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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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lagen. Grund genug, um an ihre Tür zu klopfen, was ich bisher höchstens ein- oder zweimal getan hatte, wenn ich ein bei ihr abgegebenes Päckchen abholen wollte.
    Sie öffnete die Tür und zog den Morgenmantel zu, obwohl es eine beinahe unangenehm heiße Nacht war. Ihre sonst so elegante Lockenfrisur sah zerdrückt aus.
    „Oh, hallo Miss Kavanagh.“ Sie blinzelte mich an, blass, aber lächelnd. „Was kann ich für Sie tun?“
    „Mir ist aufgefallen, dass Sie Ihre Mülltonne nicht an die Straße stelle?“, sagte ich. „Daher wollte ich nachschauen, ob es Ihnen gut geht.“
    „Ach, Sie sind ein Schat?“, sagte sie. „Ich leide in letzter Zeit ein wenig unter dem Wetter, das ist alles. Deswegen habe ich nicht die Kraft, den Müll hinauszubringen. Ich dachte, mein Sohn würde das für mich erledigen, aber …“ Sie zuckte mit den Schultern.
    „Wenn Sie mögen, helfe ich Ihnen sehr gerne.“
    „Ach Liebes, das müssen Sie wirklich nicht. Mark wird bald vorbeikommen. Diese Woche schafft er es bestimmt.“
    „Sind Sie sicher?“, fragte ich. „Es ist wirklich keine Mühe, Mrs. Pease. Morgen kommt die Müllabfuhr. Und es wäre doch wirklich schade, wenn Sie noch eine weitere Woche warten müssten.“
    Sie zögerte, dann nickte sie und trat zur Seite. „Wenn es Ihnen wirklich nichts ausmacht. Ich hoffe, dass Mark kommt, aber sicher weiß ich es eben doch nicht.“
    Ich hatte Mrs. Peases Haus noch nie betreten, aber es war geschnitten wie alle Häuser in diesem Block. Ich sah mich in ihrem kleinen, ordentlichen Wohnzimmer um, im Fernsehen lief eine alte Ratesendung. Spitzendeckchen lagen auf den Armlehnen des Sessels, und die gestrickte Decke auf der Couch erinnerte mich an meine Großmutter. Überhaupt erinnerte mich hier eine Menge an das Haus meiner Oma. Es war gemütlich und warm.
    „Kommen Sie rein, kommen Sie rei?“, sagte sie. „Der Küchenabfall ist dort hinten. Ich lebe allein und habe nicht viel Müll.“
    Sie führte mich durch den engen Flur in die Küche, die aussah, als wäre sie seit den Fünfzigerjahren nicht renoviert worden. Sie deutete auf einen Eimer in der Ecke.
    „Als die Kinder noch im Haus waren, mussten wir natürlich alle paar Tage den Müll rausbringen!“ Sie kicherte. „Das ist allerdings schon ziemlich lange her.“
    „Wie viele Kinder haben Sie?“ Ich nahm die Mülltüte aus dem Eimer und band sie zu.
    „Jetzt noch zwe?“, sagte sie. „Wir haben unsere Tochter 1986 bei einem Autounfall verloren. Aber ihre Kinder sehe ich noch gelegentlich. Sie gehen bereits aufs College. Ihr Vater hat vor vielen Jahren wieder geheiratet.“
    Ich legte eine frische Mülltüte in den Eimer und wusch mir die Hände über dem Waschbecken mit einer Seife, die nach grünen Äpfeln roch. „Und Sie haben einen Sohn namens Mark.“
    „Oh ja. Mein Mark. Und Kevin.“
    „Leben die beiden in der Nähe?“ Ich trocknete mir die Hände mit einem Küchentuch ab, und als ich mich umdrehte, sah mich Mrs. Pease so traurig an, dass ich auch traurig wurde.
    „Kevin nicht“, erklärte sie. „Und Mark lebt hier in der Stadt, aber … ich sehe ihn nicht so oft. Er ist sehr beschäftigt, mein Mark. Sehr, sehr beschäftigt.“
    Zu beschäftigt, um seine Mutter zu besuchen und sich darum zu kümmern, dass der Müll vor die Tür gebracht wird, dachte ich wütend. Doch in der nächsten Sekunde packte mich das schlechte Gewissen. Zumindest besuchte er sie gelegentlich. Dagegen war ich eine schreckliche Tochter.
    „Ich danke Ihnen, Liebes. Sie sind so hilfsbereit.“
    „Mrs. Pease, ich wohne direkt nebenan. Sagen Sie doch bitte einfach Bescheid, wenn Sie Hilfe brauchen.“
    Sie schüttelte den Kopf, ihr weißes Haar wirkte wie Watte. „Ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten, Miss Kavanagh.“
    „Es macht mir überhaupt nichts aus, wirklich.“
    Sie nahm eine kleine Dose mit Plätzchen aus einem Schrank. „Möchten Sie eines?“
    „Danke schön.“ Sie waren gut, noch ganz weich. „Ich kann leider nicht backen.“
    Sie gab ein trillerndes Lachen von sich. „Ach meine Liebe! Jedes Mädchen sollte backen können?“
    Ich knabberte an dem Plätzchen. „Meine Mutter hat sich nicht besonders für Hausarbeit interessiert.“
    Mrs. Pease litt vielleicht unter dem Wetter, aber ihre schnelle Auffassungsgabe schien davon nicht beeinträchtigt. „Sie sehen sie wohl nicht sehr oft, oder?“
    Ich verneinte und rechnete schon damit, dass sie mir Vorhaltungen deswegen machen würde, doch stattdessen seufzte sie

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