Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
die Wartezeit bis zum neuen Album ein wenig zu verkürzen. Als wir uns dann an Dirty Deeds machten, gingen wir mit demselben Hochdruck an die Arbeit wie das letzte Mal: In der ersten Woche wurden die Songs mit George zusammen ausgearbeitet und die Backing Tracks eingespielt, in der zweiten Woche kamen dann die Gitarrensoli und der Gesang dazu.
George, Mal und Angus waren ein eingespieltes Team, gingen die Ideen am Klavier durch und feilten die Riffs zurecht, bevor wir dann die Grundlagen der Songs einspielten. Hier war George in seinem Element als AC/DC-Mentor, der die Band immer wieder zu Höchstleistungen antrieb und uns im Studio die richtige Richtung vorgab. Allmählich schälten sich immer mehr Tracks heraus. „Ain’t No Fun Waitin’ Round To Be A Millionaire“ fand ich von Anfang an großartig, und der Track ist immer noch ein richtiger Kracher. Schon allein, wie es kurz vor Schluss noch einmal richtig losgeht, ist brillant. Mal ließ sich dabei von Ike & Tina Turners Fassung von „Proud Mary“ inspirieren. Bei den Texten hielten wir auch an der erprobten Vorgehensweise fest, Bon in der Küche einzusperren und erst wieder rauszulassen, wenn er ein paar neue „dirty ditties“ auf der Pfanne hatte. Bei „Ain’t No Fun“ zeigte er sich besonders lakonisch, während „Ride On“ wohl zumindest zur Hälfte autobiografisch war. Es ist durch und durch Bon, der einen großartigen, gradlinigen Blues ablieferte.
Als wir uns einmal richtig festgefahren hatten und uns partout nichts mehr einfiel, ging George in den Raum mit den Verstärkern, hängte sich meinen Gibson-Ripper-Bass um und spielte einen Shuffle. Und das gab uns wieder einen Energiestoß, wir fingen an zu jammen, und daraus entwickelte sich schließlich „There’s Gonna Be Some Rockin“. So war George, er gab den Ton an, wenn es sein musste. Ich dachte immer, dass es für Malcolm und Angus sicherlich großartig und aufregend war, so eng mit George zusammenzuarbeiten und diese Einheit unter den drei Brüdern zu spüren – na ja, zumindest meistens. Ich beneidete sie schon ein wenig um diese Beziehung, egal, wie schnell sie miteinander in Streit geraten konnten.
„Problem Child“ war ein weiterer Killertrack auf Dirty Deeds , der dann auch zu den drei Titeln dieser Platte zählte, die während meiner Zeit bei AC/DC live gespielt wurden (die anderen waren „Dirty Deeds“ und „Jailbreak“). Es war schon komisch – es gab so viele großartige Songs auf diesem Album, die es nie ins Live-Programm schafften. „Ride On“ wäre mit Angus’ wehklagendem Solo beim Publikum sicher großartig angekommen, fand aber in den halbstündigen Vorprogramm-Sets, die wir in Europa ablieferten, einfach keinen Platz.
Für mich war es die Erfüllung eines lang gehegten Traums, ins Ausland zu reisen – noch dazu mit einer Band, an die wir alle glaubten. Dabei war ich felsenfest davon überzeugt, dass ich mit AC/DC eine echte Perspektive hatte und langfristig dabei sein würde. Rückblickend hätte ich meine Vorstellungen vielleicht einmal mit den Jungs besprechen sollen. Aber egal – der Ausflug nach Übersee war für mich ein einziges Abenteuer. Vor allem war ich neugierig auf London, während Malcolm, Angus und Bon sich bestimmt darauf freuten, nach Schottland, in ihre alte Heimat, zu reisen. Aber bei AC/DC galt es als uncool, seine Begeisterung zu sehr zu zeigen, und von daher hielt auch ich mich vornehm zurück. Wir alle betrachteten diese Reise einfach als den nächsten, logischen Schritt, auch wenn ich innerlich vor Aufregung ganz kribblig war.
Wir hatten keine Ahnung, was uns bevorstand, und wussten eigentlich nur, dass wir noch einmal ganz unten anfangen müssten. Aber davor hatten wir keine Angst; die Rolle des Underdogs stachelte uns lediglich zu neuen Höchstleistungen an. Und was war das für eine großartige Gelegenheit, durch Europa zu reisen, als Teil einer angesagten Band. Das hört sich heute natürlich verdammt arrogant an, aber so empfand ich es damals: Ich war überzeugt, dass es uns immer, egal unter welchen Umständen, gelingen würde, die Leute zu überzeugen. Natürlich waren wir eingebildete kleine Drecksäcke – na und? Wir brauchten nur ein paar Shows vor den richtigen Leuten, dann würde die Maschinerie der Musikindustrie schon wie von selbst ins Rollen kommen. Mit dem Trip nach Europa begann die nächste wichtige Phase für die Band. Und auch mir persönlich standen ein paar interessante Erfahrungen bevor.
Meine Familie
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