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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Schimmelpilz! Du bist ’n Pfundskerl!«
    Der Herr hatte sie erreicht. Seine Wangen waren rot vor Zorn, doch er sprach beherrscht und höflich. Nur dem Zucken um seine Mundwinkel war anzumerken, dass er den Frauen am liebsten den Kopf abgerissen hätte. »Meine Damen, ich muss Sie bitten, unser Haus umgehend zu verlassen. Dies ist keine öffentliche Galerie. Wir sind ein Industrieunternehmen. Die Ausstellung ist unseren Kunden vorbehalten.« Mit diesen Worten griff er Sina vorsichtig in die Armbeuge. Er wollte sie ganz offensichtlich ins Schlepptau nehmen und hinauskomplimentieren.
    Gabriele funkte dazwischen. »Moment mal, junger Mann. Nicht so hastig. Sie sprechen hier nicht mit irgendwem.«
    Der Herr war für den Augenblick konsterniert. Sina nutzte seine Unsicherheit aus: »Darf ich vorstellen: Gabi Doberstein. Meine Freundin ist eine namhafte Kunstsachverständige aus Franken.«
    Die Augen des Mannes fragten: Na und? Aber er war zu höflich, um die Frage tatsächlich auszusprechen. Statt dessen betrachtete er Gabriele nur prüfend. Die reagierte prompt, deutete mit dem abgespreizten kleinen Finger auf die Bilder und verzog das Gesicht. »Schimmel.«
    Der Herr im Anzug zuckte zusammen. »Sagten Sie eben …?« Er hatte sich von Sina abgewandt, die hinter seinem Rücken freche Grimassen zog und Gabriele aufmunternd zuzwinkerte.
    »Richtig. Dieses Bild ist eindeutig vom Pilz befallen. Sehen Sie hier«, präzisierte Gabriele. »Diese kleinen dunklen Flecken sind Warnsignale. Schlechtes Klima in Ihrem Foyer. Tödlich für Ölbilder. Ist die Klimaanlage vielleicht falsch eingestellt? Ein fataler Fehler.«
    Der Mann schien die schrecklichsten Sekunden seines Lebens durchzumachen. All seine Beherrschung war wie weggeblasen. Er wirkte völlig aufgelöst. Gabriele nutzte die Chance und setzte noch einen drauf: »Das sollten Sie unverzüglich Ihrem Chef melden. Vielleicht sind einige der Werke noch zu retten.«
    Der Aufpasser taumelte zurück. »Ich? Ich soll das dem Chef sagen?« Er geriet außer sich. Er blickte, wie einer, der gleich vors Exekutionskommando gestellt würde, durchfuhr es Sina. Der Mann sah sich Hilfe suchend um, schüttelte dann entschieden den Kopf: »Nein, das geht nicht. Sie müssen es tun. Sie müssen es dem Chef selbst sagen. Ich, äh, ich kann hier gar nicht weg. Ich muss auf meinem Posten, äh, bleiben. Sicher, ja. Ich muss bleiben und …«
    »Und aufpassen, dass nicht noch mehr Schimmel aufkreuzt, was?«, spöttelte Sina. Gabriele warf ihr einen finsteren Blick zu. Doch das wäre nicht nötig gewesen, denn ihr Gesprächspartner hatte Sinas Spitze gar nicht mitbekommen. Er eilte in Richtung Empfang, winkte den Frauen zu. Atemlos griff er zum Hörer des Haustelefons, tippte hektisch drei Zahlen ein. »Hier Behrens. Äh …«
    »Das ist sein drittes ›Äh‹ gewesen«, flüsterte Sina belustigt.
    »Äh …«, setzte der Mann fort. »Da sind zwei Frauen. Sachverständige. Wegen der … äh …«, er musste schwer schlucken. »Wegen der Gemälde. Sie wollen zum Chef. Sieht so aus, als ob die Bilder … äh … angegammelt wären.«
    »Sechs«, meinte Sina.
    »Bitte?«, fragte Gabriele.
    »Sein sechstes ›Äh‹.«
    »Folgen Sie mir«, sagte der Mann. Er wandte sich in Richtung Fahrstuhl. Sina bemerkte, dass sich auf seinem Hemd feuchte Stellen unter den Achseln gebildet hatten.

49
    Ein langer Flur, an beiden Seiten behangen mit aufwendig gerahmten Ölbildern. Allesamt Porträts, Bildnisse der Ahnen des Firmenbesitzers, auf der einen Seite. An der gegenüberliegenden Wand dagegen moderne Kunst, vorwiegend abstrakte Malerei.
    Dr. Walter Koenig eilte den Frauen bereits entgegen. Sina sah einen Opa auf sich zukommen: mittelgroß, dünnes, gelblich-graues Haar, Stirnglatze, starke Brillengläser in dunkelbraunem Hornrahmen. Koenig trug einen grauen, schlecht sitzenden Anzug, der seiner stämmigen Figur alles andere als schmeichelte. Darunter erkannte Sina einen beigen Rolli. Nicht eben der erfolgreiche Geschäftsmann, den sie erwartet hatte.
    Als ob Koenig ihre Gedanken erraten hätte, sagte er anstelle einer Begrüßung: »Verzeihen Sie meinen Aufzug. Aber im Grunde genommen bin ich heute überhaupt nicht hier. Urlaub. Ich war nur schnell im Büro, um einige Unterlagen zu sichten.« Er blickte den Frauen forschend in die Augen: »Was muss ich da hören? Meine Lieblinge, mein Leben!« Er deutete bei diesen Worten mit dramatischer Geste auf die im Flur hängenden Bilder und seufzte schwer.
    Sina musste

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