Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
freute sich für mich. Es gab zwar keine große Verabschiedung, aber wir trafen uns bei mir zu Hause auf einen Lammbraten und ein paar Drinks. Das war keine große Sache, nur eine kleine Familienfeier. Und auch in der Presse wurde kein großes Aufhebens von unserem Aufbruch gemacht, so wie es zur Haltung von AC/DC passte: Immer schön den Ball flach halten. AC/DC gingen stets mit Understatement vor: Ankommen, loslegen und hart zuschlagen. Wir machten keine Gefangenen.
Meine Kumpels waren natürlich beeindruckt, aber einige waren auch ein bisschen verschnupft darüber, dass sich ihre Freikarte für Auftritte und Clubs nach London verpisste. Natürlich ging es dabei nicht nur darum, umsonst in ein Konzert zu kommen – ihr Liebesleben hatte sich beträchtlich verbessert, seit sie mit einer angesagten Band abhingen. Nun mussten sie wieder selbst auf die Pirsch gehen.
Dass ich das Land verließ, kam mir nebenbei bemerkt auch aus anderen Gründen sehr entgegen. In der Nacht vor unserer Abreise tigerte ein ziemlich großer und ausgesprochen erzürnter Ehegatte durch die Lobby unseres Hotels und brüllte: „Ich weiß genau, dass sie mit irgendeinem dieser kleinen Säcke da drin ist!“ (Damit hatte er übrigens Recht.) Blitzmerker, der ich nun mal war, hatte ich schnell gelernt, dass es immer gut war, dem Rezeptionisten eines Hotels ein großes Trinkgeld zu geben, weil der sich anschließend verpflichtet fühlte, lebenswichtige Informationen, die das eigene Wohlbefinden entscheidend beeinflussen konnten, zügig weiterzugeben. Ich konnte gar nicht schnell genug aus Australien rauskommen.
Der kleine Medienauflauf am Flughafen Sydney wurde von unseren Freunden von Countdown in Ton und Bild festgehalten. Mal und Phil brummten ein paar Sätze, sahen dabei aber ziemlich unbehaglich aus, und auch Bon hielt sich ziemlich zurück, als man ihn nach unserer „Flucht“ aus Australien befragte. Ich hielt die Klappe. Hinter mir lag eine schlaflose Nacht, in der ich mich um ein paar wichtige Dinge hatte kümmern müssen, die sich in letzter Minute ergeben hatten.
Als am späten Vormittag die Kameras anliefen, zuckte ich mit keiner Wimper. Bei den Aufnahmen, die ich von der Pressekonferenz gesehen habe, vermittle ich höchst erfolgreich den Eindruck, taubstumm zu sein. Einer der wenigen engen Freunde der Band, Ted Mulry, war vor Ort, um die Passanten spontan zu lautem Beifall anzufeuern, und als später ein kleiner Promo-Clip für Countdown gedreht wurde, schlich ich mich von hinten an ihn an und hob ihn mir auf die Schultern. Keine Ahnung, woher meine Superkräfte in diesem Moment kamen, vor allem, wenn man bedenkt, was für eine Nacht ich hinter mir hatte.
Am 1. April 1976 landeten wir auf dem Londoner Flughafen Heathrow. Der Flug – mit Zwischenstopps in Singapur, Hongkong, Bombay (dem heutigen Mumbai) und Bahrain – war extrem lang gewesen und hatte 36 Stunden und 45 Minuten gedauert. Wir flogen mit der indonesischen Airline Garuda in einer Boing 707, und von daher fühlte es sich an, als ob man anderthalb Tage in einem Viehwaggon verbracht hatte. Jedenfalls war auf dem Weg Zeit genug für gleich zwei Kater.
Als wir uns im Anflug auf Heathrow befanden, wartete ich gespannt auf den ersten Blick, den ich auf England würde werfen können, aber leider hing die typische dicke Wolkendecke über dem Land, bis sie sich für einen kurzen Moment teilte, um die Sicht auf die Tower Bridge und die Themse freizugeben. Es war ein phantastischer, beinahe surrealer Anblick, wie in einem Film. War das da unten wirklich echt? Ich stieß Phil an, der neben mir saß, aber bevor er den Kopf zum Fenster wandte, hatten sich die Wolken schon wieder geschlossen und die Tower Bridge verschluckt. Aber Phils schnelle Reaktion zeigte deutlich, dass er genauso gespannt war wie ich und auf keinen Fall etwas verpassen wollte.
Wir alle warteten ungeduldig auf das Ende unseres Fluges – wir wollten endlich da sein und mit der Arbeit anfangen. So tickte die Band damals eben: Arbeiten, arbeiten, arbeiten, und wenn wir mal nicht arbeiteten, dann bereiteten wir uns darauf vor, wieder loszulegen. Das galt vor allem für Angus. Zwar war Malcolm der Kapitän unseres Schiffes und sagte, was gemacht werden sollte, aber Angus lebte und atmete nur für die Band und für seine Gibson SG. Seine Bedürfnisse waren ziemlich schlicht: Seine Gibson und AC/DC (das gehörte sowieso zusammen), Zigaretten der Marke Benson & Hedges, Tee, Schokolade und Spaghetti Bolognese –
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