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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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näher. An zwei Säulen, die eines der großflächigen Gemälde flankierten, war zu lesen: »Kunst im Treppenhaus«.
    »Gabi. Vergiss nicht, warum wir hier sind«, ermahnte Sina sie eindringlich.
    Doch Gabriele war wie gefangen von den Werken, die sie bewunderte. »Bilder von Beatrice Pagez. Na, was für eine angenehme Überraschung«, murmelte Gabriele verzückt.
    »Meine Güte, Gabi, kannst du nicht einmal an Kunst vorbeigehen?«
    »Wieso?« Gabriele schritt zum nächsten Werk, beäugte es voller Interesse. »Die Künstlerin lebt zwar noch, fällt also nicht in mein Terrain. Aber man muss anerkennen: Ihre Werke sind bereits heute sehr wertvoll.«
    Sina schüttelte verständnislos den Kopf und wollte sie am Ärmel aus der Galerie fortziehen. »Sei nicht albern, Gabi. Diese Pinseleien sehen aus wie Kinderbilder.«
    »Das kann wieder mal nur von dir kommen«, entgegnete Gabriele hochnäsig.
    Sina stockte: »Moment – sagtest du wertvoll?«
    »Richtig. Picasso ist natürlich teurer, aber …«
    Sina starrte plötzlich wie gebannt auf die Bilderleiste. Vielleicht war Gabrieles Sucht nach Kunst diesmal gar nicht so hinderlich, wie es Sina sonst immer empfand. Sina sah auf die Leinwände, dann auf Gabriele. Sie fixierte die geschminkten Wimpern ihrer Freundin. Gabriele war verwirrt. Sie wich Sinas Blick verunsichert aus. »Hast du deine Wimperntusche dabei?«, wollte die Jüngere wissen.
    »Was?« Gabriele guckte, als wollte sie fragen: Hast du sie nicht mehr alle beisammen?
    Sina beharrte: »Rückst du nun die Wimperntusche raus oder nicht?«
    »Ja, schon. Aber wozu brauchst du die? Willst du Koenig etwa schöne Augen machen?«, fragte sie verwundert.
    Sina streckte ihr fordernd die Hand entgegen: »Gib her.« Sie blickte sich prüfend im Foyer um. Niemand war zu sehen.
    Gabriele kramte umständlich in ihrer Handtasche. Sie holte die grüne Mascara hervor, gab sie ihrer Freundin und beschloss, nicht weiter über Sinas plötzliche Schminkwut nachzudenken. Sie knüpfte wieder da an, wo Sina sie unterbrochen hatte: »Die Pagez hat einen recht naiven Stil. Damit hast du gar nicht mal so unrecht. Aber das ist ja ihre Aussage: Die ursprüngliche Bedeutung von Form und Farbe. Das Reduzieren eines Eindrucks auf seinen metaphysischen Inhalt …«
    Sina ging während Gabrieles Vortrag betont langsam hinter eine der beiden Säulen. Wenn es in dieser Halle irgendwo Kameras gab – war sie hier bestimmt nicht zu sehen. Sinas Puls erhöhte sich. Diesen feinen Unterschied zu Gabriele hatte sie sich bewahrt: Wann auch immer sie etwas Unrechtes, etwas nicht ganz Legales, vorhatte, dann plagten sie Gewissensbisse. Das äußerte sich in einer leicht geröteten Gesichtsfarbe und schnelleren Herzschlag. Wie auch jetzt. Sina schraubte das gläserne Röhrchen Wimperntusche auf.
    Alles geschah blitzschnell. Ehe Gabriele die geringste Chance hatte zu verstehen, tauchte Sina den biegsamen Pinsel in die Tusche. Sie zog den satt getränkten Pinsel heraus, spannte ihn zu einem Bogen und ließ ihn los. Der Kopf des Pinsels schnellte vor, ein kräftiger Schuss Mascara spritzte in Richtung Wand. Winzige, aber deutlich sichtbare Tropfen klebten auf den Gemälden.
    Gabriele erstarrte. Sie sah ihre Freundin an, als hätte diese eben jemanden vor ihren Augen erdolcht. »Was, um Himmels willen, ist in dich gefahren?«, herrschte sie sie an. Gabriele trat vor und beäugte erschreckt die Flecken auf einem der Pagez. »Wahnsinn! Spinnst du total?« Sie kramte ein Stofftaschentuch hervor, befeuchtete eine Ecke und wischte vorsichtig über die Leinwand. »Weißt du überhaupt, was diese Bilder kosten? Deine Haftpflicht wird sich freuen.«
    Sina blieb cool, lehnte sich locker an die Säule und kreuzte die Beine. »Eben. Du bringst die Sache auf den Punkt.« Und nach einer kurzen Pause ergänzte sie: »Denk nach!«
    Die beiden vernahmen gedämpfte Schritte. Ein penibel gekleideter Herr schritt eilig über den tiefblauen Teppichboden auf die Frauen zu.
    Gabrieles Gesichtsausdruck war eine einzige Frage. Sina reichte ihr die Tusche zurück, signalisierte ihr dabei, sie schnell wegzustecken. »Sei nicht so schwerfällig, Gabilein. Streng deine grauen Zellen an, dann kommst du drauf, was ich vorhabe.«
    Die Ältere beugte sich nochmals vor, musterte die Flecken angestrengt.
    Der Herr im Anzug kam näher. Er gestikulierte dezent, aber unverkennbar drohend mit den Händen.
    Gabriele strahlte Sina an: »Endlich fällt der Groschen! Schimmel. Es sieht aus wie

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