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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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makabere Art zu scherzen. « Seine Stimme verriet Unsicherheit. Koenig vermied es, sich den Frauen von vorn zu zeigen.
    Sina riss der Geduldsfaden. Sie hechtete zur Sitzgruppe, griff ihre Handtasche und schüttete den Inhalt auf einen niedrigen Glastisch, der zwischen den Sesseln drapiert war. »Koenig! Es geht um jede Minute! Wollen Sie Beweise?« Aus der Handtasche purzelte die alte Kladde mit den handschriftlichen Aufzeichnungen über die V2-Tests, dann folgten PC-Ausdrucke. Eine zusammengefaltete Grafik mit der Raketenflugbahn. Sina griff nach Kladde und Grafik und hielt sie dem perplexen Koenig direkt unter die Nase. »Schauen Sie hin, Koenig! Schauen Sie genau hin!« Koenig erblasste abermals. Doch Sina kannte keine Gnade: »Ist das vielleicht auch Blödsinn?«
    Gabriele stieß dazu. »Begreifen Sie endlich?«, fuhr sie den aschfahlen Koenig an. »Das ist kein schlechter Scherz. Ihre verdammte Bombe ist scharf!«
    Mit zitternden Händen nahm Koenig ihr die Kladde aus der Hand. Langsam und mit wackeligen Beinen trottete er zu seinem Sessel und ließ sich schwerfällig hineinsinken. Seine Stimme war leise und unsicher: »Das kann gar nicht wahr sein.«
    Sina explodierte innerlich. Sie schoss auf Koenig zu, rüttelte den alten Mann, indem sie ihn an den Schultern fasste: »Das ist wahr!« Sie schüttelte ihn energisch. »Wahr! Wahr! Wahr! Die volle Wahrheit! R e a l i t ä t! Ihre Mordrakete fliegt auf New York zu! Sie wird den Big Apple in 1.000 Fetzen zerreißen! Ihre Erfindung!«
    Gabriele schob die aufgebrachte Sina beiseite und platzierte sie auf einem Sessel links neben Koenig. Sie selbst nahm zu seiner Rechten Platz. »Nun mal ganz ruhig. Herr Koenig, wir wissen nicht, wer die alte Peenemünder Anlage wieder in Betrieb gesetzt hat«, legte Gabriele in einfühlsamem Tonfall dar. »Und wir wissen auch nicht, warum sie erneut aktiviert werden sollte«, setzte sie wahrheitsgemäß fort. »Fakt ist aber, dass durch ein Versehen die Aktivierungsphase eingeleitet worden ist.« Gabriele vermied es zu erwähnen, welche Rolle Sina und sie selbst bei diesem Versehen gespielt hatten.
    »Mein Gott, mein Gott, mein Gott«, unterbrach sie Koenig. Er schien völlig ratlos und stützte sein müdes Gesicht mit beiden Händen.
    »Wie auch immer«, nahm Gabriele den Faden wieder auf. »Wir wissen definitiv, dass sich Ihre Rakete auf dem direkten Flug ins Zentrum von New York befindet.«
    Koenig wirkte völlig verzweifelt. Die Stimme war nur noch ein unsicheres Wimmern: »Wie konnte das passieren?«
    Gabriele bemühte sich erneut um einen beruhigenden Tonfall. Doch ihre eigene Anspannung war ihr anzumerken, als sie sagte: »Das ist nicht mehr wichtig. Entscheidend ist, dass Sie uns schleunigst verraten, wie wir dieses Ding abschalten können.«
    »Reden Sie!«, half ihr Sina. Bohrend forderte sie: »Sagen Sie, ob wir ’ne Chance haben. Ist die Rakete zu stoppen, oder können wir Ihnen auf Ihrem Sollkonto ein paar Dutzend Menschenleben ankreiden?«, formulierte sie bitter.
    Koenig blickte auf und sah Sina fragend an. »Mit ein paar Dutzend Menschenleben werden wir kaum davonkommen. Ich fürchte, selbst 100 ist zu tief gegriffen.«
    »Was? Was sagen Sie da?« Sina konnte nicht folgen.
    Das letzte bisschen Farbe wich aus Koenigs Gesicht. Für einen Moment fürchtete Sina, dass der alte Mann vor ihren Augen zusammenbräche, womöglich einen Herzinfarkt hätte erleiden können. Sie verkniff es sich, ihn weiter zu drängen.
    Koenig atmete schwer. Abermals musste er sich die Schweißperlen von der Stirn wischen. »Verfluchte Tat. Wo fange ich an?«, sagte er mehr zu sich selbst.
    »Am besten am Anfang. Aber machen Sie’s kurz«, bestimmte Sina und zwang sich dabei zu einem möglichst zahmen Tonfall.
    »Sie haben recht. Leider.« Koenig erhob sich mühsam, fiel aber in den Sessel zurück. Seine Kräfte reichten nicht mehr aus. Er versuchte es ein zweites Mal. Diesmal stützte ihn Gabriele ab. Mit unsicheren Schritten ging Koenig wieder auf die Fensterfront zu. »Wir haben sie tatsächlich konstruiert. Gebaut unter enormem Zeitdruck. Hitler wollte seine Vergeltungswaffe in Rekordtempo startbereit haben. Wir waren in einer ausweglosen Situation.« Seine Stimme wurde kraftvoller. So, als wäre er zurück in die Rolle des jungen Wissenschaftlers geschlüpft, der vor 50 Jahren an der Entwicklung der Rakete beteiligt war. »Die ersten Vergeltungswaffen, V1 und V2, waren ein Flop.«
    Sina glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Ein Flop?

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