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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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völlig zugeknöpft und sprach nur das Nötigste. Eines Tages sagte ich zu ihm: »Bruder, du könntest dich ruhig ein wenig für mich freuen.«
    Murat sah mich lange an. Dann schluckte er, legte mir die Hand auf den Arm und sagte: »Ich freue mich für dich, Bruder, wirklich.« Ich hatte das Gefühl, dass seine Hand ein wenig dabei zitterte. Dann wandte er sich abrupt ab und ging weg. Ich verstand ihn nicht. Zwar glaubte ich ihm jetzt, dass er sich freute, aber seltsam blieb er trotzdem. Irgendwas lastete auf ihm, aber um keinen Preis der Welt wollte er mit mir darüber sprechen, obwohl ich ihn mindestens tausend Mal gefragt hatte.
    Ein paar Wochen später überreichte mir der Sheikh meine neuen Papiere, in denen das Foto eines verhärmt aussehenden Bartmonsters klebte, das zweifellos ich war, das mir aber gerade äußerst fremd erschien. Dieses Foto musste eines der Handyfotos sein, die er gemacht hatte. Außerdem drückte er mir ein paar Scheine in die Hand. Er wollte heute noch einmal in die Stadt fahren und Murat und mich mitnehmen. Ich verstand nicht, warum, aber Murat weigerte sich um jeden Preis, mitzufahren. Na, dann halt nicht. Wieder ging ich in den Telefonladen. Ich hatte Glück, Tom nahm gleich ab. Na ja, wo sollte er auch sein?
    »Julian! Neulich war plötzlich die Leitung unterbrochen.«
    »Ja, die Kohle hat nicht länger gereicht. Apropos Kohle, konntest du mir etwas beschaffen?«
    »Ja, deine Freundin hat mir fünfhundert Euro für dich gebracht.«
    Und da war er wieder. Dieser Stich in den Eingeweiden. Warum kümmerte es sie denn noch, was ich tat und was ich brauchte? Mir wurde schon wieder schlingpflanzengrün vor Augen, doch ich verscheuchte alle Satane, die mich in Versuchung führen wollten. Bald würde ich Shahid sein und so kurz vor dem Paradies würde ich mich nicht mehr ablenken lassen. Der Burak war schon gesattelt.
    »Kannst du gleich zu Western Union gehen? Ich komm nur alle paar Wochen in die Stadt und ich muss unbedingt mal wieder was Richtiges essen«, sagte ich.
    »Ja. In einer halben Stunde bin ich dort. Die Antwort ist Rachel.«
    Das hätte ich nicht gedacht, dass Tom in der Lage war, so schnell zu handeln. Ich lächelte. Vielleicht würde er sich ja doch noch einmal aufrappeln? Na ja, und wenn nicht, ich würde ihm auf jeden Fall die Tür zum Paradies öffnen. Good old Tom. Er würde gerettet werden.
    »Julian?«, fragte er.
    »Ja?«
    »Weißt du schon, wann du wiederkommst?«
    »Ja, bald«, sagte ich und legte auf.
    Danach schlenderte ich noch ein wenig in der Stadt herum und kaufte von dem Geld, das der Sheikh mir gegeben hatte, ein paar Vorräte und drei extragroße Tüten gelatinefreie Gummibärchen für Murat. Vielleicht würden die ihn ein wenig aufheitern? Seine Traurigkeit war ja echt krass und nicht zum Aushalten.
    Eine Stunde später stand ich dann am Western-Union-Schalter, legte meinen neuen Ausweis vor, sagte ›Rachel‹ und bekam den Gegenwert von fünfhundert Euro in Rupien ausbezahlt. Wow. Ein solch dickes Geldbündel hatte ich noch nicht mal in Ägypten in der Hand gehabt.
    Als ich ins Lager zurückkam, überreichte ich Murat die Gummibärchen. Er strahlte und der Inhalt der ersten Tüte war nach fünf Minuten alle. Aber lange hielt seine Freude nicht an. Schon am Abend war er wieder so still und in sich gekehrt, wie ich ihn überhaupt erst seit ein paar Wochen kannte. Und alles Fragen und Bohren half nicht.
    Ein paar Tage später verbreitete sich ein Gerücht wie ein Lauffeuer im Lager: Angeblich setzte die pakistanische Armee hier oben zu einer Säuberungsaktion an. Plötzlich herrschte große Aufregung und alle begaben sich in Gefechtsposition.
    Wir mussten keine drei Stunden warten, als unten ein winziger Punkt auftauchte, der eine große Staubwolke hinter sich herzog. Ich blickte durch mein Fernglas. Tatsächlich. Ein Jeep des pakistanischen Militärs. Ich gab den anderen ein Zeichen und legte die Ak-101 an. Nazir hantierte am Mörser herum, drückte plötzlich ab und wenige Augenblicke später war der Punkt in einer riesigen Explosionswolke verschwunden. Wir warteten, bis der Rauch etwas abgezogen war und blickten in unsere Ferngläser. Krass. Ein Schuss. Ein Treffer. Da unten regte sich nichts mehr. Ausgelassen tanzten wir herum. Den Armee-Kuffar, denen hatten wir es so richtig gezeigt. Was mussten sie auch bis hier in die Berge raufkommen? Doch während wir noch feierten, ertönte auf einmal ein Surren. Ein Surren, das ich inzwischen nur zu gut kannte. Mit

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