Djihad Paradise: Roman (German Edition)
genommen übermorgen. Im Schlepptau hatte er eine Videokamera.
»Wir drehen jetzt ein Video«, sagte er.
»Ein Video? Wozu?«, fragte ich verblüfft.
»Stell dich nicht dumm. Dein Abschiedsvideo. Damit du der Welt zeigen kannst, dass wir bereit sind. Zu allem entschlossen. Dass mit Djihad Paradise zu rechnen ist. Auch im Westen. Sogar in Deutschland.«
Er drückte mir einen Zettel in die Hand.
»Lies es dir durch und sprich es dann in die Kamera«, sagte er.
»Brüder und Schwestern, wenn ihr dieses Video seht, werde ich, inschallah, nicht mehr unter euch sein. Und an die Bundeskanzlerin und den Außenminister: Ihr führt Krieg gegen die islamische Welt und deshalb bringen wir den Djihad jetzt auch in eure Länder. Wir sind keine Terroristen, sondern ihr seid die Terroristen. Ihr setzt Milliarden Euro ein, um den Krieg gegen den Islam zu führen und deswegen ist die BRD ein Kriegsgebiet. Ich bin das Schwert von Djihad Paradise und wir, wir sind das Schwert Allahs. Aber fürchtet nicht uns, fürchtet Allah, den Allmächtigen!«
Innerlich nickte ich. So, genau so war es. Ich blickte noch mal kurz in den Spiegel und strich mir die Haare zurecht. Dann blickte ich stolz in die Kamera, damit alle Welt es hören und sehen konnte, was wir zu sagen hatten und zu tun bereit waren. Gerade war ich glücklich. So richtig glücklich. Wahrscheinlich kann man es jemandem, der noch nie bereit war, für seine Überzeugung zu sterben, nicht erklären, wie berauschend es ist, zu wissen, dass man sein Ziel schon am übernächsten Tag erreicht haben würde. Und dieses glückliche Lächeln, genau dieses Lächeln nahm Saad auf, während ich den Text in die Kamera sprach.
Nach der Aufnahme zeigte mir Saad das Video noch mal und ich war begeistert. Es war fast dieses Lächeln, das ich auf den Shahid-Videos auf YouTube gesehen hatte.
Den nächsten Tag verbrachte ich mit Beten. Wirklich mit nichts anderem als Beten. Ich bereute meine Sünden und reinigte Körper und Geist. Rein wie ein neu gekauftes weißes Laken und klar wie ein Diamant wollte ich Djannah betreten. Und ich spürte, wie ich stärker und stärker wurde, weil Allah, der Allmächtige, mir Kraft, so viel Kraft schenkte.
Und dann war der Tag der Tage herangerückt. Ich hatte fantastisch geschlafen und fühlte mich frisch und erholt und war voller Tatendrang. Es waren nur noch vier Tage vor Weihnachten und es hatte frisch geschneit. Auch die Welt hatte sich gereinigt und sich mit einem feinen Weiß bedeckt. Der Imam verabschiedete mich und dann ging ich zu einer Privatadresse, die mir Saad genannt hatte. Ein Typ, der sich Gamal nannte, öffnete die Tür und lächelte mich erfreut an.
»Salam, Bruder. Es ist alles vorbereitet. Komm rein.«
Er komplimentierte mich in sein Wohnzimmer und seine Frau brachte uns Tee.
Auf dem Wohnzimmertisch lagen diverse Gerätschaften und als Gamals Frau wieder in der Küche verschwunden war, erklärte er mir alles. Zuerst deutete er auf ein Objekt, das dick mit Tape umwickelt war und aus dem ein paar Kabel ragten.
»Das ist der Sprengsatz, den wirst du dann als Sprengstoffweste tragen. Damit das Ganze noch effektiver wird und du noch mehr Kuffar erwischst, habe ich auch noch Nägel und Schrauben hinzugefügt.«
Dann erklärte er mir, wie man den Zünder bediente und gab mir ein Handy, über das er mit mir kommunizieren würde.
Ich trank meinen Tee aus, dann legte er mir die Weste an und ich zog meine wattierte Winterjacke darüber.
»Dann gutes Gelingen, Bruder«, sagte Gamal.
»Inshallah, Bruder«, antwortete ich und machte mich auf den Weg Richtung Alex. Ziel war der schweinchenrosa Einkaufstempel dort. Vier Tage bis Weihnachten. Perfekt. Die Bude würde überquellen. Ich beschloss zu laufen. Der Schnee war so schön. Und während ich einen Fuß vor den anderen setzte, sah ich wieder den Burak. Es war, als wollte er mir den Weg weisen.
Drei Monate war sie her, die Begegnung mit Shirin. Und mein Leben war ein Trümmerfeld. Vielleicht war es gut, dass Julian in Waziristan getötet worden war. So würde er wenigstens keine Unschuldigen töten. Aber irgendwie hatte ich bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich mit Shirin gesprochen hatte, die Hoffnung gehabt, ihn noch irgendwie davon abbringen zu können. Aber malesh. Das war vorbei. Doch nicht nur das. Ich hatte das Gefühl, dass auch mein Leben vorbei war. Inzwischen war ich neunzehn, und was schwärmten die Älteren immer davon, wie unglaublich und toll und großartig ihr Leben mit neunzehn
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