Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
dem Klavier aufgebaut, gegenüber der Wand mit den Graffiti, und er gab einfach alles. Wir nahmen ein paar Takes hintereinander auf, machten zwischendurch nur ganz kurz Pause, höchstens eine Minute, und legten dann wieder los. Wenn ich mich recht erinnere, dann entschieden wir uns später für die zweite Fassung. Generell kann nicht oft genug hervorgehoben werden, wie wichtig Phil für den Sound der Band ist. Ohne ihn klingen AC/DC für mich überhaupt nicht richtig. Aber ich bin natürlich ziemlich voreingenommen.
Der Druck, ein überragendes Album abzuliefern, war groß. Und Let There Be Rock bewies auf alle Fälle, dass wir uns deutlich verbessert hatten. Die Band hatte verdammt viel erlebt, seit Dirty Deeds Done Dirt Cheap entstanden war. Die Tourneen hatten uns verändert. Unser neues Equipment, die Marshall-Verstärker, sorgte zudem für einen kräftigeren Sound, und wir klangen aggressiver, gemeiner und definitiv auch lauter. Allmählich hörten wir uns so an wie die AC/DC, die man heute weltweit kennt. Der Sound war kantiger geworden, und AC/DC kamen insgesamt wuchtiger und härter daher.
Bis heute ist Let There Be Rock eins meiner liebsten AC/DC-Alben, gleich nach Powerage und meiner unübertroffenen Nummer 1, Highway To Hell . Bei allem Respekt für Brian Johnson ziehe ich die frühen Alben mit Bon deutlich vor. Die einmalige Klangfarbe seiner Stimme und seine Texte – er war einfach dazu geboren, bei AC/DC zu singen.
Am 30. Januar unterbrachen wir die Aufnahmen bei Alberts und begaben uns anderthalb Kilometer weiter westlich zur George Street, der Hauptschlagader von Sydney, für einen Headliner-Auftritt beim Festival Of Sydney auf dem Haymarket. Es war einer jener Gigs der „Giant Pain In The Arse“-Tour, der in Ton und Bild festgehalten wurde. Uns hatte bei einzelnen Konzerten ein komplettes Kamerateam unter der Leitung von Russell Mulcahy begleitet, einem aufstrebenden Regisseur, der später unter anderem Highlander drehte (und Videos für Duran Duran, aber das wollen wir ihm an dieser Stelle mal nicht vorwerfen). Er und seine Crew produzierten Stunden von Material, sie filmten uns backstage, on the road und auf der Bühne. Später saßen wir dann einmal in einem Studio in North Sydney zusammen und sahen uns den „Rohschnitt“ einer Doku an, die Russell zusammengestellt hatte. Der Film liegt sicher noch irgendwo in einem Archiv.
Let There Be Rock , das neueste „Zwei-Wochen-Wunder“ von AC/DC, wurde den erfahrenen Händen von George und Harry zum Abmischen überlassen. Uns standen noch einige Gigs bevor, bis wir wieder aus Australien würden abhauen können – und genauso sahen wir die Sache inzwischen. Wir hatten das Gefühl, als hätten wir in Europa und letztlich auch in den USA noch etwas zu erledigen, und dem wollten wir uns lieber früher als später widmen. Ich jedenfalls brannte darauf, endlich nach Amerika zu reisen.
Am 12. Februar spielten wir in Adelaide und am 13. im Perth Entertainment Centre. Nun bekam auch Bon endlich die Gelegenheit zu einem lange überfälligen Besuch bei seiner Familie. Dabei stellte er seinen Eltern auch Silver vor, die inzwischen zu uns gestoßen war und auf der Tour mitreiste. Chick und Isa Scott waren sicher überglücklich, Ron, wie er innerhalb der Familie noch immer genannt wurde, wiederzusehen, aber ich frage mich, was die beiden wohl über Silver dachten. Wahrscheinlich war es ihnen vor allem wichtig, dass ihr Ron glücklich war, soweit sich das mit den Vorstellungen von Ordnung und Anstand vereinbaren ließ, die man in einer biederen schottischstämmigen Familie pflegte. Isa machte jedenfalls deutlich, dass es ihr sehr lieb wäre, wenn ihr Ältester auch einmal ein paar „nettere“ Texte schriebe.
Mit dem Gig in Perth verabschiedeten wir uns einstweilen von Australien. Es war eine gute Show, das Publikum war begeistert und die Band rockte, vielleicht auch angefeuert von dem Bewusstsein, dass diese letzte Tour, die unter einem so schlechten Stern gestanden hatte, nun endlich vorüber war. Das Konzert blieb mir sehr in Erinnerung. Wie spielten das gerade erst frisch aufgenommene „Dog Eat Dog“ als Zugabe, und ich langte richtig hin und zertrümmerte den geliehenen Bassverstärker, der mit Schwung umkippte, was Angus sehr amüsierte. Der Tourmanager unseres Veranstalters, Ian Smith, war allerdings weniger begeistert.
Als ich von der Bühne ging, nahm mich Ian unversehens in den Schwitzkasten. „Dafür wirst du zahlen, du blöder Arsch!“,
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