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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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hysterischen Verfolgungswahn zu verfallen.
    »Das Beste kommt noch«, höhnte Gabriele. »Da fängt die Alte zu allem Überfluss an, mich mit dem ollen Bernhard zu belästigen. Will mir ganze Romane von seiner Beerdigung erzählen. Als ob ich nichts anderes im Kopf hätte. Diese Klatschtante beharrt tatsächlich darauf, dass beim ollen Bernhard wer nachgeholfen hat.«
    Sina schwanden fast die Sinne: Ein Lkw, voll beladen mit Containern, scherte plötzlich aus und schwenkte auf ihre Fahrbahn. Gabriele trat auf die Bremse. Keine Wirkung. Ihr VW brach auf der regennassen Fahrbahn aus. Sina sah die in grellem Rot strahlende Heckleuchte des Lasters auf sich zukommen.
    »Verflixt!«, presste Gabriele heraus. Sie setzte auch den linken Fuß aufs Bremspedal.
    Sina krallte sich ins Polster ihres Sitzes. Zentimeter vor dem wuchtigen Heck des Lkw bekam Gabriele ihren VW wieder unter Kontrolle. Als wäre nichts geschehen, setzte sie in gleichem Ton fort: »Da lachen ja die Hühner! Beim ollen Bernhard soll wer nachgeholfen haben. – Obwohl, … wenn ich’s mir recht überlege. Wenn er jede Frau so unverschämt behandelt hat wie mich, dürfte es an potenziellen Mörderinnen nicht mangeln.«
    Sina gelang es, ihre Gedanken einigermaßen zu ordnen: »Moment. Langsam, langsam. Du wolltest was ganz anderes sagen. Telefoniert hast du?«
    »Ach ja! Habe ich. Aber das war eher eine Notlösung, um ehrlich zu sein. Du verstehst: Ich wollte dieser Wirtin entkommen. Irgendwie. Jeder Grund war mir recht. Ich habe sie deshalb um ein Telefonat gebeten. Von der kleinen Sprechzelle neben der Gaststube aus.«
    »Und?«
    »Friedhelm.«
    »Nein!«
    »Doch.«
    »Ich glaub’s nicht. Du hast tatsächlich deinen Bruder eingeweiht.«
    »Aber wirklich nur aus der Not heraus«, milderte Gabriele Sinas aufflammende Begeisterung ab. »Und ich habe ihm natürlich bloß den groben Rahmen der Geschichte geschildert. Keinerlei Details oder Hintergründe.«
    »Erzähl!«
    »Da gibt’s nicht viel zu erzählen«, nahm ihr Gabriele die Illusionen. »Er hat sich kaputt gelacht. Er hat seinen Auftrag in Bausch und Bogen abgelehnt.«
    Allmählich begann Sina zu begreifen, warum ihre Freundin während der Fahrt so still gewesen war. »Friedhelm macht also nicht mit.«
    »Ha! Das ist noch milde ausgedrückt. Er hat uns für verrückt erklärt. Er hat behauptet, dass die V2 an sich eine völlig überschätzte Angelegenheit ist. Friedhelm meint, das ganze Ding bestehe zu 99 Prozent aus Propaganda made by Goebbels. Und der Rest …«
    »Der Rest?«
    »Der Rest sei stümperhafte Technik, mit der man höchstens eine Silvesterrakete über den Balkon des Nachbarn schießen könnte.«
    »Und zu seiner eigentlichen Aufgabe, was hat er da gesagt?«
    »Du meinst die Nutzlast?«, fragte Gabriele nach.
    »Gut gelernt, Gabi. Nutzlast. Ja, genau so heißt es.«
    »Damit habe ich mir den nächsten Lacher eingehandelt. Davon hält Meister Friedhelm erst recht nichts. Bei dem Wort Sprengkopf hat er den Hörer weghalten müssen vor lauter Prusten. Er meint, wenn es denn überhaupt möglich sei, dass eine Nazirakete in New York einschlägt, dann würde sie weniger Aufsehen erregen als eine Frittenbude, die in Folge einer Propangasexplosion in die Luft geht. Denn das bisschen Sprengstoff, das die Nazis in eine V2 mit dieser Reichweite bekommen hätten, hätten sie effektiver und billiger mit einer Briefbombe nach New York befördern können. Kurz und gut: Er hält das Ganze für ausgemachten Unsinn.«
    »Will er sich denn wenigstens für uns umhören?«, fragte Sina niedergeschlagen.
    »Ja, aber was das bringen soll, ist die zweite Frage. Ich habe es jedenfalls schwer bereut, ihn da mit reingezogen zu haben.«

48
    Das Gebäude war imposant. Keine architektonische Schönheit, eher ein Schlichtbau, wahrscheinlich aus der ersten Hälfte der 60er-Jahre. Aber der zwölfstöckige Komplex strahlte etwas Erhabenes aus. Er zeugte von Größe und Macht. Das mochte an den großen Fensterpartien liegen, die durch baumstammdicke Betonpfeiler unterbrochen wurden. Mit Sicherheit aber auch an dem weit hervortretenden Portal, auf dessen Sims in klotzigen Buchstaben »Bax Chemiewerke« stand.
    Der Eingangsbereich, weitläufig wie das Foyer eines Luxushotels, war dezent eingerichtet. Eine Ledersitzgruppe. Ein paar sparsam platzierte Pflanzen. Und: hohe weiße Wände. Wände, die sofort Gabrieles Aufmerksamkeit auf sich zogen. Denn sie waren behangen mit Bildern.
    »Olala«, entfuhr es ihr, und sie trat

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