Dirk und ich

schreien, weil jetzt das Plastik ganz laut knisterte, und Susanne schrie, o Gott, o Gott, jetzt kommt sie und frisst uns auf! Dirk fing an zu heulen, er hätte Angst und könnte sein Pipi nicht halten, und alle rannten wild im Dunkeln durcheinander und schrien um die Wette.
    Ich donnerte voll gegen eine Wand und sah lauter Lichtflecken, drehte mich im Kreis, machte ein paar Schritte und dann stolperte ich über irgendwas und fiel in den Wäschekorb, genau in die Käsesocken.
    Richard brüllte, wir sollten aufhören zu schreien, da wäre keine Leiche drin in dem Plastiksack, sondern Wäsche, aber es war mir egal. Auch Susanne und Dirk kreischten immer noch und ich versuchte gerade wie ein Verrückter den Deckel vom Wäschekorb über mir runterzuziehen, als die Kellertür aufflog und das Licht anging.
    Erst konnte ich gar nichts sehen, weil es plötzlich so hell war, aber nach zwei oder drei Sekunden erkannte ich Herrn Berger. Er stand in der Tür, mit einer echten Pistole in der Hand und schrie, Hände hoch, ihr Schweinebande, sonst puste ich euch die Birne weg!
    Susanne sagte, Scheiße, der Matscho, und wir rissen alle die Hände hoch und der Deckel vom Wäschekorb knallte mir auf den Kopf. Es krachte laut und ich erschrak zuTode, weil ich dachte, Herr Berger hätte einen von uns erschossen. Aber es war nur das Einmachglas gewesen, das Susanne gefangen hatte und das ihr jetzt runtergefallen war.
    Im nächsten Moment kam Luzy hinter Herrn Berger die Treppe runtergefegt wie der Blitz. Sie stürzte an ihm vorbei auf den Plastiksack zu und schnappte nach dem Ding, das da rausgefallen war. Und dann stellte sie sich in die Mitte des Kellers und wedelte mit dem Schwanz.
    Mann, war das ein Stunk!
    Herr Berger war total wütend und verpetzte uns natürlich, der Blödmann. Richard wurde von seinen Eltern für zwei Wochen das Fernrohr weggenommen und Papi und Mami waren stinksauer, weil Dirk und ich sie belogen hatten mit den Sternschnuppen, und Susannes Eltern auch. Alles war ganz schrecklich peinlich. Da war nämlich wirklich nur Wäsche drin gewesen in dem Plastiksack. Und Luzy hatte deswegen so verrückt gespielt, weil Herr Berger aus Versehen ihren Lieblingshundeknochen mit eingepackt hatte. Der war rausgefallen, als Richard den Sack aufgeschnitten hatte. Und Frau Berger war auch wirklich in Urlaub und überhaupt kamen wir uns alle ganz schön bescheuert vor.
    Obwohl, sagte Richard zwei Wochen später, als er sein Fernrohr wieder benutzen durfte und Dirk, Susanne und ich ihn besuchten, die Erwachsenen sind echt bescheuert! Statt sich zu freuen, dass die Kinder auf sie aufpassen, damit sie sich nicht gegenseitig umbringen, tun sie so, als wäre alles in Butter und als würden sie sich wer weiß wie gut miteinander vertragen. Dabei sind sie heimlich Matschos und verkloppen sich!
    Dirk sagte, genau, und mir ist es in Zukunft egal, ob die Großen sich abmurksen, weil, wenn sie sich gegenseitig ergiften oder verwürgen, dann sind sie sowieso nur ein bisschen schneller als die russische Grippe oder die Altersschwäche.

Feige Früchte und mutige Männer
    Draußen lag wieder Schnee. Es war schon ein Jahr her, dass wir das Altersheim besucht hatten, als ein paar Wochen vor den Weihnachtsferien ein Neuer in unsere Klasse kam. Und weil Richard Grippe hatte, verpasste er alles.
    Frau Weide, unsere Lehrerin, die sagte uns das schon ein paar Tage vorher, dass wir einen neuen Mitschüler kriegen würden und dass er ein Perser wäre und Bährus hieß.
    Jörg sagte, meine Mutter hat auch einen Perser, der liegt bei uns im Wohnzimmer und heißt Auge des Orients.
    Erst dachte ich, Jörg wollte uns veräppeln, aber Frau Weide erklärte uns dann, der Perser von Jörgs Mutter wäre ein Teppich.
    Es gibt nämlich verschiedene Teppiche aus der ganzen Welt, und wenn die aus Persien kommen, heißen sie Perser. Persien ist ein Land ziemlich weit weg, irgendwo neben Afrika. Es hieß nur früher so, heute heißt es Iran. Es gibt im Iran eine ganze Menge Wüste, Öl, feige Früchte und eben diese Teppiche und die sind total teuer, weil sie massenweise Knoten haben. Und die Leute, die in Persien leben, die heißen auch Perser, genau wie die Teppiche, aber ohne Knoten. Ist so ähnlich wie ein Hamburger, der kann auch aus Hamburg kommen und ist ein echter Mensch oder von McDonald’s, dann ist er hundert Prozent