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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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bin jedenfalls der Jens. Ihr könnt auch Huerdling zu mir sagen.« Er deutete auf ein blinkendes, LED-umrahmtes Huerdling-Schild und lachte. »Ist mein Spitzname. Eigentlich heiße ich Huerdler, aber die Kollegen nennen mich nur Huerdling. Na ja, inzwischen hab ich mich dran gewöhnt.«
    Und während er den schweren Motor startete, stellten wir uns vor.
    »Danke, dass du uns mitnimmst«, sagte Romea.
    Jens winkte ab. »Ach was, ich fahre die Strecke ja sowieso und bin froh, wenn mich jemand wach hält. Das ist ein Stress, sag ich euch. Wir müssen total auf Zeit fahren. Und dann sollen wir immer noch die Pausen einhalten.« Er lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. »Das ist völlig unmöglich. Entweder sind wir ausgeschlafen oder zu spät.«
    Nach einer kurzen Pause fragte er: »Und was habt ihr vor in Barcelona?«
    Ich zuckte bloß mit den Schultern und Romea antwortete: »Nichts. Wir wollen einfach mal sehen, was kommt.«
    Jens nickte anerkennend. »Ja, das ist immer die beste Art zu reisen. Sich einfach treiben lassen. Da erlebt man viel mehr, weil man dann für alles offen ist. Schade, dass das mit dem Trampen so aus der Mode gekommen ist. Ich mag das. Leute mitnehmen. Eigentlich darf ich das gar nicht, aber egal.«
    Jens winkte ab und machte sich an seinem Autoradio zu schaffen, und während aus den Lautsprechern eine Metalband auf ihre Instrumente einknüppelte, verschwand hinter uns Berlin in einem nieseligen Grau, das einem November alle Ehre gemacht hätte. Goodbye, dirty old town.
    Romea griff nach meiner Hand und in ihren Augen funkelte es. Wir dachten das Gleiche. Hier, irgendwo im Berliner Niemandsland, hatte sie begonnen. Unsere Zukunft. Alles konnte nur weniger grämlichgrau werden als Berlin. Überall war alles möglicher als dort.
    Nach knapp zweitausend Kilometern und vierundzwanzig Stunden Fahrt waren wir da. Jens ließ uns am Stadtrand raus.
    »Kann leider nicht in die Stadt reinfahren, aber ich denke, den Rest schafft ihr schon. Na, dann habt mal schöne Flitterwochen!«
    Wir bedankten uns und als er losfuhr, hupte er uns noch einmal kurz zu.
    Tja. Und da waren wir. Mitten im Gewerbegebiet. Mitten in der Nacht. Und die Innenstadt war noch ganz schön weit weg. Aber wir hatten es geschafft. Ice und die Bullen und mein altes Leben waren fast zweitausend Kilometer weit weg. Ich sah Romea an und sie mich. Und dann küssten wir uns an diesem Ort, der die besten Voraussetzungen dazu hatte, einer der zehn hässlichsten der Welt zu sein.
    Nach ungefähr tatsächlichen zwei und gefühlten zehn Stunden hatten wir es geschafft. Der Strand. Direkt unterhalb der Stadt. Wir ließen uns in den Sand fallen und machten uns über unsere letzten Vorräte her. Und ich schwöre, oller Dosenfisch hat mir noch nie so gut geschmeckt wie in diesem Moment.
    Das Meer brandete an den Strand und zog sich zurück, brandete erneut an, nur um sich wieder zurückzuziehen. Immer und immer wieder. Der Puls des Meeres.
    »Das ist fast wie in meinem Traum«, rief Romea, warf ihre Kleider von sich und stürmte ins Wasser, und ich – ich rannte hinterher. Eigentlich war es zu kalt zum Baden, aber uns, uns war nicht kalt. Über das Samtschwarz der Nacht breitete sich das tiefe Dunkelblau des ersten Morgens und in diesem Niemandsland zwischen Tag und Nacht liebten wir uns, als gäbe es kein Morgen mehr. Und als wir schließlich aus dem Wasser stiegen, da fühlten wir uns wie Götter einer neuen Welt, denn die Welt, die vor uns lag, die gehörte uns. Nur uns. Ganz allein.
    Ich wurde erst wach, als mich etwas in die Seite stupste. Verwirrt schlug ich die Augen auf und dachte, dass ich nur träumte, dass ich aufwachte, und es dauerte eine ganze Weile, bis ich begriff, dass ich tatsächlich mit Romea am Strand lag. Die Sonne stand schon ziemlich hoch.
    »Hast du denn keinen Hunger?«, fragte sie.
    Ich lauschte auf meinen Bauch, in dem mein Gedärm ärgerlich grummelte.
    »Doch. Ziemlich.«
    »Na denn. Vamos!«, rief Romea.
    Wir rafften unseren Kram zusammen und schlenderten den Strand entlang, bis wir ins Zentrum kamen und uns in einem der Cafés mit Strandblick niederließen.
    »Ich geb einen aus«, sagte Romea und bestellte die halbe Karte rauf und runter.
    Während wir über Churros und Crema Catalana herfielen, starrten wir aufs Meer.
    »Das ist das Leben, oder? Ich meine, so, wie es sein sollte«, strahlte Romea.
    Und ich, ich konnte gar nichts sagen, denn ich konnte überhaupt nicht glauben, dass das Leben so schön sein konnte

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