Dirty Talk
Designerstücken bestand. So stellte man sich die Garderobe einer einstigen Debütantin in Dallas vor, die später einen Ölmagnaten heiraten würde, zu Zeiten, als Ölmagnaten noch richtig viel Geld machten.
„Darauf kannst du wetten. Hey, vielleicht kannst du ihn ja einladen, sich zu dir zu setzen, während du auf Sendung bist.“
Ich glaube nicht. „Vielleicht.“
Wir plauderten noch ein bisschen. Wie so oft in den letzten Wochen musste ich ihr versichern, dass mein Leben ohne Hugh genauso rund lief, wie man es erwarten durfte. Erst nachdem ich aufgelegt hatte, fiel mir ein, dass ich ihr gar nicht von dem irischen Spannerkobold erzählt hatte. Wie schade! Sie hätte die lustige Seite der Geschichte zu würdigen gewusst. Andererseits hätte ich dann auch zugeben müssen, dass ich den schrecklichen Fehler begangen hatte, Hugh noch mal aus der Hose schlüpfen zu lassen.
Und das wiederum erinnerte mich daran, dass ich schon bald eine Entscheidung treffen musste, ob ich das Apartment vermieten wollte oder nicht.
Darum wollte ich mich später kümmern. Ich jagte noch eine E-Mail an die Personalplanerin raus mit der Frage, ob für Freitag ein Volontär als Ersatzsprecher zur Verfügung stand. Dann schaute ich auf die Uhr. Es war noch eine halbe Stunde, bis Scheherazade zu Ende war.
Er rief hoffentlich bald an.
Ich ging durch die Räume des Senders und überprüfte, ob alle Lichter aus waren und die Tür nach draußen verschlossen war. Jason und alle anderen waren inzwischen gegangen. Ich kehrte in mein Studio zurück. Dieser stille kleine Raum mit den weißen Wänden und CD-Regalen, der glänzenden Konsole und den Monitoren war für die nächsten Stunden der Mittelpunkt meiner Welt.
Als das Telefon endlich klingelte und auf dem Bildschirm „Anrufer unbekannt“ aufblinkte, ließ ich es fünfmal läuten, obwohl ich den Radiosprechern immer einschärfte, sie müssten auf jeden Fall nach höchstens zweimal Klingeln drangehen; die einzig akzeptable Entschuldigung war natürlich, dass man gerade auf Sendung war.
Ich nahm den Hörer und meldete mich betont müde.
„Jo?“ Da war die Stimme. Tief und warm.
„Ja?“ Ich tat so, als wüsste ich nicht, wer am anderen Ende der Leitung ist. Mein Inneres schmolz bereits dahin, und meine Nippel drückten sich hart durch den Stoff meines T-Shirts.
„Das ist eine wundervolle Aufnahme.“
„Schön, dass sie dir gefällt.“ Ich fühlte mich irgendwie schüchtern, erregt und nervös. Dabei konnte ich sonst problemlos ganz entspannt zu Tausenden Zuhörern sprechen. Aber jetzt wünschte ich mir einfach, dass einer dieser Zuhörer mir versicherte, dass ich in seiner Gegenwart sicher und geliebt war.
Wir redeten eine Weile über die Musik. Als das silbrige Flötensolo mit seinem melodiösen Auf und Ab kam, schwiegen wir beide. Es war ein einfaches Motiv, das seine Magie niemals verfehlte. Danach diskutierten wir, ob dieser Part oder das Violinsolo, das für Scheherazades Stimme stand, uns mehr Schauer über den Rücken rinnen ließ.
„Hast du Tausendundeine Nacht gelesen?“, fragte er. „Nicht? Oh, die Geschichte ist einfach herrlich, Jo. Geschichten gewoben in Geschichten, die in weitere Geschichten gewoben sind. Es ist wie ein Irrgarten. Auch sehr erotisch, obwohl die früheren Übersetzer sie meist zensiert haben. Erst die letzten Übertragungen bleiben dicht am Original.“
Während er sprach, versuchte ich, seinen Akzent einzuordnen. Vielleicht Boston. Oder jemand, der lange in England gelebt hatte; er hatte diese knappe, präzise Sprache, und die Wortwahl ließ mich an ein Bostoner Blaublut denken … zumindest manchmal.
Wir schwiegen, und ich hörte bei ihm eine Bewegung. „Tut mir leid. Ich musste noch einen Scheit aufs Feuer legen. Heute Nacht ist es ziemlich kalt.“
„Ich wette, von da oben sehen die Pappeln sehr schön aus.“
Er lachte leise. So leicht ließ er sich nicht überrumpeln. „Ja, ich glaube, du hast während der letzten Musikpause erwähnt, dass sie bald ihre Blätter abwerfen. Netter Versuch. Wie geht es dir? Ich hoffe, der Scheißkerl Hugh hat dir nicht wieder Kummer bereitet.“
Ich erzählte ihm die Story von Hughs Besuch und vom Einfall des irischen Kobolds. Ich ließ hier und da ein paar Details weg – ich behauptete, er habe uns in flagranti erwischt und hörte, wie er auflachte.
„Was glaubst du, wie lange hat er dagestanden und euch beobachtet?“
„Ich weiß es nicht. Er hätte theoretisch von Anfang an dort stehen
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