Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
Man, wo wir ein Konzert im Palace Lido gaben. Auf der Reise dorthin lernte ich zweierlei: Eine Fahrt mit der Fähre über die Irische See ist selbst bei mildem Wetter eine ziemlich raue Angelegenheit, und die Katzen auf der Isle Of Man haben keinen Schwanz. Wieso eigentlich nicht, verdammt noch mal?
Die Gigs der Daughters -Tour waren insgesamt gut besucht, mit nur ein oder zwei kleinen Ausreißern. Bei der Show in Liverpool am 19. Juni verloren sich vielleicht um die 150 Leute in einem großen, alten, knirschenden „Stadion“, das uns an das alte Sydney Stadium an der Rushcutters Bay erinnerte. Dennoch, als wir auf die Bühne gingen, rockten Bon und Angus wie immer so ab, als sei der Laden komplett ausverkauft und die Leute würden die Türen einrennen, um noch reinzukommen. Am Schluss von „Baby Please Don’t Go“ hatten wir alle Anwesenden restlos überzeugt, jedenfalls der Reaktion zufolge. So lief das bei AC/DC – rausgehen, richtig einsteigen und auf diese Weise eine treue Fan-Gemeinde aufbauen.
Einen weiteren Durchhänger gab es am 23. Juni in der Brangwyn Hall in Mumbles bei Swansea. Dabei machten wir es genauso wie in Liverpool – die Maxime von Bon und Angus lautete, rausgehen und es richtig krachen lassen, und wir anderen machten es ihnen nach. An diesem Abend in der Brangwyn Hall gab es Seelen, die bekehrt werden mussten, und sie wurden bekehrt, mit einer Erfolgsquote von hundert Prozent. An diesem Abend gewannen AC/DC fünf neue Fans in Swansea.
Der Höhepunkt der Tour war ein Konzert am 7. Juli in London, unser erster richtig großer Gig in der Entertainment-Hauptstadt. Schon am späten Nachmittag fanden wir uns im Lyceum Theatre ein, um Soundcheck zu machen und die Atmosphäre in der Halle auszutesten. Die Crew baute routinemäßig das Equipment auf. Wir hatten acht Roadies, darunter Aussies wie Ralph und Herc, der uns als Lichttechniker der Firma ESE vermittelt worden war, von der wir auch unsere Anlage geliehen hatten. Für den Gig im Lyceum hatten wir unser Equipment noch zusätzlich verstärkt. Als wir dort ankamen, herrschte geschäftiges Treiben, um unseren ganzen Kram für den Soundcheck vorzubereiten. Herc hängte die Scheinwerfer auf, um die Bühne richtig auszuleuchten, und befand sich dafür in einem kleinen hydraulischen Arbeitskorb zehn Meter über der ohnehin schon hohen Bühne, die noch einmal zwei Meter höher war als der normale Zuschauerraum. Er war bemüht, alles möglichst schnell fertig zu bekommen. Angesichts der Tatsache, dass er mit Starkstrom arbeitete, war Eile allerdings wohl keine so gute Idee.
Ich stand gerade mit Phil vorn an der Bühne, als ein Blitz die Halle erhellte und ein lautes Krachen ertönte. Der Steiger, mit dem sich Herc zum Scheinwerfergerüst emporgehievt hatte, kam ins Wanken und kippte von der Bühne. Herc hatte einen enormen Stromschlag bekommen, war aber glücklicherweise noch genügend bei sich, um sich beim Sturz den Kopf zu schützen. Er riss sich beide Arme vors Gesicht, aber als er mit voller Wucht auf den Hallenboden krachte, war der Aufschlag dennoch zu heftig. Sein Kopf schob sich nach vorn zwischen die Arme, und mit einem Geräusch, bei dem einem übel werden konnte, schlug er mit dem Gesicht voran neben Phil und mir auf.
Scheiße! Ich war fest davon überzeugt, dass unser Lichttechniker tot war. Herc konnte das unmöglich überlebt haben. Er war wirklich mit dem Gesicht auf den harten Holzfußboden geschlagen, lag bäuchlings da und rührte sich nicht. Doch dann ertönte ein Stöhnen, ein gurgelndes, schreckliches, gequältes Stöhnen, über das wir trotz allem überaus froh waren. Herc war noch bei uns. Wie und warum, das kann ich nicht sagen, aber glücklicherweise war es einfach so. Es sagt viel über die Mentalität der Band, dass niemand von uns Herc im Krankenhaus besuchen ging. Das letzte Mal, dass ich ihn sah, war in der Halle, wie er bäuchlings auf dem Boden lag. Aber die Show musste weitergehen, und das tat sie auch. Es war ein angemessener Abschluss der Lock Up Your Daughters -Tour, und das in verschiedener Hinsicht, nicht nur für Herc, sondern auch für mich.
Sounds hatte für uns während dieser Tour einen Wettbewerb veranstaltet, bei dem wir den „bestgekleideten Schuljungen“ suchten, und einmal war dabei tatsächlich ein ziemlich haariger Typ als Schulmädchen aufgetaucht. Zum Gig im Lyceum hatten die vorwitzigen Sounds- Kollegen alle möglichen Leute eingeladen, von Bob Dylan über Rod Stewart bis zu Mick Jagger.
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