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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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weiter.
    Marcy versuchte meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber ich war damit beschäftigt, die Schachtel hin und her zu schieben, in der Hoffnung, dass der Blackjack von allein aufhören würde. Doch die Bewegung machte es nur noch schlimmer.
    Marcy begann lauter zu kichern. Die Kollegen sahen uns neugierig an. Mit verkniffenen Lippen schloss ich meine Finger um die Schachtel. Das Surren wurde lauter. Es klang wie ein ganzer Schwarm Bienen. Der Lärm zog nun sehr viel Interesse auf sich. Vor nicht allzu langer Zeit hätte mich eine solche Situation panisch gemacht. Diesmal aber war ich nur bemüht, mein Gekicher zu unterdrücken.
    Lance unterbrach seinen Vortrag. Ich schnappte mir die Schachtel und schüttelte sie heftig, was nur dazu führte, dass der Blackjack immer lauter ratterte.
    „Ein Geschen?“, erklärte ich über den Lärm hinweg. „Für eine Freundin. Eines dieser automatischen Spielzeuge …“
    Marcy brach in schallendes Gelächter aus und schlug auf die Tischplatte, was keine überraschende Reaktion von ihr war, niemand schien sich über sie zu wundern. Lachen ist aus irgendwelchen Gründen so ansteckend, dass sich kaum jemand dagegen wehren kann. Marcys Prusten mischte sich mit Brian Smiths' Gelächter und dem unterdrückten Schnauben von Walter Smith – bis alle in das Lachen einfielen, mich inbegriffen. Wieder schüttelte ich die Schachtel, und schließlich hörte das Surren auf. Ich musste noch heftiger lachen, weil keiner von den Kollegen wirklich wusste, was da aufgehört hatte. Nach weiteren fünf Minuten der allgemeinen Heiterkeit kümmerten wir uns wieder ums Geschäftliche. Lance beendete die Konferenz, alle standen auf, und ich nahm die Schachtel besonders vorsichtig in die Hand.
    „Elle, kann ich Sie kurz sprechen?“, fragte Lance, als der Raum sich leerte.
    Ich zögerte. Wir hatten eine wortlose Übereinkunft getroffen, uns möglichst aus dem Weg zu gehen. Sehr selten brauchte ich seinen Rat, und bei den jährlichen Bewertungsgesprächen bekam ich immer die beste Einschätzung und eine überdurchschnittliche Gehaltserhöhung. Dass er mich also nach dieser Konferenz zurückhielt, konnte nur bedeuten, dass er etwas Berufliches mit mir zu besprechen hatte. Dachte ich zumindest.
    „Klar.“ Ich lächelte ihm vorsichtig zu.
    Er wartete, bis alle gegangen waren. „Ich habe Sie noch nie zuvor so lachen sehen.“
    „Oh, das tut mir lei?“, antwortete ich nüchtern. „Das war unpassend. Entschuldigen Sie.“
    Lance schüttelte den Kopf. „Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass mir aufgefallen ist wie … Sie sich in den letzten Monaten verändert haben.“
    Ich zwang mich, nicht die Stirn zu runzeln. „Ach ja? Falls Sie mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind …“
    „Nein, Ell?“, unterbrach Lance mich sanft. „Sie machen Ihre Arbeit wunderbar. Die Klienten sind begeistert. Und wir sind vollkommen zufrieden mit Ihnen.“
    „Verstehe.“ Nickend gab ich vor, wirklich zu verstehen, obwohl ich keine Ahnung hatte, worauf er hinauswollte. Ich wurde nervös.
    Lance lächelte mich an. „Ich meine nur, dass Sie irgendwie … glücklicher wirken in letzter Zeit. Das ist alles. Wir freuen uns über glückliche Mitarbeiter.“
    Ich schob meinen Ordner von rechts nach links, um meine Hände zu beschäftigen. „Ich war immer glücklich darüber, hier arbeiten zu dürfen, Lance. Das müssten Sie eigentlich wissen. Triple Smith and Brown ist eine großartige Firma.“
    Er strahlte. „Wir tun unser Bestes. Aber es nicht nur das, Elle.“
    Mehr sagte er nicht, und das musste er auch nicht. Wir wechselten einen Blick, er sah als Erster weg, und ich verstand, was er meinte. Dieses Verständnis ließ meine Stimme weich klingen, als ich sagte. „Danke, Lance. Ja, ich bin sehr glücklich.“
    Er nickte energisch. „Gut, gut. Ich bin ausgesprochen froh, das zu hören.“
    Und ich freute mich, dass es ihm aufgefallen war. Mehr sagten wir nicht, denn das war alles, was wir zu sagen hatten. Ich sah ihm nach, als er vor mir das Zimmer verließ. Es gab tatsächlich Menschen, die sich für ihre Mitmenschen interessierten.
    Abends fiel mir auf, dass Mrs. Pease seit zwei Wochen ihre Mülltonne nicht an die Straße gestellt hatte. Das sah ihr überhaupt nicht ähnlich. Dass sie nicht verreist war, wusste ich, weil ich abends Licht in ihren Fenstern sah. Ich warf einen verstohlenen Blick in ihre Tonne und stellte fest, dass nur ein paar Blätter Papier auf dem Boden

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