Dirty
ihren Wangen sehen, die sie mit Make-up abgedeckt hatte. Ich wusste nicht, wie alt sie war. Alt genug, um einen fünfzehnjährigen Sohn zu haben, aber vielleicht nicht viel älter als ich.
„Ja, er hat eine Menge Zeit bei Ihnen verbracht. Mit Ihnen.“ Mehr Rauch. Die lackierten Fingernägel passten zu ihrem Lippenstift, der knallrote Abdrücke auf dem Filter ihrer Zigarette hinterließ. „Ich kann ihn nicht dazu bringen, sein verdammtes Zimmer aufzuräumen, aber um bei Ihnen zu streichen, dafür hat er genug Zeit.“
„Das tut mir leid, Mrs. Ossley. Ich habe Gavin immer gesagt, dass er seine Pflichten zu Hause nicht vernachlässigen darf.“
„Nun, Miss Kavanagh.“ Sie betonte meinen Namen wie ein Schimpfwort. „Ich bin wahnsinnig froh zu hören, dass Sie sich um meinen Sohn sorgen, der für Sie die Drecksarbeit machen darf, aber ehrlich gesagt interessiert es mich nicht, ob Sie ihn bitten, ein braver Junge zu sein oder nicht.“
Noch immer begriff ich nicht, warum sie so wütend war. Vielleicht weil ich gesehen hatte, wie sie Bücher nach ihm warf, was mir an ihrer Stelle auch peinlich gewesen wäre.
„Ich war Gavin für seine Hilfe immer dankbar. Und ich wollte ihm auch etwas Geld dafür geben, aber er hat es nicht angenommen. Aber ich verstehe es durchaus, wenn seine Hilfe Ihnen nicht recht ist …“
„Ach, Sie verstehen?“ , schrie sie. „Ich bin mir sicher, dass Sie ihn gerne bezahlt hätten. Klar. Ja, auch darüber hat er mir alles erzählt.“
„Tatsächlich?“ Ich blinzelte, ahnungslos, worauf sie hinauswollte, aber mit einem Mal sicher, dass dieses Gespräch nicht gut enden würde. „Mrs. Ossley, bitte glauben Sie mir, ich mache mir einfach nur Sorgen um Gavins Wohlergehen. Ich glaube, da gibt es ein paar Dinge, die Sie wissen sollten …“
Wieder würgte sie mich ab. „Sagen Sie mir nicht, was ich über meinen Sohn wissen sollte?“
Mrs. Ossely trat einen Schritt auf mich zu, und ich wich einen zurück. Inzwischen stand ich eine Stufe tiefer, und sie war größer als ich, was sie nur noch mehr anzufeuern schien.
„Mrs. Ossley“, sagte ich bestimmt. „Ihr Sohn hat …“
Als ich Gavins blasses Gesicht erblickte, hielt ich inne. Das hier war vielleicht nicht meine Angelegenheit – aber war es nicht meine Verantwortung?
„Gavin verletzt sich selbst“, rief ich und reckte das Kinn vor. „Ich dachte, das sollten Sie wissen.“
„Ja, auch das hat er mir erzählt. Wie Sie ihn gebeten haben, sein T-Shirt auszuziehen. Wie kommen Sie darauf, einen Fünfzehnjährigen aufzufordern, sich auszuziehen? Können Sie mir das vielleicht mal erklären?“
Ihre unterschwellige Anschuldigung ließ mich weiter zurückweichen. Inzwischen war ich auf der untersten Treppenstufe angekommen.
„Ja, das würde ich gerne wissen“, rief sie. „Womit haben Sie all die Abende, die er bei Ihnen gearbeitet hat, bezahlt, na? Macht es Sie an, Kinder zu verführen?“
„Nein.“ Mein Hals war wie zugeschnürt. „Nein, nicht im Geringsten. So war es nicht.“
„Ach nein? Wie war es dann? Sie sind ein bisschen zu alt für Doktorspielchen, oder vielleicht nicht?“
„Mrs. Ossley, Sie missverstehen da etwas …“
Mrs. Ossley schien nie gelernt zu haben, dass es unhöflich war, andere zu unterbrechen.?“ Mrs. Ossley, Sie missverstehen da etwa?“ , äffte sie mich mit schriller Stimme nach. „Wollen Sie vielleicht behaupten, dass mein Sohn lügt?“
„Hat Gavin Ihnen gesagt, dass ich mich … nicht korrekt verhalten hätte?“
Nicht korrekt. Das beschrieb nicht mal im Ansatz, was es bedeutet hätte, wenn ich mich Gavin auf jene Weise genähert hätte, die sie andeutete. Ich versuchte, ihn anzusehen, doch er hatte sich nach oben verzogen.
Mrs. Ossley lachte grausam. „Er hat mir gesagt, dass Sie seine Hilfe für ein spezielles Projekt bräuchten. Dass Sie ihm etwas zu trinken angeboten hätten …“
Nun war es an mir, sie zu unterbrechen, Höflichkeit hin oder her. „Er hat gesagt, ich hätte ihm Alkohol angeboten?“
„Macht es Ihnen Spaß, Minderjährige zu verführen? Sie betrunken zu machen und sich dann vor ihnen auszuziehen? Jungs würden alles dafür tun, einen Blick auf nackte Titten zu werfen. Ich wette, Sie hatten eine Menge Spaß?“
Ihre Worte machten mich so fassungslos, dass ich nichts entgegnen konnte. Doch das hielt sie nicht davon ab, weiterzusprechen. Ihre Stimme wurde lauter und zerschnitt die warme Sommerluft.
„Bestimmt haben Sie gedacht, dass er einfach alles tun
Weitere Kostenlose Bücher