Diplomatische Beziehungen (German Edition)
schon bald zum Aufbruch. „Herr Botschafter, wir werden Sie jetzt in Ruhe lassen. Ich bin sicher, dass Sie viel zu tun haben!“ Und zu seiner Frau: „Lass uns gehen, Clarice. Kannst du nicht sehen, dass diese Männer wichtige Angelegenheiten zu besprechen haben?“
Beide Männer sahen zu, wie das ältere Paar den Buchladen verließ. Lucas hörte Jack seufzen, sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, und legte eine Hand auf die seines Liebhabers. „Das war knapp.“
„Ich kann nicht glauben, was du gesagt hast. Streng vertraulich! Das klingt ja, als wären wir Spione“, antwortete Jack, dem man das Zittern beinahe ansehen konnte.
Lucas lachte. „Na ich konnte ihr nun wirklich nicht die Wahrheit sagen!“
Jack ließ den Blick durch den Laden schweifen, um sicherzugehen, dass sie nicht beobachtete wurden, doch dieser war leer. Und so legte er einen Arm um Lucas und zog ihn an sich. „Entschuldige, ich bin einfach nervös geworden.“
Lucas löste sich ein wenig. „Du weißt aber, dass man es uns nicht einfach ansehen kann, oder?“
Jack schloss die Augen, seufzte und lächelte. „Ja, ich weiß. Lass uns gehen.“
A UF dem „Grote Markt“ vor dem Rathaus war eine Bühne aufgebaut worden und eine große Menschenmenge lauschte einer ihnen unbekannten Musikgruppe. Da die Cafés um den Markt herum heillos überfüllt waren, kauften sie sich an einem der Stände Getränke und mischten sich unter die Leute. Die lebhafte karibische Musik brachte die Leute zum Mitsingen. Lucas erspähte eine etwas leerere Stelle in der Nähe eines der kleinen Bäume, die in Töpfen am Rand des Platzes standen, und nahm Jacks Hand, um ihn durch die Menge zu führen. Jack hatte das Gefühl, alle Augen wären auf sie gerichtet, doch als er sich umsah, wurde ihm klar, dass die Leute sie kaum beachteten.
Als sie den freien Platz in Besitz nahmen, stellte Jack außerdem überrascht fest, dass viele Paare die Arme umeinandergelegt hatten – und darunter nicht nur heterosexuelle. Bereits bei ihrem Spaziergang durch die Straßen hatte er händchenhaltende Männer gesehen. Er stellte sich ein wenig näher hinter Lucas, der vor ihm stand und der Band zusah, schlang die Arme um die Taille seines Liebhabers und hakte seine Daumen in den Hosenbund des jungen Mannes. Lucas lächelte und warf ihm über die Schulter hinweg einen Blick zu. Ein Stückchen von ihnen entfernt standen zwei Männer, die kein Geheimnis daraus machten, dass sie ein Paar waren und sich am Ende eines besonders romantischen Liedes sogar kurz küssten.
„Hier sind die Leute sehr tolerant, oder?“, flüsterte Jack in Lucas‘ Ohr.
„Oh, ich weiß nicht. Die Sonne scheint, es wird fröhliche Musik gespielt“, antwortete Lucas mit einem breiten Lächeln. Er schob sich ein bisschen näher, was Jack zusammenzucken ließ. „Keine Sorge“, flüsterte Lucas, „ich würde dich zwar gern küssen, aber ich weiß, dass das nicht geht.“
Jack lächelte schüchtern und fasste sich wieder. „Na ja, selbst wenn ich nicht verheiratet wäre, könnte ich mir nicht vorstellen, mich in den Staaten so zu verhalten.“
Lucas nahm wieder seine Position vor Jack ein und griff nach dessen Hand, um sie zurück um seine Taille zu legen. „Das hier ist auch schön und niemand kann es sehen“, flüsterte er nachdrücklich.
Jack entspannte sich. Die Menge war so dicht gedrängt, dass es nicht verdächtigt wirkte, wie nah sie zusammenstanden. Die meisten Leute schauten ohnehin auf die Bühne, und so konnte er Lucas‘ fantastischen Körper spüren, sein Shampoo riechen und auch das Grey-Flannel-Aftershave, das er aufgetragen hatte, kurz bevor sie das Hotelzimmer verlassen hatten.
„Sollen wir nicht ein bisschen früher essen und zum Hotelzimmer zurückgehen?“, schlug Lucas vor, lehnte sich ein wenig zurück und sah über seine Schulter.
So langsam kam Jack der Verdacht, dass der Brite seine Gedanken lesen konnte.
D AS kleine Restaurant, das Lucas ausgewählt hatte, befand sich in einer der Seitenstraßen an der Kathedrale. Aus der Küche wehte ihnen der Duft von Knoblauch und Koriander entgegen und es gab eine von in Töpfe gepflanzten Sträuchern umgebene Außenterrasse. Es war nur noch ein einziger kleiner Tisch in der Ecke frei, der die Männer dazu zwang, sich eine ziemlich schmale Bank zu teilen, was sie, so versicherten sie der Kellnerin, nicht im Geringsten störte.
Nachdem sie Falafel und Pita bestellt hatten, brachte die Kellnerin ihnen ein Tablett voller
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