Dirty Talk
wenigstens so viel Feingefühl, nicht den Versuch zu unternehmen, mich zu trösten oder zu streicheln. Er stand einfach wartend neben mir, bis ich mich ausgeweint hatte und schwarze Streifen von meinem Augen-Make-up sein strahlend weißes Taschentuch versaut hatten.
„Unsere Geschichte?“, fragte ich. „Nein, nicht unsere Geschichte. Es war die ganze Zeit nur deine. Du warst der Geschichtenerzähler, aber das habe ich nicht gesehen. Ich war nur ein … ja, ein Ding, das du manipuliert hast.“
„Jo, tu das nicht.“ Er streckte jetzt doch die Hand nach mir aus.
„Also gut. Ja, sag mir doch, wie unsere Geschichte endet“, sagte ich. „Wir treffen uns am Dienstag um vier im Brown Palace Hotel in Denver. Keine Geheimnisse, keine Hintergedanken, keine Clowns, die aus irgendwelchen Kästen oder hinter Spiegeln hervorspringen. Nur du und ich. Und dann ist es ein für alle Mal vorbei.“
Ich drehte mich um und ging. Ich hoffte, dass er mir nicht folgen würde. Mit dem Fahrstuhl fuhr ich bis in die Küche, wo ich den Fahrdienst bestellte. Die Taubheit setzte wieder ein. Patrick war nirgends zu sehen, und ich fühlte mich ohnehin nicht stark genug, mich ihm zu stellen. Obwohl ich natürlich hoffte, dass er sicher nach Hause kam.
Die Nachtluft war eisig, die Sterne von Wolken verdeckt. Zu kalt für Schnee und so dunkel, ach so dunkel. Ich stieg in die Limo und wurde von drei Leuten begleitet, die ich aus dem Großen Saal kannte, an deren Namen ich mich aber nicht erinnerte. Sie nahmen kaum Notiz von mir, sondern kuschelten sich aneinander, flüsterten und küssten sich. Ich kroch förmlich in den Schalkragen meines Pullovers und lehnte meine Stirn an das kühle Glas. Die Arme legte ich um meinen Körper, um mich zu wärmen. Ich döste auf der Rückfahrt in die Stadt ein wenig und versuchte, das Stöhnen und Seufzen meiner Mitfahrer auszublenden.
Im Apartment brannte Licht. Patrick war also zu Hause. Ich schloss die Haustür auf und betrat das Haus, warf den Rucksack im Flur einfach auf den Boden. Es wäre schön gewesen, wenn Brady mir entgegengelaufen wäre, damit ich ihn hochheben und an mich drücken konnte. Sein weiches Fell und seine schnurrende, schwere Wärme könnten mich jetzt ein wenig trösten. Aber das Haus war verlassen und still.
Ich ging in die Küche und drehte den Wasserhahn auf.
„Du bist also nach Hause gekommen.“
Ich war so überrascht, Patricks Stimme zu hören, dass mir beinahe das Glas ins Spülbecken fiel. Ich hatte nicht mal bemerkt, dass er ganz still auf dem Fenstersitz saß und den treulosen Brady auf dem Schoß hatte.
„Warum sitzt du hier im Dunkeln?“, fragte ich vorsichtig. Ich hatte nicht erwartet, Patrick in meinem Teil des Hauses zu treffen, und ich hatte auf keinen Fall damit gerechnet, dass er so ruhig klang. Ich hatte Wut, Feindseligkeit und Härte erwartet. Ich streckte die Hand zum Lichtschalter aus.
„Mach das Licht nicht an.“
„Okay.“ Ich setzte mich mit dem Glas Wasser an den Küchentisch. „Wie bist du nach Hause gekommen?“
„Ich hab die Leute in der Küche gefragt, und sie haben für mich den Limousinenservice bestellt.“
„Ich bin froh, dass du gut heimgekommen bist.“
„Ich bin nicht sicher, ob ich das bin.“ Ich erschauerte. Seine Stimme klang so kalt … „Ich hatte ungeschützten Verkehr mit einer Frau, die mich in einen Sexklub eingeladen hat, ohne mir zu sagen, dass es sich um einen Sexklub handelt.“
„Es geht dir gut“, bekräftigte ich. „Ich …“
„Du scheinst dir da sehr sicher zu sein. Ich bin’s nicht.“ Er bewegte sich, und Brady sprang auf den Boden und trabte zu seinem Futterschälchen.
„Ich wusste nicht, dass sie uns zugesehen haben. Das schwöre ich. Ich wollte dich nicht reinlegen, Patrick.“
Daraufhin schwieg er lange. „Ich würde das so gerne glauben. Vielleicht kann ich das morgen. Keine Ahnung … Was hast du mir noch alles nicht über dich erzählt, Jo?“ Er gab mir keine Gelegenheit, darauf etwas zu antworten, sondern fügte noch hinzu: „Gute Nacht“ und verließ die Küche. In der Tür blieb er stehen. „Mit wie vielen von diesen Männern hast du geschlafen? Oder kannst du dich nicht erinnern?“
Und dann ging er und ließ mich sprachlos zurück. Die Gehässigkeit seiner Worte tat so weh, obwohl ich wusste, dass er recht hatte. Er hatte keinen Grund, mir zu vertrauen, vor allem keinen Grund, mir irgendwas von dem zu glauben, was ich zu meiner Verteidigung vorbringen konnte. So vieles blieb
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