Djihad Paradise: Roman (German Edition)
ganze Zeit daran denken, was die Eltern dachten und dass sie mich nur für einen vollendeten Vollidioten halten konnten.
Endlich war es vorbei. Geschafft. Mir fiel tonnenweise Zeugs vom Herzen. Romea behauptete hinterher, dass ich mich wie ein echter Gentleman benommen hätte. Aber das, das hätte ich bemerkt.
Als Julian gegangen war, sah mich Pa besorgt an. »Und du bist dir sicher, dass er wirklich der Richtige für dich ist?«
Was sollte das denn heißen? Ich starrte Pa trotzig an und presste hervor: »Yepp.«
Pa wartete, dass da vielleicht noch mehr käme, aber es kam nichts.
Dann Gegenfrage: »Was ist das eigentlich für eine bescheuerte Frage?«
»Na ja, ich meine ja nur … Er hat schon einen etwas anderen Hintergrund als du …«
»Ach, er hat einen etwas anderen Hintergrund!«, ereiferte ich mich. »Ist er euch nicht gut genug, oder was? Ihr macht doch sonst immer auf so tolerant. Ja, er hat einen anderen Hintergrund. Na und? Jetzt könnt ihr mal zeigen, ob eure ach so tolle Toleranz nicht nur das übliche hohle Spießergelaber ist. Die armen Benachteiligten dieser Welt. Schlimm. Ganz schlimm. Aber lasst uns trotzdem eine möglichst hohe Mauer bauen, damit sie uns nichts wegnehmen und uns mit ihrer Armut nicht belästigen. So, ja? Ist das eure Art von Toleranz?«
Ich hatte die Arme verschränkt und starrte meinen Vater böse an. Pa warf Ma einen Blick zu. Und was für einen. Gerade fand ich es gar nicht mehr so schlimm, dass sie so oft nicht da waren. Auf solche Total-schweigendes-Einvernehmen-Blicke konnte ich nämlich gut verzichten.
»Ihr könnt Julian also nicht leiden, ja?«
»Aber Schatz, das hat doch überhaupt niemand gesagt.« Die Mutter-Behauptung.
»Julian ist ein netter Kerl, aber wir wissen wirklich nicht, ob er gut für dich ist.« Die Vater-Besorgnis.
»Ja. Bloß gut, dass ausgerechnet ihr glaubt zu wissen, was für mich gut ist. Weil ihr ja immer für mich da seid und mich soooo gut kennt. Euch kenne ich schon mein ganzes Leben. Theoretisch. Julian habe ich erst vor sechs Monaten kennengelernt. Und jetzt sage ich euch mal was: Er kennt mich schon tausendmal besser als ihr.«
Achtung, und jetzt der Tief-bestürzte-Eltern-Blick. Unser Kind ist ja so gemein zu uns.
»Und im Übrigen liebe ich Julian und ihr werdet das auch nicht ändern.«
»Wir wollen das ja auch gar nicht ändern. Wir machen uns nur ein wenig Sorgen, dass du da – in etwas reinrutschen könntest …«
Ich verdrehte die Augen. »Ja, ja, schon gut. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!«
Damit ließ ich sie einfach stehen und ging nach draußen. Julian hatte sich so angestrengt. Das mit den Blumen fand ich total süß. Aber meine Eltern waren manchmal solche Snobs und Hauptbedenkenträger.
Je länger ich lief, desto mehr schlug meine Wut in so eine Art Kloß im Hals um. Ich hatte mich eigentlich total auf diesen Tag gefreut. Es grenzte ja auch beinahe an ein Wunder, dass sie sich beide tatsächlich einen Nachmittag freigenommen hatten. Gleichzeitig! Und das nicht etwa an einem Sonntag, sondern an einem Samstag. Unglaublich. Aber irgendwie war die Kommunikation zwischen ihnen und Julian mehr als schwerfällig verlaufen. Es waren wohl echt zwei verschiedene Welten. Na ja, und als sich Julian dann auch noch verquasselt hatte und sagte, dass er die Schule jetzt endgültig geschmissen hat, da waren sie dann endgültig Erdmännchen-wachsam geworden. Wenn die wüssten, wie es in Julians Leben gerade wirklich aussah. Die würden mir glatt den Umgang verbieten. Es war ja auch wirklich alles eine große Scheiße. So ein Tanz-am-Abgrund-Ding. Dieser Typ da, dieser Ice-T, der würde niemals von ihm ablassen. Der verheizte Julian als Kanonenfutter und ging im Hintergrund ganz gelassen seinen anderen Geschäften nach. Julian war ihm doch egal. Jeder ist ersetzbar. Und was Julian so erzählte, schien es ja nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sie ihn schnappen würden. Julian musste hier weg. Abhauen. Das wär’s. Einfach irgendwohin trampen. Und sich dann so work-and-travel-mäßig durchschlagen. Abhauen – das war’s.
»Hi, kleines Meerungeheuer. Was gibt’s denn?«, legte Julian gleich los, als ich ihn anrief.
»Wenn ich abhauen würde, würdest du mitkommen?«, fragte ich ihn.
»Uff. Du willst abhauen? Wann?«
»Ja. Ich muss hier für eine Weile weg. Am liebsten gestern, hier erstick ich sonst noch. Was ist, kommst du mit?«
»Moment, Moment. Wo willst du denn hin?«
»Egal. Am liebsten ans Meer.«
»Du
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