Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
während Phil und ich warteten. Zwischendurch hielt uns Mal über die Fortschritte der Verhandlungen auf dem Laufenden, und nein, es sah nicht gut aus für Norwich. Mal wurde langsam richtig sauer auf seinen kleinen Bruder, und in seiner Verzweiflung schlug er sogar vor, ich sollte mal reingehen und Angus überzeugen, dass er langsam mal den Arsch hochkriegen musste. Phil brach in lautes Lachen aus. Das war wirklich eine absurde Vorstellung.
Aber andererseits liebe ich Herausforderungen, also trabte ich die Treppe hinunter, klopfte an Angus’ Tür und spähte in das dunkle Zimmer. Es stank nach Kotze. Bevor ich ihm eine Tasse Tee anbieten konnte, hörte ich ein leises Wimmern: „Verpiss dich.“ Na ja, dachte ich, man kann’s ja trotzdem mal probieren.
„Hey Angus, wie wär’s mit einer …“
„VERPISS DICH!“
Das reichte mir. Ich berichtete Mal und Phil, dass wir wohl am besten in Erwägung zogen, den Gig zu streichen. Aber irgendwann gelang es Mal dann doch, Angus auf die Beine zu bringen und ins Auto zu schaffen, und Phil raste mal wieder im besten Tiefflieger-Modus mit uns nach Norwich. Angus war völlig grün im Gesicht und sprach auf dem ganzen Weg kein Wort. Und so blieb es, bis wir auf die Bühne gingen. Dann begann ich mit dem Bass-Intro von „Livewire“, wir legten los und Angus stieg voll ein. Ihm war kotzübel, aber er ließ es genauso krachen wie immer. Er war voll in Fahrt. Der durchgedrehte Schuljunge mochte ja den ersten Startschuss verpennt haben, aber wegen ihm ein Konzert abzusagen – das kam nicht in Frage.
Die Dirty Deeds -Tour führte weiter nach London, wo wir dieses Mal nicht im Hammersmith Odeon spielten, sondern am 11. März im Rainbow in Finsbury Park. Das Konzert war gut besucht, aber nicht ausverkauft. Und aus irgendeinem Grund ging das Publikum zwar gut mit, rastete aber nicht so aus, wie wir es erwartet hatten. Wir kämpften mit ein paar technischen Problemen, und das kann jede Band ein bisschen aus dem Tritt bringen. Zusammen mit der zurückhaltenden Reaktion der Zuschauer sorgte das für eine leicht gedrückte Stimmung, und die war in der Garderobe nach dem Gig auch deutlich zu spüren. Es war mucksmäuschenstill.
Und in dieser Situation leistete ich mir noch einen Schnitzer. Es wäre schlau gewesen, bei den anderen zu bleiben und mit ihnen den Gig noch einmal Revue passieren zu lassen. Aber das tat ich nicht. Auf mich warteten in der Bar backstage noch ein paar Kumpels, die ich auf keinen Fall in die Garderobe holen wollte, solange dort diese Totengräberstimmung herrschte. Dass ich die Tür hart, laut und ein bisschen zu früh hinter mir zuknallte, hatte aber auch damit zu tun, dass ich bereits in der Woche vor der Rainbow-Show ziemlich unter Strom gestanden hatte.
Am 2. März 1977 war mein 21. Geburtstag. Eigentlich hätten wir ein Konzert in Swansea geben sollen, aber aus irgendeinem Grund war der Gig abgesagt worden. Die ganze Truppe, allen voran Coral Browning, organisierte daraufhin eine Überraschungsparty für mich in London. Am frühen Abend fingen sie mich ein, und Phil, Mal und ich suchten uns ein Taxi. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mit Mal schon ein bisschen was getrunken. Na gut, vielleicht auch ein bisschen mehr. Jedenfalls endeten wir, wenn ich mich recht erinnere, in irgendeinem deutschen Bierkeller in Maida Vale. Unsere Kumpels, die Müllmänner aus Barnes, waren da, außerdem Leute von der Plattenfirma, unsere Roadies, meine aus Amerika stammende Freundin Risa und ein paar andere Gestalten, die es geschafft hatten, die umfassenden Verteidigungsanlagen der Festung AC/DC zu durchdringen.
Der Abend ließ sich ganz gut an. Ich hasste Geburtstagsfeiern, und seit ich in der Band war, hatte ich es erfolgreich geschafft, ihnen aus dem Weg zu gehen. Bis heute finde ich es grässlich, wenn sich Leute vor mir hinstellen und „Happy Birthday“ grölen. Gewöhnlich sage ich dann, wenn mir jemand etwas vorsingen will, dann doch bitte die Vereinshymne vom Carlton Football Club. Seit Jahren suche ich nach einer Erklärung für dieses Phänomen. Das einzige, was mir einfällt, ist eine Geschichte, die sich ereignete, als ich drei Jahre alt war und wir den achten Geburtstag meiner Schwester Judy feierten. Am nächsten Morgen entdeckte ich die Reste von ihrer Geburtstagstorte oben auf dem Kühlschrank, und mir kam die Idee, eine Geburtstagsparty für mich selbst zu veranstalten. Ich kletterte auf einen Stuhl und zündete die Kerzen an, leider aber die vorderen
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