne, sondern ganz nahe, am Stadtrand auf dem Kliff. Meine Eltern möchten dich endlich kennenlernen und laden zu einem kleinen Essen ein. Sie erwarten uns in drei Stunden.«
»Aber…«
»Kein aber, die Nacht im ›Majestic‹ bleibt uns.«
»Aber ich muß mich entsprechend anziehen.« Aus Botho sprach der Diplomat. »Das schaffen wir nicht in der kurzen Zeit.«
»Unsinn – ganz leger, very informal. Der offizielle Teil kommt ja erst im Oktober. Meine Familie wird sich glücklich schätzen, wenn du zu uns gehörst. Das wird eine Feier! Es werden gewiß über dreihundert Gäste kommen. Ganz Swirnabad wird davon sprechen, daß eine Frau des Landes einen künftigen Botschafter heiratet.«
Botho strich gelbe Marmelade auf den Toast. »Wir sollten einmal über Geld sprechen. Meine Mittel sind beschränkt; das weißt du.«
Amara schüttelte den Kopf. »No, Sir. Darüber sprechen wir nicht, auch nicht im Kreis der Familie.« Undurchsichtig lächelnd fügte sie hinzu: »Wenn du deine Finanzen aufbessern willst, kannst du ohne Probleme jederzeit an meinen geschäftlichen Aktivitäten teilnehmen.«
Ein flaches weißes Haus am Kliff, exotische Bäume, duftende Blumen und seltene Sträucher im Garten, ein Rasen, wie er englischer nicht sein konnte, dazu die Brandung des Meeres und ein beständiger Wind, der durch die Blätter und Blüten strich – das war ein Paradies, das vom Elend der Großstadt nicht berührt wurde. Amaras Eltern und zwei jüngere Mädchen, noch nicht lange dem Kindesalter entwachsen, warteten vor dem Eingang. Sie waren europäisch gekleidet und trugen Jeans.
Botho von Campen registrierte die Ähnlichkeit der Töchter mit der Mutter und die rassischen Merkmale der Tagalen. Der Vater war sichtlich älter als seine Frau; er war groß gewachsen und hielt sich sehr gerade.
Amara nannte Bothos Namen und fügte hinzu: »Council lor of the German Embassy.«
Der Vater verbeugte sich. »Welcome to you; we are glad to make your acquaintance. Would you please come in.« Das Englisch klang etwas nach Lehrbuch, wurde aber fließend gesprochen. Es war in diesen Kreisen die Umgangs- und Handelssprache; für einen Kunsthändler ein unabdingbares Muß.
Im Salon, groß und hell und mit bequemen Möbeln ausgestattet, stand vor der rückwärtigen Bastwand eine chinesische Lacktruhe, verziert mit Gold- und Silbermalereien und eingearbeiteten Specksteinfiguren. Darüber ein schwarz lackierter Hängeschrank mit Perlmuttintarsien; in den Fächern edelsteinbesetzte Tierminiaturen aus Gold. Die Tonfigur eines Kriegers erinnerte an die Ausgrabungsfunde in X’ian.
Die Wand gegenüber zierte ein aus Rosenholz geschnitztes Pfauenfenster. Das heilige Tier des Hindukönigreiches Nepal spreizte lockend sein Gefieder. Diese vollkommene Figuration mußte Tausende von Arbeitsstunden gekostet haben. Daneben sah ein schwerer Bronzebuddha meditierend ins Nichts. Seine linke Hand war friedvoll geöffnet, die rechte berührte die Erde als Zeichen des Mitleids mit der lebenden Kreatur.
Das Essen war einfach; bei der Unterhaltung wurden die üblichen Belanglosigkeiten ausgetauscht. Das Gespräch drehte sich um Wetter, Sport und Reisen; – Politik und Gesundheit waren ebenso tabu wie geschäftliche Angelegenheiten. Die beiden Mädchen gaben sich sehr zurückhaltend. Nur ihr Blick glitt hin und wieder von ihrer Schwester Amara zu dem Besucher. Auch die Mutter sprach wenig. Nachdem Amaras Entschluß, diesen Mann zu heiraten, vom Herrn des Hauses gebilligt worden war, stand es ihr nicht zu, weitere Fragen zu stellen. Der Fremde würde gewiß Unruhe in die Familie bringen; daß er Glück bedeutete, konnte sie nicht glauben.
8
Kommissar Freiberg hatte gemeinsam mit seinem Gruppenleiter den Chef der Bonner Kripo über die beiden Todesfälle informiert und besonders auf die
Weitere Kostenlose Bücher